Kara-MursaNATALIA KOLESNIKOVA / AFP

Putin-Gegner Kara-Mursa zu 25 Jahren Haft verurteilt

Der prominente russische Kremlgegner Wladimir Kara-Mursa ist in Moskau wegen Hochverrats zu 25 Jahren Haft im Straflager verurteilt worden.

Das Stadtgericht verhängte das umstrittene Urteil am Montag gegen den Oppositionellen. Es ist die höchste Strafe, die bisher gegen einen Oppositionellen in Russland verhängt wurde. Der 41-Jährige, der zwei Giftanschläge überlebt hat, gilt als einer der schärfsten Kritiker von Präsident Wladimir Putin.

Kara-Mursa war im April 2022 verhaftet worden, nachdem er den russischen Einmarsch in der Ukraine kritisiert hatte. Er soll in einer Rede vor US-Abgeordneten aus dem Bundesstaat Arizona falsche Informationen über die russische Armee verbreitet haben. Im August 2022 wurde er beschuldigt, mit einer "unerwünschten Organisation" in Verbindung zu stehen - zuvor hatte er an einer Konferenz zur Unterstützung politischer Gefangener teilgenommen. Im Oktober wurde er dann wegen Kreml-kritischer Äußerungen bei drei öffentlichen Veranstaltungen im Ausland wegen Hochverrats angeklagt, wie die staatliche Nachrichtenagentur TASS berichtete. In einem wenige Stunden vor seiner Festnahme auf dem US-Nachrichtensender CNN ausgestrahlten Interview hatte er gesagt, Russland werde von "einem Regime von Mördern" regiert.

Urteil mit Lächeln aufgenommen

Der ehemalige Journalist mit russischem und britischem Pass erschien am Montag in Handschellen in einem abgetrennten Glasraum vor Gericht. Er nahm das Urteil mit einem Lächeln auf und forderte seine Unterstützer durch Gesten auf, ihm ins Gefängnis zu schreiben. "Russland wird frei sein", sagte Kara-Mursa nach dem Urteil und zitierte damit einen bekannten Leitspruch der russischen Opposition. Wie die Anwältin Maria Eismont erklärte, will der Verurteilte Berufung einlegen. Er habe während des Prozesses "grobe Verfahrensverstöße" beanstandet, sagte sie. Außerdem ist der Politiker laut Eismont gesundheitlich schwer angeschlagen. Sie sagte zuletzt, dass ihr Mandant in Untersuchungshaft 17 Kilogramm an Gewicht verloren habe.

Im Ausland wurde das Urteil mit Empörung aufgenommen. Der UNO-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, forderte die "unverzügliche" Freilassung Kara-Mursas: "Niemand sollte seiner Freiheit beraubt werden, weil er seine Menschenrechte ausübt, und ich fordere die russischen Behörden auf, ihn unverzüglich freizulassen", erklärte der Österreicher. Großbritannien bestellte den russischen Botschafter ein und bezeichnete das Urteil als "politisch motiviert". Auch die deutsche Regierung verurteilte das Urteil "auf das Schärfste".

Vergleich mit Stalins Schauprozessen

In seiner letzten Rede in dem Gerichtsverfahren verglich Kara-Mursa seinen Prozess mit einem von Josef Stalins Schauprozessen in den 1930er-Jahren. Er lehnte es ab, das Gericht um einen Freispruch zu bitten. Er stehe zu allem, was er gesagt habe, und sei stolz darauf. "Verbrecher sollten für ihre Taten büßen. Ich hingegen sitze wegen meiner politischen Ansichten im Gefängnis. Ich weiß auch, dass der Tag kommen wird, an dem sich die Dunkelheit über unserem Land verziehen wird", sagte er.

Zweimal hat der prominente Putin-Gegner rätselhafte Vergiftungen nur knapp überlebt. 2015 und 2017 war er mit Vergiftungssymptomen zusammengebrochen. Seither leidet er nach Angaben seines Anwalts an einer Nervenkrankheit. Kara-Mursa und seine Unterstützer erklären, er sei Opfer von Anschlägen geworden. Die russischen Behörden streiten jede Beteiligung an den mutmaßlichen Attentaten ab. Recherchen der Investigativgruppe Bellingcat zufolge wurde Kara-Mursa von denselben Agenten des Inlandsgeheimdienstes FSB verfolgt, die auch in den Giftanschlag auf den Oppositionellen Alexej Nawalny verwickelt gewesen sein sollen.

Familie in den USA

Der Politiker Kara-Mursa war im vergangenen Jahr mit dem prestigeträchtigen Václav-Havel-Preis des Europarats ausgezeichnet worden. Es erfordere unglaublichen Mut, sich im heutigen Russland gegen die Obrigkeit zu stellen, hatte der Präsident der Parlamentarischen Versammlung, Tiny Kox, im Oktober gesagt. Kara-Mursas Frau Jewgenija nahm den Menschenrechtspreis entgegen. Sie las ein Statement von ihm vor, wonach er den Gewinn all denjenigen widme, die sich in Russland gegen den Ukraine-Krieg auflehnten. Seine drei Kinder und seine Frau leben seit Jahren in den USA.

Der bekannte Aktivist war ein Vertrauter des im Jahr 2015 erschossenen Oppositionsführers Boris Nemzow. Fast alle der bekanntesten politischen Gegner Putins sind entweder aus dem Land geflohen oder sitzen im Gefängnis.

ribbon Zusammenfassung
  • Ein Gericht in Moskau hat den Oppositionellen Wladimir Kara-Mursa zu 25 Jahren Haft verurteilt.
  • Kara-Mursa sei des Hochverrats und weiterer Vergehen schuldig, urteilte das Gericht am Montag. Das Gericht folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die 25 Jahre Haft gefordert hatte. 
  • Der 41-jährige ehemalige Journalist mit russischem und britischem Pass ist einer der schärfsten Kritiker des Kreml.