Krawalle in Frankreich: Nahel M. beigesetzt
Der Jugendliche, dessen Familie aus Algerien stammt, war am Dienstag bei einer Verkehrskontrolle in der Pariser Vorstadt Nanterre von einem Polizisten erschossen worden. Die Anwälte der Familie appellierten im Vorfeld an die Medien, den Trauerfeierlichkeiten fernzubleiben.
Rassismus und Polizeigewalt
Viele Menschen aus armen Stadtvierteln, in denen Bevölkerungsgruppen unterschiedlicher ethnischer Herkunft leben, fühlen sich benachteiligt und von der Regierung vernachlässigt. Seit langem häufen sich zudem Beschwerden über Polizeigewalt und Rassismus.
Die Krawalle, bei denen allein in der Nacht zum Samstag mehr als 1.300 Menschen festgenommen wurden, erinnern an die Straßenschlachten im Jahr 2005, die damals drei Wochen lang dauerten. Damals hatten sich in Paris zwei Jugendliche auf der Flucht vor der Polizei in einem Transformatorenhäuschen versteckt und kamen durch einen Stromschlag ums Leben. Präsident Jacques Chirac sah sich seinerzeit gezwungen, den Ausnahmezustand zu verhängen.
Polizist in Untersuchungshaft
Videoaufnahmen von der Tötung von Nahel M. wurden in den sozialen Medien verbreitet. Der Polizist hat eingeräumt, den Schuss auf den Jugendlichen abgegeben zu haben, als dieser mit seinem Wagen trotz der Kontrolle weiterfuhr.
Sein Anwalt Laurent-Franck Lienard sagte, sein Mandant habe auf das Bein des Fahrers gezielt, sei aber beim Anfahren des Autos angefahren worden, wodurch er in Richtung Brust geschossen habe. "Offensichtlich wollte er den Fahrer nicht töten", sagte Lienard im Fernsehsender BFM. Der Polizist ist in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts auf Totschlag.
Schwerste Krise seit Gelbwesten-Protesten
Österreich, Deutschland, Großbritannien und die USA hatten wegen der Unruhen ihre Bürger mit Reiseplänen in Frankreich bereits am Freitag zur Vorsicht aufgerufen und ihre Sicherheitshinweise aktualisiert. Der Vorsitzende des Verbandes des Hotel- und Gaststättengewerbes, Thierry Marx, berichtete von zahlreichen Reservierungsabsagen.
Der Gewaltausbruch hat Macron und seine Regierung in die schwerste Krise seit Beginn der Gelbwesten-Proteste im Jahr 2018 gestürzt. Seinen geplanten Staatsbesuch in Deutschland sagte Macron am Samstag ab. Die Verhängung des Notstandes hat Macron bisher nicht angeordnet - ausgeschlossen ist das Gérald Darmanin, dem französischen Innenminister, zufolge allerdings nicht. "Wir schließen keine Hypothese aus, und wir werden nach heute Abend sehen, wie sich der Präsident der Republik entscheidet", sagte er dem Sender TF1 am Freitagabend.
Zusammenfassung
- Der Tod eines 17-Jährigen durch die Waffe eines Polizisten hat in Frankreich eine Welle der Wut und Gewalt ausgelöst. Nahel M. wurde am Samstag im engsten Familienkreis in Nanterre bestattet.
- Der Jugendliche, dessen Familie aus Algerien stammt, war am Dienstag bei einer Verkehrskontrolle in der Pariser Vorstadt Nanterre von einem Polizisten erschossen worden.
- Viele Menschen aus armen Stadtvierteln, in denen Bevölkerungsgruppen unterschiedlicher ethnischer Herkunft leben, fühlen sich benachteiligt und von der Regierung vernachlässigt. Seit langem häufen sich zudem Beschwerden über Polizeigewalt und Rassismus.
- Der Polizist ist in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts auf Totschlag.
- Der Gewaltausbruch hat Macron und seine Regierung in die schwerste Krise seit Beginn der Gelbwesten-Proteste im Jahr 2018 gestürzt.