"Kein Rosenkrieg": Doskozils Brief im Wortlaut
Das Duell steht. Hans Peter Doskozil hat am Dienstag die Herausforderung der amtierenden SPÖ-Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner angenommen. Er stellt sich einer Kampfabstimmung.
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Der ganze Brief im Wortlaut:
Werte Mitglieder des Bundesparteivorstandes! Werte Mitglieder des Bundesparteipräsidiums! Liebe Genossinnen und Genossen!
Die SPÖ steckt derzeit unbestritten in einer Krise. Ja, es gibt tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten über die thematische Ausrichtung unserer Partei. Ja, diese Uneinigkeit wird auch mit Personen verbunden. Aber nein, es ist kein Rosenkrieg. lm Kern geht es ausschließlich um die Frage, mit welchen konkreten Programmen und Maßnahmen wir als SPÖ auf die konkreten Sorgen der Menschen in Österreich reagieren wollen. Und das in einer politischen Konstellation, wo auf der einen Seite eine überforderte Bundesregierung nur mehr mit sich selbst und ihren Skandalen beschäftigt ist - und auf der anderen Seite eine von der FPÖ geführte Regierung unter Herbert Kickl immer wahrscheinlicher wird, wenn wir keine glaubwürdige Alternative anbieten können.
Dass wir gemeinsam einer Neuauflage von Schwarz-Blau entschieden entgegentreten müssen, eint uns über alle inhaltlichen Differenzen hinweg. Dazu bedarf es aber einer innerparteilichen Geschlossenheit, die nur durch eine Klärung der wichtigsten inhaltlichen Fragen zu erreichen ist!
"Aufstieg, Leistung. Sicherheit." Auch heute noch aktuell
Was Bruno Kreisky für die Siebzigerjahre des letzten Jahrhunderts als Ziel formuliert hat, hat heute mehr Berechtigung denn je. Denn ich bin sicher: Es ist möglich, auch in Zeiten multipler Krisen einen Staat zu gestalten, in dem alle Menschen ein selbstbestimmtes Leben führen können und Zukunft nicht Angst bedeutet, sondern Sicherheit und Chancen.
lch weiß natürlich, dass nicht alles, was wir im Burgenland an sozialdemokratischer Politik umsetzen, 1:1 auf Österreich oder auf andere Bundesländer übertragbar ist. Aber wir fahren eine klare Politik, die sich an diesen Zielen orientiert - von der Einführung des Mindestlohns von 1.700 Euro netto (heute 2.000) gemeinsam mit den Gewerkschaften über den Gratiskindergarten bis hin zu einem Mietpreis- und Wärmepreisdeckel, der die Krisenkosten bis in den Mittelstand hinein abfedert.
Wir stehen für eine Politik, bei der auch Althergebrachtes hinterfragt wird, um Fortschritte für die breite Mehrheit der Menschen zu erreichen - von der Neuorganisation der Pflege über den Kampf gegen die Zwei-Klassen-Medizin bis hin zu einem neuen Verständnis von sozialem Wohnbau.
Und natürlich geht es mir auch darum, für die großen gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Umbrüche die passenden Antworten parat zu haben. Das gilt für ein Steuersystem, das Arbeit honoriert, das gilt für den raschen Ausbau der Sonnen- und Windkraft, um preis- und energieunabhängig zu werden, das schließt selbstverständlich auch eine klare und rechtsstaatliche Haltung zu den Themen Asyl und Migration ein.
Es ist hoch an der Zeit, einen Schlussstrich zu ziehen und Klarheit zu schaffen.
Inhaltliche Debatten über derartige Ziele führen wir derzeit jedoch nicht. In der Öffentlichkeit geben wir als SPÖ ein desaströses Bild ab. Daran haben auch mein Team und ich unseren Anteil - wobei es uns nie darum gegangen ist, auf einer persönlichen Ebene zu agieren. Es ist jedenfalls hoch an der Zeit, hier einen Schlussstrich zu ziehen.
Ich habe mich daher nach Rücksprache mit meinen Freundinnen und Freunden der SPÖ Burgenland entschlossen, mich mit unserem Programm, unseren Inhalten und einem breiten Team, das ich noch vorstellen werde, für den Parteivorsitz der SPÖ zu bewerben. Dazu werde ich dem SPÖ-Bundesparteipräsidium einen bereits von mehreren SPÖ-Organisationen geforderten Mitgliederentscheid nach §24 des Organisationsstatuts vorschlagen.
Es geht jetzt um eine breite Unterstützung aller aktiven Parteimitglieder für ein konkretes Programm der Sozialdemokratie für die nächsten herausfordernden Jahre. Entscheidende Jahre, in denen wir nur gemeinsam unserem Ziel einer solidarischen Gesellschaft näherkommen werden. Ein Ende aller inhaltlichen Konflikte und eine damit verbundene Neuaufstellung sind dann sichergestellt, wenn wir alle Mitglieder unserer Partei entscheiden lassen.
Mit einer "Urabstimmung" ist zudem die nötige Klarheit gegeben, damit unsere Genossinnen und Genossen in Salzburg ungestört die Wahlen am 23. April schlagen können. Für eine Wahl auf einem überhastet organisierten Sonderparteitag, der nicht im Sinne unserer Salzburger Freundinnen und Freunde ist, stehe ich nicht zur Verfügung.
Wir alle brennen für die Sozialdemokratie - wir alle sind getrieben von dem Ziel, einen neuen sozialdemokratischen Aufbruch einzuleiten. Daher ist für mich entscheidend: Für eine geeinte Partei, einen klaren inhaltlichen Kurs und die Aussicht, wieder Wahlen zu gewinnen, braucht es die Mitsprache unserer Basis. Und selbstverständlich muss dieses Votum dann von allen Seiten akzeptiert werden.
Glück Auf & Freundschaft,
Euer Hans Peter Doskozil
Zusammenfassung
- In einem Brief an den SPÖ-Parteivorstand hat sich der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil um den Bundesparteisitz beworben.
- Er wolle sich einer Abstimmung stellen, allerdings nicht bei einem Parteitag, sondern in einer Urabstimmung.
- Der ganze Brief im Wortlaut.