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Israel fordert Zehntausende im Libanon zur Evakuierung auf

Das israelische Militär hat am Mittwoch angesichts bevorstehender Angriffe einen Evakuierungsaufruf für die Stadt Baalbek sowie umliegende Orte im Osten des Libanons herausgegeben. Die Bewohner seien aufgefordert, sich in Sicherheit zu bringen, teilte ein Militärsprecher via X (früher Twitter) mit. Unterdessen rückten israelische Bodentruppen auch im Süden des Libanon vor.

Die Bewohner von Baalbek sollten ihre Häuser sofort räumen, bevor die Armee mit Gewalt gegen Stellungen der proiranischen Hisbollah-Miliz vorgehen werde, so das israelische Militär. Auf einer Karte wurden große Teile Baalbeks sowie die angrenzenden Orte Duris und Ain Bordai markiert. In Baalbek leben rund 80.000 Menschen. Zudem haben viele Binnenflüchtlinge aus dem Südlibanon in Baalbek und der umliegenden Region Zuflucht vor israelischen Angriffen gesucht. Die Gegend gilt als Hochburg der schiitischen Hisbollah-Miliz. Römische Tempelanlagen in Baalbek zählen zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Viele Bewohner verließen in Panik die betroffenen Gebiete, wie Augenzeugen der Nachrichtenagentur dpa berichteten. Per Lautsprecher aus Moscheen wurden die Menschen demnach in Befürchtung bevorstehender Angriffe auch von libanesischer Seite zur Evakuierung aufgerufen. Es war die erste Aufforderung dieser Art in dem Gebiet seit Beginn des aktuellen Kriegs zwischen der Hisbollah und dem israelischen Militär im Libanon. Israelische Medien sprachen von einer "außergewöhnlichen" Evakuierungsaufforderung.

Israelische Bodentruppen rückten indes auch weiter im Süden des Libanons vor. Die staatliche Nachrichtenagentur NNA meldete, israelische Streitkräfte versuchten, in den Ort Khiam (Chijam) einzudringen. Das israelische Militär greife in Khiam auch aus der Luft an. Truppen versuchten "unter schwerem Feuerschutz von Kampfflugzeugen, Drohnen und Artillerie" in die Stadt einzudringen, meldete NNA. Die proiranische Hisbollah reklamierte mehrere Raketenangriffe auf israelische Soldaten in Khiam für sich.

Unterdessen gibt es offenbar vorsichtigen Optimismus bei den Bemühungen um eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz. Am Donnerstag wird ein US-Gesandter in Israel erwartet. Vermittler Amos Hochstein werde bei Gesprächen mit israelischen Spitzenpolitikern versuchen, eine Vereinbarung über ein Ende des Krieges im Libanon zu erzielen, berichteten israelische Medien. Auch der Nahost-Koordinator des Weißen Hauses, Brett McGurk, solle an den Gesprächen beteiligt sein. Der Armeesender berichtete, nach Einschätzung israelischer Militärs könne eine Vereinbarung grundsätzlich "innerhalb von Tagen" abgeschlossen werden. Vorherige Bemühungen waren allerdings gescheitert.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hatte am Dienstagabend nach Medienberichten dringende Beratungen über mögliche Auswege aus dem Krieg geführt. Israel fordert demnach einen Abzug der Hisbollah in das Gebiet nördlich des Litani-Flusses, wie es eine UN-Resolution vorsieht. Außerdem solle eine große Anzahl libanesischer Soldaten entlang der israelischen Grenze stationiert werden. Zudem fordere Israel einen "internationalen Überwachungs- und Durchsetzungsmechanismus" mit Blick auf die Hisbollah-Präsenz.

Zwei Forderungen, die auf der anderen Seite für Unmut sorgen dürften, beziehen sich auf Handlungsfreiheit für Israel mit Blick auf künftige Bedrohungen im Libanon sowie Maßnahmen, die eine Wiederaufrüstung der Hisbollah verhindern solle.

ribbon Zusammenfassung
  • Das israelische Militär hat eine Evakuierungsaufforderung für die Stadt Baalbek und umliegende Orte im Libanon herausgegeben, die rund 80.000 Einwohner betrifft. Diese Maßnahme erfolgt angesichts geplanter Angriffe gegen die Hisbollah-Miliz.
  • Israelische Bodentruppen sind im Süden des Libanon aktiv, insbesondere im Ort Khiam, wo sie unter schwerem Feuerschutz versuchen vorzurücken. Die Hisbollah reklamiert Raketenangriffe auf israelische Soldaten in diesem Gebiet.
  • Es gibt vorsichtigen Optimismus bezüglich einer möglichen Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah, da ein US-Gesandter in Israel erwartet wird, um Gespräche mit Spitzenpolitikern zu führen.