Innsbrucker Koalitionsgespräche mit Anzengruber/Grüne/SPÖ
Er habe nun ausgelotet, "bei welchen Themen es mit welchen Fraktionen Übereinstimmungen gibt". Nun würden jene im Stadtsenat vertretenen Parteien miteinander verhandeln, die "entweder mit den meisten Stimmen oder mit mehr Vertrauen als bisher ausgestattet wurden", begründete er seine Entscheidung.
Ob künftig alle im Stadtsenat vertretenen Parteien - also auch die FPÖ und die Liste um Ex-ÖVP-Staatssekretär Florian Tursky (das Neue Innsbruck) - eine Ressortverantwortung erhalten werden, war indes noch unklar. Der ehemalige ÖVP-Vizebürgermeister Anzengruber betonte, dass er in der vergangenen Woche mit "allen Parteien Gespräche über die Zukunft der Stadt geführt" habe. Diese seien "von viel Respekt und Wertschätzung geprägt" gewesen.
Die Verhandlungen über "Themen und Projekte für das Arbeitsübereinkommen starten mit Montag", gab Anzengruber einen Ausblick. Er ging zudem davon aus, "dass aufgrund der konstruktiven Gespräche mit allen Fraktionen bei vielen Projekten eine breite Mehrheit über die Koalition hinaus möglich erscheint." Der in der Stichwahl unterlegene Noch-Bürgermeister Georg Willi (Grüne) und SPÖ-Stadträtin Elisabeth Mayr meinten unisono mit Anzengruber, nun "die drängenden Themen, die Sache und eine wertschätzende Zusammenarbeit in den Mittelpunkt stellen" zu wollen.
Eine künftige Zusammenarbeit der drei Parteien hatte sich zuletzt bereits als wahrscheinlichste Variante herauskristallisiert. Sie kommen im Gemeinderat gemeinsam auf eine Mehrheit von 22 Mandaten - bei insgesamt 40. Auch im Stadtsenat, der aktuell aus sieben Personen besteht, stellen JA, Grüne und SPÖ mit fünf Stadträten die meisten Mitglieder. Die beiden übrigen Sitze stünden voraussichtlich der FPÖ sowie der Tursky-Liste zu. Auch Willi hatte in der Zeit zwischen den beiden Wahlgängen eifrig die Werbetrommel für die Dreier-Variante gerührt und diese auch noch "Caprese-Koalition" getauft, benannt nach einem italienischen Vorspeisensalat. Anzengruber wollte sich dagegen nicht für oder gegen eine Koalition aussprechen sondern hatte stets betont, zuerst mit allen Parteien reden bzw. sondieren zu wollen.
Neben der nun zu verhandelnden Dreier-Konstellation wäre indes auch eine Vierer-Variante - die politisch Mitte-Rechts angesiedelt ist - möglich. Die Anzengruber-Gruppe würde mit FPÖ, das Neue Innsbruck sowie der Liste Fritz eine Mehrheit von 21 Mandaten erreichen. Allerdings winkte Liste Fritz-Parteiobfrau LAbg. Andrea Haselwanter-Schneider bereits ab und meinte, kein "Steigbügelhalter" für die ÖVP sein zu wollen.
Tursky nahm in einer ersten Reaktion die Entscheidung Anzengrubers "zur Kenntnis", man werde sich nun auf eine "konstruktive Oppositionsarbeit vorbereiten". Aus seiner Sicht war die sich bereits abgezeichnete Koalition bereits "paktiert". Tursky wünschte "den neuen Koalitionspartnern gutes Gelingen und das richtige Gespür bei den bevorstehenden Herausforderungen für unsere Stadt." Die Gruppierung werde weiter für ihre Themen - wie etwa die Entwicklung der Rossau, Innsbuck an den Inn zu bringen oder der Neugestaltung des Congresszentrums - arbeiten, hieß es in einer Aussendung.
Die Zeit für die Bildung einer Koalition drängt indes ein bisschen. Denn am 16. Mai soll schon die konstituierende Sitzung des neuen Gemeinderates mit der Angelobung des 44-jährigen Anzengruber als Bürgermeister über die Bühne gehen. Bis dahin muss die neue Koalition stehen, denn schließlich gilt es im Stadtparlament auch die Vizebürgermeister zu wählen. Und dafür braucht es auch die entsprechende (Koalitions)-Mehrheit.
Der von seiner Partei ausgeschlossene Anzengruber hatte sich in der Stichwahl gegen Amtsinhaber Willi klar mit 59,59 Prozent der Stimmen durchgesetzt. Willi kam auf 40,41 Prozent und muss damit nach nur einer Amtsperiode seinen Sessel räumen.
Bei der Gemeinderatswahl am 14. April waren die Grünen mit 18,87 Prozent und acht Mandaten auf Platz eins gelegen, obwohl sie mehr als fünf Prozentpunkte gegenüber der letzten Wahl einbüßten. Anzengruber rangierte bei seinem ersten Antreten mit seiner Liste auf Platz zwei: 16,83 Prozent und ebenfalls acht Mandate waren das Ergebnis. Dahinter landete die FPÖ mit 15,21 Prozent und sieben Mandaten (2018: 18,56 Prozent und acht Mandate). Auf Platz vier kam die SPÖ mit 13,58 Prozent und sechs Mandaten - was ein schönes Plus bedeutete, denn bei der letzten Wahl war man auf 10,32 Prozent und vier Mandate gekommen.
Enttäuschend das Abschneiden von Turskys "das Neue Innsbruck": Es reichte lediglich für 10,15 Prozent und vier Mandate. Im Stadtparlament landete die Liste Fritz mit 5,5 Prozent und zwei Mandaten (2018: 3,23 Prozent und ein Mandat). Einen gewissen Mitte-Links-Rutsch verdeutlichten nicht nur die - mit Abstrichen - Erfolge von Grünen und SPÖ, sondern auch das Abschneiden von linken "Kleinparteien": Überraschend den Sprung in den Gemeinderat und über die Vier-Prozent-Hürde schafften die Kommunisten mit 6,72 Prozent und drei Mandaten. Knapp in den Gemeinderat gelangte erneut die Liste "ALI", eine Art frühere Grünen-Abspaltung, mit 4,83 Prozent und zwei Mandaten. Beim letzten Urnengang hatte es nur für ein Mandat gereicht.
Zusammenfassung
- Johannes Anzengruber, der neu gewählte Bürgermeister von Innsbruck, startet offizielle Koalitionsgespräche mit den Grünen und der SPÖ.
- Die Koalition, oft 'Caprese-Koalition' genannt, verfügt über eine Mehrheit von 22 der 40 Mandate im Gemeinderat.
- Anzengruber, der mit 59,59% der Stimmen gewählt wurde, strebt eine schnelle Einigung an, um bis zur konstituierenden Sitzung am 16. Mai eine Regierung zu bilden.
- Die Gespräche zwischen den Parteien, die bereits eine Zusammenarbeit während der Wahlkampfphase angedeutet hatten, sollen am Montag beginnen.
- Eine alternative Koalition mit der FPÖ und 'das Neue Innsbruck' scheiterte, da die Liste Fritz eine Unterstützung ablehnte.