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Historische Tory-Niederlage bringt Premier unter Druck

Die Konservative Partei von Premierminister Rishi Sunak ist bei Kommunalwahlen in England auf eine historische Niederlage zugesteuert. Bis zum Freitagabend verloren die Tories bereits mehr als 1000 Sitze in Gemeinderäten. Damit stand fest, dass die Oppositionspartei Labour erstmals seit 2002 die stärkste Kraft auf Lokalebene im Land ist. Sie legte um rund 500 Sitze zu. Die Briten hätten Sunak eine Absage erteilt, sagte ein Labour-Sprecher.

Manche zogen Vergleiche zu den Kommunalwahlen von 1996, die dem überwältigenden Sieg von Labour unter Ex-Premier Tony Blair bei der Parlamentswahl ein Jahr später vorausgingen. Die Abstimmung galt als erster Stimmungstest für Sunak - und auch diesmal folgt in gut einem Jahr eine Parlamentswahl. Von einem "Alptraum-Szenario" sprach die Sky-News-Korrespondentin Beth Rigby.

In mehreren Gemeinden wie Medway oder Stoke-on-Trent konnte Labour - teils zum ersten Mal seit Jahrzehnten - die Mehrheit zurückerlangen. Die führende Oppositionspartei konnte - wie die bei Kommunalwahlen traditionell starken Liberaldemokraten - im ganzen Land zulegen. Die Sozialdemokraten eroberten nicht nur mehrere alte Bastionen zurück, die als Brexit-Hochburgen gelten und zuletzt zu den Tories gewechselt waren. Auch manche Kommunen, die seit Jahrzehnten im Tory-Blau glänzten wie East Staffordshire in den Midlands strahlen nun im Labour-Rot. Parteichef Keir Starmer sieht seine Partei auf dem Weg zu einer klaren Mehrheit im Parlament.

Konservative Politiker hatten die Zahl von 1.000 verlorenen Sitzen bereits vor der Wahl ins Spiel gebracht - Medienbeobachtern zufolge in der Hoffnung, ein nicht ganz so schlechtes Ergebnis hinterher als Erfolg werten zu können. Doch nun könnte es tatsächlich so schlimm kommen. Ob die Ergebnisse auf eine eigene Mehrheit für Labour bei der nächsten Parlamentswahl hindeuteten, müsse sich aber erst noch zeigen, sagte Curtice.

Premierminister Sunak sagte in einer ersten Reaktion auf das Ergebnis, es sei "immer enttäuschend, hart arbeitende konservative Gemeinderäte zu verlieren", aber es sei noch zu früh, um Bilanz zu ziehen. Sunak sprach zugleich von guten Ergebnissen in einigen Bezirken. Doch Beobachter sahen das anders: "Die heutigen Lokalwahlen sind eine Katastrophe für die Konservativen", betonte etwa das Portal "Byline Times". Geradezu symbolisch spiegelte eine Szene mit Kabinettsmitglied Johnny Mercer die Stimmung wider: Während der Parlamentsabgeordnete für Plymouth live in der BBC von einer "furchtbaren Nacht" für seine Partei sprach, wurde im Hintergrund bekannt gegeben, dass in der südenglischen Hafenstadt künftig Labour das Sagen hat. Lauter Jubel ließ Mercer ohnmächtig schweigen.

Mit der herben Schlappe gerät Sunak unter Druck, der in seinen knapp 200 Tagen im Amt die Partei eigentlich wieder stabilisiert hatte. Nach den Skandalen seiner Vorgänger Boris Johnson und Liz Truss schaffte es Sunak, dass wieder über Themen und nicht nur über Typen - und deren Fehltritte - gesprochen wurde. Das Wahlergebnis könnte nun die gute Stimmung zunichtemachen.

Parteiinterne Kritiker werfen dem 42-Jährigen vor, ihm fehle die Wahlkampfstärke seines Vorvorgängers Johnson. Zwar tritt Sunak betont locker und smart auf. In Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern aber kommt der wohlhabende Ex-Investmentbanker bei weitem nicht so natürlich rüber wie der hemdsärmelige Populist Johnson.

Vorausgegangen war ein Streit um die von der konservativen Regierung erstmals eingeführte Ausweispflicht im Wahllokal. Kritiker sahen dahinter den Versuch, Menschen ohne Ausweisdokument vom Abgeben ihrer Stimme abzuhalten. In Großbritannien gibt es keine Ausweispflicht.

ribbon Zusammenfassung
  • Die Konservative Partei von Premierminister Rishi Sunak ist bei Kommunalwahlen in England auf eine historische Niederlage zugesteuert.
  • Bis zum Freitagabend verloren die Tories bereits mehr als 1000 Sitze in Gemeinderäten.
  • Parteichef Keir Starmer sieht seine Partei auf dem Weg zu einer klaren Mehrheit im Parlament.
  • Mit der herben Schlappe gerät Sunak unter Druck, der in seinen knapp 200 Tagen im Amt die Partei eigentlich wieder stabilisiert hatte.