Österreichischer Botschafter intervenierte für Glückspiel
Georg Woutsas ist noch der österreichische Botschafter in Skopje. Als dort das Casino "FlaminGO" von Novomatik 2019 eröffnet wurde, war er dabei. Weil die Regierung das Glücksspiel einschränken und den Spielerschutz erhöhen will, hat er auch persönlich interveniert. Seine Briefe, die "Ö1" und "zackzack" vorliegen, gingen an Ministerpräsident Dimitar Kovachevski und 21 Abgeordnete.
Botschafter fordert Ausnahme
"Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn die Regierung die geplanten Änderungen zurückziehen oder ausländische Investitionen ausnehmen würde. Danke für Ihr Verständnis. Ich verbleibe mit besten Grüßen – Georg Woutsas, Botschafter", schrieb er.
Nordmazedonien habe österreichische Investoren "ins Land gelockt", schreibt der Botschafter weiter. Casinos Austria und Novomatic hätten ihm versichert, für den "höchsten Standard an Spielerschutz, wie er in Österreich und der EU üblich ist", zu sorgen.
Ausnahme bei Kinderschutz für Österreich?
Zusätzlichen Schutz für Kinder und Jugendliche - rund um Schulen plant die Regierung eine Schutzzone von 500 Metern ohne Spielhallen und Wettbüros - hält der Botschafter nicht für notwendig. Er forderte eine "Ausnahme für diese Standorte, zumindest soweit sie mit ausländischem Kapital betrieben werden, jetzt und in Zukunft".
Schadenersatzforderungen
Der Botschafter warnte die Regierung in Nordmazedonien gleichzeitig vor einem "großen Schaden für den Wirtschaftsstandort Nordmazedonien" und "Schadensersatzforderungen in Höhe Hunderter Millionen Euro".
Botschafter: Nie wieder Job in der Wirtschaftsdiplomatie
Als "Ö1" bei Woutsas nachfrage, verwies der aufs Außenministerium. Rückendeckung bekommt er von dort keine. "Das Außenministerium distanziert sich vollinhaltlich von den unangemessenen Interventionsversuchen des österreichischen Botschafters in Skopje", heißt es von dort. Die Briefe "entsprechen keineswegs der üblichen Vorgehensweise", man bekenne sich zu einem starken Spielerschutz. Woutsas sei ermahnt worden, seine "routinemäßige Versetzung nach Wien steht kurz bevor" und werde künftig "keinerlei Berührungspunkte mehr mit Nordmazedonien oder Wirtschaftsdiplomatie haben".
Casinos Austria kontaktierte Botschafter
Für Casinos-Austria-Sprecher Patrick Minar ist es legitim "den diplomatischen Dienst dafür einzusetzen, um legitime Geschäftsinteressen von österreichischen Unternehmen im Ausland zu vertreten", wie er im "Ö1 Mittagsjournal" sagte. Man habe Kontakt mit Woutsas aufgenommen, weil das Gesetzesvorhaben das gesamte Geschäftsmodell gefährdet hätte. Novomatic sagt, man habe noch nie Einfluss auf den diplomatischen Dienst genommen.
Emil Brix, der Direktor der diplomatischen Akademie Wien, sagte im Ö1-Mittagsjournal, dass Lobbying "sicher nicht zu den Aufgabengebieten eines österreichischen Botschafters im Ausland" gehöre. Für den langjährigen Diplomaten ist es völlig unerklärlich ist, dass "hier über Umwege, über (...) die Annäherung von Nordmazedonien an die EU auch noch zumindest indirekt versucht wurde, Druck auszuüben".
Die Außenpolitik-Sprecherin der Grünen, Ewa Ernst-Dziedzic, bezeichnete den Vorfall in einer Aussendung als "Skandal der Sonderklasse". Sie wolle eine parlamentarische Anfrage an Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) stellen. Auch Stephanie Krisper von den NEOS forderte Aufklärung.
Schaden für Österreich
Woutsas Intervention "schadet Österreichs traditioneller Vermittlerrolle am Westbalkan und untergräbt das Vertrauen des Landes gegenüber unseren ehrlichen politischen Absichten", findet Andreas Schieder, EU-Delegationsleiter der SPÖ und Vorsitzender der Nordmazedonien-Delegation im Europäischen Parlament. "In dieser entscheidenden Phase des EU-Integrationsprozesses Nordmazedoniens wiegt der Vorfall doppelt schwer."
Zusammenfassung
- Nordmazedonien will Schutzzonen um Schulen, um Kinder vor Glücksspiel zu schützen.
- Daraufhin flatterten Politikern vom Ministerpräsident abwärts Briefe des österreichischen Botschafters ins Haus.
- Der will, dass ausländische Investitionen - wie die der Novomatic - ausgenommen werden.
- Wenn nicht, könne es zu Schadenersatzforderung von hunderten Millionen Euro kommen.