puls24 Logo

Fahndungsliste: Balten bestellen russische Diplomaten ein

Estland hat wegen der Aufnahme von Regierungschefin Kaja Kallas und Staatssekretär Taimar Peterkop auf eine russische Fahndungsliste den Geschäftsträger der russischen Botschaft in Tallinn vorgeladen. Bei dem Gespräch am Mittwoch sei Empörung über Russlands Schritt zum Ausdruck gebracht und eine schriftliche Erklärung verlangt worden, teilte das estnische Außenministerium mit. "Nicht zu ernst nehmen" will Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) die Causa.

Der russische Diplomat sei darüber informiert worden, dass Moskaus Vorgehen nicht die gewünschte Wirkung auf Estland Politik haben werde, hieß es weiter. Das Außenministerium habe dem Vertreter Russlands auch mitgeteilt, dass diese Schritte des russischen Staates Estland nicht davon abhalten würden, "das Richtige zu tun, und dass Estland seine entschlossene Unterstützung für die Ukraine nicht ändern wird".

Auch das benachbarte Lettland lud den russischen Geschäftsträger zum Gespräch ins Außenministerium. Dabei sei einer Mitteilung zufolge auf Schärfste protestiert und die russische Praxis verurteilt worden, seine nationale Gerichtsbarkeit über seine Landesgrenzen hinaus auf Lettland auszudehnen. Lettland teilte außerdem mit, man arbeite mit der EU zusammen, um die Angelegenheit zu klären, und versuche, jedes Risiko für seine Staatsangehörigen zu minimieren.

In Litauen forderte das Außenministerium einen Vertreter der russischen Botschaft zu einem "sofortigen Ende der politisch motivierten Verfolgung litauischer Bürger" auf. Das Vorgehen Russlands stehe im Widerspruch zu allgemein anerkannten Normen des Völkerrechts, zeuge von versuchter Geschichtsfälschung und missachte das historische Gedächtnis Litauens, hieß es in einer Mitteilung.

In einem Interview mit "Heute" sagte Schallenberg, es seien Maßnahmen des russischen Präsidenten Wladimir Putin, "die eine gewisse Verzweiflung zeigen", so der Außenminister, "genauso wie die Liste der unfreundlichen Staaten". Schallenberg: "Ich finde es bemerkenswert, wie gelassen Kallas reagiert hat. Ihr wurde vorgeworfen, dass sie Geschichtskittung macht, dass sie sowjetische Denkmäler beseitigen lässt. Ich denke, das zeigt viel über die Haltung und die Gedankenwelt in Moskau. Man sollte das mit einem gewissen Achselzucken nicht zu ernst nehmen."

Die drei früheren Sowjetrepubliken gehören inzwischen der Europäischen Union und der NATO an. Sie zählen zu den entschiedensten Unterstützern der Ukraine und massivsten Kritikern der russischen Führung.

Russland hatte zuvor Kallas und andere hochrangige Politiker aus den baltischen Staaten - darunter mehr als 80 aus Lettland und auch Litauens Kulturminister Simonas Kairys - auf eine Fahndungsliste gesetzt. Die russischen Behörden werfen ihnen den Abriss sowjetischer Kriegsdenkmäler vor.

Kallas selbst hat unbeeindruckt auf ihre Aufnahme auf die Fahndungsliste reagiert und diese als "nicht überraschend" bezeichnet. "Dies ist ein weiterer Beweis dafür, dass ich das Richtige tue", schrieb sie im sozialen Netzwerk X (vormals Twitter). Kallas ist eine scharfe Kritikerin des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Diese Linie verteidigte sie auch während ihres Besuchs vergangene Woche in Wien, wo sie als Gast von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Opernball teilnahm.

ribbon Zusammenfassung
  • Estland bestellt wegen Aufnahme von Regierungschefin Kaja Kallas und Staatssekretär Taimar Peterkop auf russische Fahndungsliste den russischen Geschäftsträger ein.
  • Kallas reagiert unbeeindruckt auf die Listung und sieht darin eine Bestätigung ihrer Russlandpolitik, insbesondere ihrer Unterstützung für die Ukraine.
  • Auch Lettland protestiert scharf gegen Russlands Vorgehen, mehr als 80 lettische Politiker sind ebenfalls von der Fahndungsliste betroffen.