Nach Massakern
Syrien: Alawiten suchen Schutz auf russischer Militärbasis
"Tausende alawitische Zivilisten sind vor den Massakern in der Stadt Jableh und den umliegenden Dörfern geflohen und haben in und um den Militärstützpunkt Hmeimim Zuflucht gesucht", erklärte die in Großbritannien ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte.
Zudem gaben die Aktivisten die Tötung eines syrischen Ex-Diplomaten bekannt, der bereits 2013 unter Assad zur Opposition übergelaufen war. Nureddin al-Labbad sowie dessen Bruder seien erschossen worden.
Seit Donnerstag war es zu den bisher heftigsten Kämpfen zwischen Regierungstruppen und Anhängern des gestürzten Machthabers Bashar al-Assad im Westen des Landes gekommen. Nach Angaben der Beobachtungsstelle vom Mittwoch wurden seit Beginn der Gewalt am Donnerstag 1383 Zivilisten getötet, die meisten davon Alawiten.
Die Kämpfe ereigneten sich in Regionen, in der vorwiegend Angehörige der religiösen Minderheit der Alawiten leben, der auch Assad angehört, darunter Tartus, Latakia, Hama und Homs.
Die vor der Gewalt Geflüchteten kamen den Aktivisten zufolge ab Freitag auf dem russischen Luftwaffenstützpunkt an. Einige von ihnen lehnten es aus Angst vor weiterer Gewalt ab, nach Hause zurückzukehren. Andere Familien hätten sich in den Bergen versteckt.
Der Bürgermeister von Jableh, Amjad Sultan, sagte der Nachrichtenagentur AFP, er sei zu dem Stützpunkt gekommen, um die Menschen davon zu überzeugen, dass eine Rückkehr in ihre Häuser sicher sei. Die Sicherheitskräfte hätten begonnen, in der Stadt die Kontrolle zu übernehmen.
"Russland, Russland": Proteste vor Armeestützpunkt
Einige der Vertriebenen protestierten vor dem Armeestützpunkt. Sie forderten internationalen Schutz und riefen "Russland, Russland". Assad war nach seinem Sturz im Dezember durch die islamistische HTS-Miliz und verbündete Milizen nach Russland geflüchtet, das ihn jahrelang gestützt hatte.
Moskau hatte sich am Dienstag besorgt über die Vorgänge in Syrien geäußert. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte vor Journalisten, Moskau wolle Syrien "vereint, erfolgreich und freundlich sehen". Russland stehe mit anderen Ländern zur Situation in Syrien in Kontakt.
Am Montag erklärte die syrische Übergangsregierung den Militäreinsatz für beendet. Sie setzte eine Untersuchungskommission ein, welche die Gewalt im Westen des Landes untersuchen soll.
Video: Stabilität in Syrien in weiter Ferne?
Syrischer Ex-Diplomat erschossen
Am Mittwoch gab die Syrische Beobachtungsstelle auch die Tötung eines ehemaligen syrischen Diplomaten bekannt, der unter Assad zur Opposition übergelaufen war. Nureddin al-Labbad sowie dessen Bruder wurden demnach von Bewaffneten im Haus des Ex-Diplomaten erschossen.
Al-Labbad sei zwei Wochen zuvor aus Frankreich nach Syrien zurückgekehrt. In Frankreich habe er die Nationale Syrische Koalition vertreten - einen Zusammenschluss von Oppositionskräften, deren Ziel der Sturz Assads war. Al-Labbad hatte nach Angaben der Beobachtungsstelle 2013 seinen Posten im Außenministerium aufgegeben, um sich der Opposition anzuschließen. Die genaueren Umstände der Tötung des ehemaligen Diplomaten sowie mögliche Motive dafür waren zunächst nicht bekannt.
Ausgangssperre verhängt
Die Sicherheitskräfte verhängten nach dem Angriff in al-Sanamayn eine Ausgangssperre, wie ein AFP-Journalist berichtete. Die Ausgangssperre wurde in der Früh wieder aufgehoben.
Im Onlinedienst Telegram verbreitete Videos zeigen, wie bewaffnete Männer ein Gebäude stürmen, bei dem es sich angeblich um das Haus al-Labbads handelt. Die Aufnahmen konnten von AFP nicht unabhängig geprüft werden.
Die genaueren Umstände der Tötung des ehemaligen Diplomaten sowie mögliche Motive dafür waren zunächst nicht bekannt. In den vergangenen Monaten, insbesondere seit dem Sturz Assads im Dezember, war es immer wieder zu Gewalt zwischen ethnischen Gruppen oder Racheakten gekommen.
Zusammenfassung
- Tausende Alawiten fliehen vor Massakern in Jableh und suchen Schutz auf dem russischen Militärstützpunkt Hmeimim.
- Seit Beginn der Gewalt wurden 1383 Zivilisten getötet, hauptsächlich Alawiten, berichtet die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte.
- Ein ehemaliger syrischer Diplomat, Nureddin al-Labbad, der 2013 zur Opposition überlief, wurde erschossen.
- Die EU begrüßt die syrische Untersuchung der Gewalttaten und verurteilt die Angriffe auf Zivilisten.
- Die USA unterstützen die Einigung der syrischen Führung mit den kurdischen SDF zur Integration der Autonomieverwaltung.