Eskalation in Israel: Völkerrechtsexperte erklärt die Hintergründe
"Die Weltgemeinschaft bekommt jetzt zu sehen, dass der Konflikt nicht ganz verschwunden ist", sagt Völkerrechtsexperte Ralph Janik zu der heftigsten Eskalation im Nahost-Konflikt seit Jahren, bei der in den letzten Tagen bereits mehr als 1.000 Raketen von der radikalislamischen Hamas auf Israel abgefeuert wurden. Israel reagierte mit Luftangriffen auf den Gazastreifen. Die Zahl der Toten in dem Küstengebiet stieg nach palästinensischen Angaben auf mindestens 35, Israel meldete bisher fünf Tote.
Der ehemalige US-Präsident Donald Trump habe die Palästinenser eher vernachlässigt und in der Frage, wem Jerusalem gehöre, Fakten schaffen wollen. So hat Trump etwa die US-Botschaft nach Jerusalem verlegt und Jerusalem dadurch als eindeutige israelische Hauptstadt anerkannt. Aber auch die arabischen Staaten wie etwa Saudi-Arabien hätten im Schatten der Konflikte im Jemen und in Syrien die Palästinenser vernachlässigt. Dadurch sei der Konflikt in den Hintergrund gelangt - jetzt flammt er wieder auf.
Der Streit um Jerusalem
Warum das genau jetzt passiert, hat laut Janik mehrere Gründe - die Auseinandersetzungen am Tempelberg, der Ramadan, der Streit um Gebäude nach einem Höchstgerichtsurteil, israelische Feiertage, aber eben auch der alte, große Streit darum, wem Jerusalem gehört. "Es ist schwer festzumachen, warum genau jetzt", sagt Janik. Völkerrechtlich und historisch sei die Frage um Jerusalem jedenfalls schwer einzuordnen. Nach wie vor hat Ost-Jerusalem einen Sonderstatus, der aber "nicht wirklich" gelebt werde, meint Janik.
Die USA würden sagen, dass Jerusalem die Hauptstadt Israels sei, andere Länder sagen, dass darüber noch verhandelt werde. Israel selbst sage, dass die Verhandlungen nichts bringen würden. Und tatsächlich stecke man da seit Jahren fest, so auch Janik.
Wer hat "angefangen"? Wie geht es weiter?
Fakt sei laut Janik jedenfalls, dass Israel nun auf Raketenangriffe der Hamas reagiert habe. Wer aber im Großen und Ganzen angefangen habe, sei eine heikle Frage, meint Janik. Wie weit die Eskalation geht, werde man in den kommenden Tagen sehen.
Ob Israel Bodentruppen nach Gaza schickt, hänge von mehreren Faktoren ab: Zum einen könnte sich Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu innenpolitisch als Hardliner profilieren. Strategisch mache das Sinn, weil die Hamas viele Waffen verstecke und in der Bevölkerung verankert sei, erklärt Janik. Andererseits bringe eine Bodenoffensive auch auf israelischer Seite viele Opfer mit sich.
Zusammenfassung
- Der Konflikt in Nahen Osten zwischen Israelis und Palästinensern sei in letzter Zeit in den Hintergrund geraten, war aber eigentlich immer da, erklärt Völkerrechtsexperte Ralph Janik im PULS 24 Interview.