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Deutschland und Polen verstärken Verteidigungszusammenarbeit

Deutschland und Polen haben sich darauf verständigt, in der Verteidigungs- und Rüstungspolitik enger zusammenzuarbeiten. Russland sei derzeit die "unmittelbarste" und größte Bedrohung für den Frieden in Europa, heißt es in einem bei deutsch-polnischen Regierungskonsultationen in Warschau verabschiedeten Aktionsplan. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz ist dafür am Dienstag nach Warschau gereist. Polen erwägt demnach den Beitritt zur Luftverteidigungsinitiative Sky Shield.

Polen und Deutschland mögen zwar unterschiedliche Auffassungen über die Finanzierung von Verteidigungsprojekten haben, werden aber dennoch bei Projekten wie der European Sky Shield Initiative (ESSI) zusammenarbeiten, sagte der polnische Ministerpräsident Donald Tusk am Dienstag. ESSI war von Deutschland initiiert worden. Österreich nimmt an dem gemeinsamen europäischen Luftverteidigungssystem ebenfalls teil. Tusk betonte in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Scholz, angesichts der russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine zähle für ihn derzeit vor allem das deutsche Engagement für Sicherheit in Europa. "Für mich ist wichtig, dass Deutschland bereit ist zu einer sehr viel größeren Verantwortung für die Sicherheit des Kontinents, dafür, dass es bei uns in Europa keinen Krieg geben wird", sagte er.

"Die globalen Herausforderungen unserer Zeit können wir nur gemeinsam angehen, die Sicherheit Europas nur gemeinsam verteidigen", sagte Scholz am Dienstag zum Abschluss der deutsch-polnischen Regierungskonsultationen. Der 40-seitige Aktionsplan soll die bilaterale Zusammenarbeit zwischen Polen und Deutschland in den kommenden Jahren vertiefen und prägen. Die militärische Stärke des westlichen Verteidigungsbündnisses an der Ostflanke der NATO soll gestärkt werden. Sanktionen gegen Russland und Belarus sollen ausgebaut werden. Beide Länder erklärten außerdem, sie würden ihre Zusammenarbeit auf Regierungsebene vertiefen, um der Ukraine militärische Hilfe zu leisten, unter anderem bei der Reparatur und Wartung von Leopard-2-Panzern.

Deutschland plant nach Angaben von Scholz außerdem Hilfen für überlebende Opfer der deutschen Besatzung in Polen während des Zweiten Weltkriegs. "Deutschland weiß um die Schwere seiner Schuld, um seine Verantwortung für die Millionen Opfer der deutschen Besatzung und um den Auftrag der daraus erwächst", sagte der deutsche Kanzler. Deutschland stehe zu seiner historischen Verantwortung ohne Wenn und Aber. Scholz sagte nicht, wann und wie viel Entschädigung den etwa 40.000 noch lebenden Opfern der deutschen Besatzung Polens gezahlt werden sollen.

Tusk erklärte, das Geld werde schon bald fließen. "Dies ist keine Sache von Jahren, sondern von Monaten", sagt er. Tusk bezeichnete die Ankündigung des Bundeskanzlers als Schritt in die richtige Richtung. "Es gibt keinen Geldbetrag, der all das ausgleichen würde, was im Zweiten Weltkrieg passiert ist", sagte er. Im formalen und rechtlichen Sinne sei die Frage der Reparationen abgeschlossen, dies hätten in der Vergangenheit auch polnische Regierungen so gesehen. Trotzdem könne die von der deutschen Regierung versprochene Hilfe für die Opfer der Besatzung einer neuen Öffnung in den deutsch-polnischen Beziehungen dienen. "Denn gute Gesten sind in der Politik auch sehr wichtig", sagte Tusk.

In den vergangenen Jahren hatte die nationalkonservative PiS-Regierung, die Polen von 2015 bis 2023 führte, mit antideutschen Tönen und Reparationsforderungen in Höhe von 1,3 Billionen Euro das Verhältnis zerrüttet. Seit dem Regierungswechsel im Dezember ist der Ton freundlicher geworden.

Gemäß dem Aktionsplan bekennen sich Deutschland und Polen darüber hinaus dazu, die Arbeit der ostdeutschen Raffinerie PCK in Schwedt und damit auch die Kraftstoffversorgung für Polen gemeinsam zu sichern. Man werde die deutsch-polnische Zusammenarbeit von Unternehmen in den Bereichen Rohölinfrastruktur und Stabilität der Kraftstoffversorgung von Deutschland nach Polen fördern, heißt es im Aktionsplan. Falls es bei der Lieferung von Öl durch Russland zu Problemen komme, wollen sich Polen und Deutschland eng abstimmen, "um eine stabile Versorgung der Raffinerie PCK in Schwedt mit Öl und eine sichere Versorgung der Region aufrechtzuerhalten", betonen beide Regierungen.

ribbon Zusammenfassung
  • Deutschland und Polen haben sich auf eine engere Zusammenarbeit in der Verteidigungs- und Rüstungspolitik verständigt, da Russland als größte Bedrohung für den Frieden in Europa gilt.
  • Ein 40-seitiger Aktionsplan soll die bilaterale Zusammenarbeit vertiefen, einschließlich der Sicherung der Kraftstoffversorgung durch die Raffinerie PCK in Schwedt und der Unterstützung der Ukraine.
  • Deutschland plant Hilfen für die etwa 40.000 noch lebenden Opfer der deutschen Besatzung in Polen während des Zweiten Weltkriegs, was als Schritt zur Verbesserung der deutsch-polnischen Beziehungen gesehen wird.