Deutschland hält an Abschiebungen nach Afghanistan fest

Deutschland will straffällige Asylbewerber weiterhin nach Afghanistan abschieben. Ein am Dienstagabend aus Sicherheitsgründen abgesagter Flug werde "zeitnah" nachgeholt, sagte ein Sprecher des deutschen Innenministeriums am Donnerstag auf APA-Anfrage.

Der Sprecher des deutschen Innenministeriums, Steve Alter, bestätigte, dass bei dem ins Wasser gefallenen Flug ursprünglich auch eine Kooperation mit Österreich geplant gewesen sei. "Vorherige Überlegungen" eines gemeinsamen Flugs seien aber "zuletzt nicht weiterverfolgt" worden. "Der Flug war direkt von München nach Kabul geplant. Es war kein Zwischenstopp geplant", teilte Alter der APA mit. An Bord seien sechs "ausreisepflichtige" afghanische Männer mitsamt Begleitpersonal gewesen.

Warum sich das österreichische Innenministerium nicht an dem Flug beteiligte, war unklar. Die Beantwortung einer entsprechenden Anfrage der APA an das Ministerium war am Donnerstagvormittag noch ausständig. Spekuliert wurde auch über einen Zusammenhang mit einer einstweiligen Verfügung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) am Montag, nach der das Innenministerium eine Evaluierung von Abschiebungen in das Krisenland angekündigt hatte.

Die deutsche "Bild"-Zeitung berichtete, dass Österreich seine Beteiligung an dem Flug bereits am Dienstagvormittag - also mehrere Stunden vor dem geplanten Start - "gecancelt" habe. Die von Österreich Abzuschiebenden hätten in Wien zusteigen sollen. Dagegen berichtete die "Kronen Zeitung", dass sich an Bord der Maschine in München auch "zwei verurteilte Schwerverbrecher aus der Schubhaft in Wien" befunden hätten.

Der Abschiebecharter sei dann "spätabends kurz vor dem Start in München gestoppt" worden, weil die Behörden in Kabul eine Landeerlaubnis "aus durchsichtigen Corona-Gründen verweigert" hätten.

Deutsche Behörden entschieden selbst Absage

Das für die Durchführung des Fluges zuständige deutsche Innenministerium machte klar, dass sich die deutschen Behörden selbst zur Absage des Fluges entschieden hätten, und zwar wegen Informationen über mehrere Detonationen in Kabul vor dem Abflug.

"Es gehört zu den grundlegenden Voraussetzungen jeder Abschiebung, dass dabei keine Gefahren für die Abzuschiebenden, das Begleitpersonal und die Flugzeugbesatzung entstehen dürfen. Sicherheit geht vor, im Zweifel wird die Abschiebung neu terminiert", erläuterte Alter. "Der Flug wurde deshalb vorsorglich nicht durchgeführt, soll aber zeitnah nachgeholt werden."

Zu möglichen Verboten durch die afghanischen Behörden äußerte sich der Sprecher nicht. Vielmehr bezeichnete er es als "Gebot der guten Zusammenarbeit mit den afghanischen Behörden, dass in einer solchen Situation keine verschiebbaren Rückführungsmaßnahmen stattfinden".

Bedeckt äußerte sich der Sprecher auf die Frage, ob es Pläne für weitere Abschiebeflüge und auch Kooperationen mit anderen EU-Staaten wie Österreich gebe. "Ich bitte um Verständnis, dass wir zu etwaigen Planungen von Abschiebungen grundsätzlich keine öffentlichen Auskünfte erteilen", so Alter.

ribbon Zusammenfassung
  • Deutschland will straffällige Asylbewerber weiterhin nach Afghanistan abschieben. Ein am Dienstagabend aus Sicherheitsgründen abgesagter Flug werde "zeitnah" nachgeholt, sagte ein Sprecher des deutschen Innenministeriums am Donnerstag auf APA-Anfrage.
  • Er bestätigte, dass bei dem ins Wasser gefallenen Flug ursprünglich auch eine Kooperation mit Österreich geplant gewesen sei. "Vorherige Überlegungen" eines gemeinsamen Flugs seien aber "zuletzt nicht weiterverfolgt" worden.
  • "Der Flug war direkt von München nach Kabul geplant. Es war kein Zwischenstopp geplant", teilte Pressesprecher Steve Alter der APA mit.
  • An Bord seien sechs "ausreisepflichtige" afghanische Männer mitsamt Begleitpersonal gewesen.
  • Warum sich das österreichische Innenministerium nicht an dem Flug beteiligte, war unklar.
  • Spekuliert wurde auch über einen Zusammenhang mit einer einstweiligen Verfügung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) am Montag.