Bolivien startet Vorstoß für Kokablatt-Entkriminalisierung
Die bolivianischen Spitzenpolitiker hielten sich anlässlich der 66. Sitzung der UNO-Kommission zu narkotischen Drogen in Wien auf. Choquehuanca berichtete von "sehr vielen Forschungsarbeiten" von verschiedensten Wissenschaftern über die gesundheitlichen, ernährungsspezifischen und medizinischen Eigenschaften des Kokablattes. Der indigene Politiker, der vor sich auf dem Tisch ein großes Kokablatt aus Plastik stehen hatte, betonte zugleich, dass die Pflanze "Teil unserer Kultur" sei. "Wenn eine Großmutter ein Kokablatt sieht, nimmt sie den Hut ab. Sie nimmt das Kokablatt in die Hand und küsst es", schilderte er.
Konkret wünscht sich die linksgerichtete Regierung in La Paz, dass das Kokablatt von der Liste der psychotropen Substanzen in der UNO-Konvention gestrichen wird, "damit es verarbeitet werden kann". Del Castillo berichtete, dass die bolivianische Regierung bereits den Bau einer ersten Verarbeitungsfabrik für Koka erlaubt habe. Dort sollen "verschiedenste Produkte erzeugt" werden. Während der Innenminister deutlich machte, dass es noch ein "langer Weg" bis zur Entkriminalisierung des Kokablatts ist, sieht der Vizepräsident bereits Zeichen für ein Umdenken in der Weltgemeinschaft. Bei den Gesprächen am Rande der UNO-Tagung in Wien habe es keiner offene Ablehnung gegeben, sondern man habe "eine gewisse Öffnung zu spüren gekommen", was wohl auch an den aktuellen Krisen liege, hob Choquehuanca konkret das Potenzial des Kokablatts als Medizinpflanze hervor.
Die Legalisierung von Kokain habe man nicht zum Ziel, bestätigte der bolivianische Vizepräsident auf eine entsprechende Frage. Zugleich machte er klar, was er von der bisherigen Drogenpolitik hält. "Der Kampf gegen die Drogen ist gescheitert", sagte er. "Wir können doch nicht denselben Weg weitergehen, den Weg des Scheiterns", sagte Choquehuanca, ohne explizit eine Alternative anzubieten. Drogen seien eine "Gefahr", die die Menschheit nur gemeinsam angehen könne, "so wie den Klimawandel".
Choquehuanca kündigte bei der Pressekonferenz auch eine möglichst gewinnbringende Nutzung der großen Lithium-Vorkommen im Andenland an. Bolivien habe die größten Vorkommen dieses Rohstoffs und wolle diesbezüglich "von anderen Organisationen wie der OPEC lernen", deutete der Vizepräsident den Wunsch nach einer Bildung eines Produktionskartells nach Vorbild der Ölstaaten an. In Wien sei etwa auch "über die Möglichkeit gesprochen worden, eine strategische Allianz mit den Mitgliedsstaaten der OPEC zu schließen".
Zusammenfassung
- Ziel sei eine Streichung von der UNO-Liste der verbotenen Drogen, sagte Boliviens Vizepräsident David Choquehuanca am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Wien.
- Damit soll der "historische Fehler" beim Beschluss der UNO-Suchtgiftkonvention im Jahr 1961 getilgt werden.
- Choquehuanca kündigte bei der Pressekonferenz auch eine möglichst gewinnbringende Nutzung der großen Lithium-Vorkommen im Andenland an.