Bildungsdemos und Freizeitpädagogen-Streik am 15. Juni
"Es gibt zu viele Versäumnisse, Fehlentwicklungen, Missstände und Baustellen, als dass wir noch schweigen können", begründen die über 50 Organisationen und zivilgesellschaftlichen Initiativen auf der Homepage zum Aktionstag (https://aktion-bildung.at) ihren Aufruf. Die Arbeits- und Lernbedingungen würden in allen Bildungsbereichen schlechter, es gebe Ungerechtigkeiten beim Zugang zu guter Bildung, einen Ausschluss verschiedener Gruppen, überbordende Bürokratisierung und deutlich sichtbares Missmanagement im Personalbereich.
Bei ihren nachmittäglichen Aktionen im öffentlichen Raum wird neben klassischen Demos (etwa im Wiener Votivpark, am Innsbrucker Landhausplatz oder dem Mozartplatz in Salzburg) auch auf alternative Formate wie Bildungs-Picknicks gesetzt. Ziel sei es, Missstände in der aktuellen Bildungspolitik aufzuzeigen und "gemeinsam für ein gerechteres, inklusives Bildungssystem mit besseren Arbeitsbedingungen (zu) kämpfen". Weitere Aktionen sind bereits angekündigt.
Die konkreten Forderungen beim Aktionstag sind dabei ebenso vielfältig wie die Initiativen. Aber: "Parteipolitische Scharmützel schaden einer langfristig orientierten Bildungspolitik und sind folglich konsequent raus zuhalten", wird betont. Verlangt werden etwa eine Attraktivierung des Lehrerberufs und mehr Unterstützungspersonal an den Schulen (Lehrervertreter), ein Demonstrationsrecht ab 14 (SPÖ-nahe Aktion Kritischer Schüler_innen/AKS), mehr Sonderpädagogen und ein Rechtsanspruch auf den Besuch eines 11. und 12. Schuljahres für Kinder mit Behinderung (Lebenshilfe), Verbesserungen beim Lehramtsstudium (Österreichische Hochschüler_innenschaft/ÖH) oder eine Strategie zur Bekämpfung des Personalmangels an den Kindergärten (Educare).
Die Freizeitpädagoginnen und -pädagogen, die sich aktuell gegen eine geplante Reform ihres Berufsbildes wehren, haben für den 15. Juni darüber hinaus zum ganztägigen Streik aufgerufen. Bereits Ende Mai hatten sie in mehreren Bundesländern gegen ihre Umwandlung zu "Assistenzpädagogen" protestiert, in Wien waren rund 2.000 Personen dem Aufruf des Betriebsrats von "Bildung im Mittelpunkt" (BiM) gefolgt.
Wegen des Streiks fällt an diesem Tag in Wien für rund 35.000 Kinder an 142 von "BiM" betreuten öffentlichen Volksschulen der Freizeitteil aus. Vormittags ist eine Streikversammlung geplant, am Nachmittag dann eine Demo, die sich am späten Nachmittag mit jener vom "Aktionstag Bildung" vereint. Was in den anderen Bundesländern geplant ist, konnte man in der Gewerkschaft GPA auf APA-Anfrage noch nicht sagen.
In Wien ist der Streik am 15. Juni Teil einer Aktionswoche, in deren Rahmen es neben Info-Tischen auch - je nach Standort unterschiedlich - noch einen weiteren Teil- oder ganztägigen Streiktag geben kann, so Selma Schacht vom "BiM"-Betriebsrat zur APA. Die meisten würden an diesem zusätzlichen Streiktag nur früher schließen und etwa keinen Spätdienst anbieten. Es gebe aber schon einige Standorte, an denen ganztägig keine Freizeitbetreuung angeboten wird.
Bei "BiM" stört man sich vor allem daran, dass die Betroffenen nicht in die Reform eingebunden werden. Außerdem befürchtet "BiM" massive Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen und fehlende Rechtssicherheit, wenn die Freizeitpädagogen aus der Privatwirtschaft in den öffentlichen Dienst übernommen werden sollen.
Die Berufsgruppe der Freizeitpädagoginnen und -pädagogen wurde vor rund zehn Jahren geschaffen, um trotz Lehrermangels den Personalbedarf beim Ausbau der schulischen Tagesbetreuung decken zu können. Diese dürfen "nur" die Freizeitgestaltung übernehmen. In der individuellen Lernzeit, in der die Schüler unter fachlicher Hilfestellung ihre Hausaufgaben erledigen, dürfen nur Lehrer und Erzieher eingesetzt werden.
Das will die Regierung nun ändern. Es soll eine neue Personalkategorie "Assistenz- und Freizeitpädagog/innen" entstehen, die neben Betreuung und Freizeitgestaltung auch Lern- und digitale Unterstützung übernehmen können sollen. Derzeit dürfen Freizeitpädagogen streng genommen Kinder etwa nicht bei Lehrausgängen begleiten (weil ja Unterricht). Außerdem haben Direktoren gegenüber Freizeitpädagogen kein Weisungsrecht, weil diese einen anderen Dienstgeber haben. Lehrer sind beim Bund oder beim Land beschäftigt, Freizeitpädagogen bei den Gemeinden (bzw. von diesen dominierten Vereinen).
Die Reform sieht laut einem Entwurf vor, dass Mitglieder der neuen Personalkategorie (anders als Freizeitpädagogen) künftig Matura haben müssen, dafür wird die Ausbildung von zwei auf ein Semester verkürzt. Zwar werden bereits im Beruf befindliche Personen ohne Zusatzerfordernisse übernommen - allerdings befürchten die Betroffenen Gehaltseinbußen. Man sei gerade erst dabei, ein Konzept zu erarbeiten, war Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) zuletzt um Beruhigung versucht.
Zusammenfassung
- Österreichweit soll für "inklusive Bildung und für bessere Aufwachs-, Lern- und Arbeitsbedingungen im Bildungsbereich" demonstriert werden.