Bericht zu Ex-Kardinal McCarrick: "Bis 2017 fehlten Beweise"
Die Untersuchung zog sich über zwei Jahre hin. Dabei wurden relevante Unterlagen in den Archiven des Heiligen Stuhls, der Nuntiatur in Washington und der in verschiedener Weise beteiligten Diözesen in den Vereinigten Staaten geprüft. Die umfassende Untersuchung wurde um Informationen ergänzt, die in Gesprächen mit Zeugen und über die Fakten unterrichteten Personen gewonnen wurden, wie der Vatikan mitteilte.
Bis zum Jahre 2017 hatte der Vatikan keine detaillierte Anschuldigung zur Frage von Missbrauch oder Belästigung zu Schaden von Minderjährigen erhalten, hieß es in dem am Dienstag in Rom vorgelegten 400-seitigen Report. Johannes Paul II. habe die Vorwürfe gegen McCarrick den Untersuchungen nach nicht für begründet gehalten.
In einem persönlichen Brief an den päpstlichen Privatsekretär Stanislaus Dziwisz im August 2000 bestritt McCarrick alle Vorwürfe des sexuellen Fehlverhaltens. Johannes Paul II., der den Brief an Dziwisz las, habe McCarrick geglaubt. Papst Franziskus habe schnell reagiert, als er von Vorwürfen von 2017 erfahren habe, die ein minderjähriges Opfer betrafen. Sie hätten sich auf Vorfälle in den 70er Jahren bezogen.
"Wir veröffentlichen diesen Bericht mit großem Schmerz über die Wunden, die diese Geschichte den Opfern, ihren Angehörigen, der Kirche in den Vereinigten Staaten und der Universalkirche zugefügt hat", schrieb der vatikanische Staatssekretär, Kardinal Pietro Parolin, in einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung.
Parolin hob die Schritte hervor, die der Vatikan in den vergangenen Jahren zum Schutz von Minderjährigen ergriffen habe. Der Vatikan habe sich um ein "wirkungsvolleres Eingreifen" bemüht, damit sich "bestimmte Entscheidungen der Vergangenheit nicht wiederholen mögen". Er bezog sich dabei unter anderem auf das Treffen über den Schutz von Minderjährigen im Februar 2019 im Vatikan. "Ich denke auch an die Maßnahme vom vergangenen Dezember hinsichtlich des Päpstlichen Geheimnisses in Bezug auf Anzeigen, Verfahren und Entscheidungen bei Fällen von Missbrauch an Minderjährigen und schutzbedürftigen Personen", schrieb der vatikanische Staatssekretär.
McCarrick wird unter anderem verdächtigt, einflussreichen Geistlichen über Jahre hinweg Geld im Gesamtwert von mehr als 600.000 US-Dollar (heute 504.923,00 Euro) überwiesen zu haben, wie die "Washington Post" im vergangenen Jahr berichtet hatte. Unklar war, ob McCarrick mit dem Geld Entscheidungen zu seinen Gunsten beeinflussen wollte und dies auch erreichte.
Papst Franziskus hatte den emeritierten Erzbischof von Washington 2019 aus dem Priesteramt entlassen. Der heute 90-Jährige sei in einer Untersuchung der Glaubenskongregation des Vatikans des sexuellen Fehlverhaltens im Umgang mit Minderjährigen und Erwachsenen schuldig befunden worden, hieß es damals. Im Juli 2018 hatte der Papst bereits den Rücktritt McCarricks aus dem Kardinalsstand akzeptiert. Dieser hatte nach US-Berichten mehrfach ein Fehlverhalten bestritten.
Indes startete in Paris der Prozess wegen des Vorwurfs sexueller Übergriffe gegen den ehemaligen Botschafter des Vatikans in Frankreich. Der 75-jährige Luigi Ventura erschien am Dienstag nicht vor Gericht. Seine Anwältin habe ein Gesundheitsattest in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie vorgelegt.
Mehrere Männer werfen dem ehemaligen Erzbischof vor, sie in den Jahren 2018 und 2019 unsittlich berührt zu haben. Die Justiz hatte schließlich Ermittlungen gegen den Italiener eingeleitet.
Zunächst wurde Ventura beschuldigt, während eines Festakts im Pariser Rathaus einen anderen Mann sexuell angegangen zu haben. Anschließend meldeten sich weitere Männer und erhoben Vorwürfe. Venturas Immunität wurde aufgehoben. Papst Franziskus akzeptierte seinen Rücktritt Ende vergangenen Jahres nach Erreichen der Altersgrenze. Berichten zufolge kehrte Ventura bereits im vergangenen Herbst wieder nach Rom zurück. Er bestreitet die Vorwürfe - hatte aber immer erklärt, mit der Justiz kooperieren zu wollen.
Missbrauchsskandale plagen die katholische Kirche seit Jahren. Erst im Frühjahr hatte der Papst das Rücktrittsgesuch des Lyoner Erzbischofs Kardinal Philippe Barbarin angenommen. Barbarin war Ende Januar von einem französischen Berufungsgericht im Prozess um die Vertuschung von Missbrauchsvorwürfen freigesprochen worden. Dennoch reichte er sein Rücktrittsgesuch ein.
Zusammenfassung
- In einem persönlichen Brief an den päpstlichen Privatsekretär Stanislaus Dziwisz im August 2000 bestritt McCarrick alle Vorwürfe des sexuellen Fehlverhaltens.