RAF Camora begeisterte beim Heimspiel in Wien-Fünfhaus
Das alles angerichtet war für einen erfolgreichen Abend, ließ schon die ausgelassene Stimmung bei den diversen Anheizern erahnen. Wie im Fußballstadion gingen die Schreie durch die dicht gedrängten Reihen, wurden die Hände in die Luft geworfen und jeder knackige Beat ordentlich abgefeiert. Um 20.30 Uhr war es dann so weit: Die Lichter gingen aus, der Vorhang fiel und in drei sci-fi-artigen Röhren erschienen die Protagonisten des Abends. RAF Camora wurde nicht nur hier von zwei Flammenwerfer schwenkenden Helfern eskortiert, zudem sorgten ein DJ sowie Drummer und Gitarrist für den passenden Klang.
Und der hatte es ganz genretechnisch in sich: Die großteils vorgefertigten Sounds drückten ordentlich aus den Boxen, als spätestens beim Titellied des aktuellen Albums "Zukunft" der Jubel kein Ende mehr kannte. Es war im Vorjahr ziemlich überraschend erschienen, nachdem Raphael Ragucci, wie der Rapper bürgerlich heißt, eigentlich sein Karriereende verkündet hatte. Angesichts des anhaltenden Zuspruchs ist es aber kein Wunder, dass es sich RAF doch noch einmal anders überlegt hat. Immerhin gilt er seit Jahren als einer der erfolgreichsten Musiker mit Millionen von Streams. Und nun konnte er endlich seine coronabedingt verschobenen Lorbeeren einheimsen - oder wie er es selbst ausdrückte: "Wir sind endlich in der Zukunft angekommen."
All das geht letztlich wohl nur mit harter Arbeit: Die meist nur rund zwei oder drei Minuten langen Stücke, in denen er seine stilistische Mischung aus Dancehall, Hip-Hop und Pop konsequent durchexerzierte, ließen kaum eine Verschnaufpause zu. Wenn nicht gerade die Flammen auf der Bühne loderten, gab es aufwendige Visuals oder enterte RAF bereits in der ersten halben Stunde eine zentral im Publikum platzierte Hebebühne, auf der er das technoartige "2CB" zum Besten gab. Zu "Primo" wurde getanzt, bei "Cinema" oder "Adriana" wurde es melodischer, während "Andere Liga" die "Balkan-Chicas" seines Bezirks feierte.
Ohnehin waren zwei Aspekte durchgehend präsent: Seine intensiv nach außen getragene Verbundenheit zum 15. Wiener Bezirk und seine Genugtuung, es "geschafft" zu haben. Ein ums andere Mal erinnerte RAF an seine Anfänge und ließ an seinem Erfolg keine Zweifel aufkommen - so trugen etwa drei Kollegen jene ihm in Deutschland verliehenen Diamant-Platten als Verkaufsauszeichnung wie Trophäen über die Bühne, während der Chef die Zeilen von "Ohne mein Team" schmetterte.
Zwischendurch begrüßte RAF Camora nicht nur seine versammelte Entourage, sondern allen voran auch seine Familie. Selbst seine 90-jährige Großmutter aus Italien sei für den Auftritt angereist, was das frenetische Publikum natürlich mit reichlich Jubel begrüßte. Das sein Weg vom unbekannten Rapper zum Posterboy der Generation Smartphone kein einfacher war, wusste er auch in "Realität" zu erzählen. Aber vor zu viel Nachdenklichkeit musste sich niemand fürchten, schon im nächsten Durchgang wurden die Fans wieder angeheizt, gab es Lichtspiele auf wie vor der Bühne und wurden nicht zuletzt die Smartphoneakkus ("Alle Lichter, ich will alle Lichter sehen!") auf ihr Durchhaltevermögen geprüft.
Am Ende, nach gut 90 Minuten lauter, polternder und - das muss man einfach zugeben - bestens inszenierter Unterhaltung war RAF Camora längst nicht mehr alleine bzw. mit seinen Mitmusikern auf der Bühne, sondern tanzte eine ganze Menschentraube um den Mann der Stunde. Der war zu diesem Zeitpunkt bereits bei den mit ziemlich unverschämt eingesetzten Samples versehenen Hits "Blaues Licht" (hier wurde "Blue" von Eiffel 65 verarbeitet) und "Beste Leben" (müsste sich bei Stromae für "Alors On Danse" bedanken) angekommen - abschließenden Konfettiregen inklusive. Da blieb vielen wohl nur jene Reaktion, die RAF Camora selbst ein ums andere Mal für diesen Abend bereit hielt: "Unglaublich!" Eine Wiederholung gibt es dann beim Frequency-Festival in St. Pölten diesen Sommer.
(S E R V I C E - www.instagram.com/raf_camora)
Zusammenfassung
- Das war wohl die Definition des Wortes Heimspiel: Rapsuperstar RAF Camora hat Donnerstagabend in der ausverkauften Wiener Stadthalle gespielt - mitten in Fünfhaus und damit in jenem Bezirk, in dem der gebürtige Schweizer aufgewachsen ist.
- Von Beginn an hingen ihm die Tausenden vorwiegend jugendlichen Fans an den Lippen.
- Und RAF Camora ließ sich nicht lumpen: In 90 Minuten servierte er Hit auf Hit und ein wahres Feuerwerk.