Wiener Grundwasser wird immer wärmer
Der Projekt-Schwerpunkt der Geosphere lag in der Temperaturanalyse des Grundwassers und der langfristigen Entwicklung, hieß es am Mittwoch in einer Aussendung, dafür wurden Messdaten der vergangenen 20 Jahre von 87 Messstationen ausgewertet. "Außerdem haben wir in einem April und in einem Oktober an 800 Messstellen Temperaturprofile im Grundwasser gemessen, von einigen Metern bis in rund 40 bis 50 Meter Tiefe", erklärte dazu Cornelia Steiner, Geosphere-Expertin für Geothermie. Am kühlsten war das Wasser dabei im April und im Oktober am wärmsten, nachdem sich Winter- und Sommertemperaturen erst mit Verzögerung auswirken.
Das Grundwasser ist in vielen Regionen Wiens einige Grad wärmer als im Umland. Für den "Urban Heat Island Effekt" gibt es laut Steiner zwei Gründe: zum einen die höhere Lufttemperatur, weil sich Straßen und Gebäude stärker aufheizen und "zweitens erwärmt die umfangreiche Untergrundinfrastruktur das Grundwasser, zum Beispiel U-Bahn- und Straßentunnel, Parkgaragen, Kanalsysteme, Fernwärmeleitungen und reine Kühlanwendungen der Geothermie." Der Mittelwert aller 800 Messstellen lag bei der Messung im April bei 13 Grad Celsius und im Oktober bei 15 Grad Celsius. Der Temperaturunterschied des Grundwassers zwischen versiegelten und nicht versiegelten Gebieten beträgt im Jahresdurchschnitt ungefähr vier bis sechs Grad.
Die Erwärmung ändert zum einen die biologische und chemische Qualität des Grundwassers und wirkt sich zum anderen auf Anwendungen wie die Geothermie aus, die in Wien aktuell nur im Bereich von fünf bis 18 Grad Celsius erlaubt. Eine weitere Erwärmung könnte daher hier zu Einschränkungen führen. Mittlerweile werden in Wien keine Anlagen genehmigt, die nur der Kühlung dienen, um eine zu starke Erwärmung des Grundwassers zu vermeiden.
Basierend auf den wissenschaftlichen Ergebnissen wird nun ein Maßnahmenkatalog entwickelt, der Behörden und Politik Empfehlungen für ein integratives Management zur nachhaltigen und effizienten thermischen Nutzung des Grundwassers liefert. Durchgeführt wurde das vom Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF) geförderte Projekt in einer Zusammenarbeit der Universität Wien (Projektleitung), der Universität für Bodenkultur Wien, der Geosphere Austria und der Stadt Wien (M45, Wiener Gewässer). Die Wiener Daten sind im Geothermie-Atlas abrufbar. Er ermöglicht unter anderem für jeden Standort eine erste Abschätzung des Energiepotenzials von Erdwärmesonden und Grundwasserwärme und wird schrittweise auf weitere Bundesländer ausgedehnt, kündigte Geosphere an.
(S E R V I C E - Geothermische Daten für Wien https://geothermieatlas.geosphere.at/, Informationen zum Projekt "Heat below the city" unter: https://www.wwtf.at/funding/programmes/esr/ESR20-040/
Zusammenfassung
- Das Grundwasser in Wien wird zunehmend wärmer, mit einem Temperaturanstieg von 0,9 Grad zwischen 2001 und 2010 und 1,4 Grad zwischen 2011 und 2020.
- Der 'Urban Heat Island Effekt' trägt zur Erwärmung bei, wobei die Temperaturen im April durchschnittlich 13 Grad Celsius und im Oktober 15 Grad Celsius betragen.
- Die Erwärmung beeinflusst die chemische und biologische Qualität des Grundwassers und könnte die Geothermienutzung in Wien einschränken.