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Kindergarten-Skandal: Teure Autos und Bauunternehmen als Caterer

Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr hat Montagvormittag einen Förderungstopp für den Verein Kindergarten Minibambini verkündet. Der Kindergarten-Trägerverein soll unter anderem Scheinfirmen fürs Catering beauftragt und In-Sich-Geschäfte geführt haben. Mit welchen Vergehen sich der Verein konfrontiert sieht, hat sich PULS 24 angeschaut.

Dem Kindergarten-Verein wird mit Ende März die Fördervereinbarung gekündigt, erklärte der Wiener Bürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS) Montagvormittag. Der Verein wurde einer Sonderprüfung unterzogen, bei dem sich Vorwürfe aus der Vergangenheit erhärtet hätten. Einer der Anschuldigungen lautet, Scheinfirmen beschäftigt zu haben. Sogar neue Problembereiche seien im Prüfungszeitraum von 2019 bis 2021 aufgedeckt worden.

Die Stadt Wien werde daher Rückforderungen in Höhe von mehreren 100.000 Euro stellen. Aufgrund von Hinweisen auf betrügerische Absichten habe man die Ergebnisse der Prüfung auch an die Staatsanwaltschaft übermittelt.

Betreuung von über 800 Kindern

Der Verein Kindergarten Minibambini wurde 2009 ins Leben gerufen. Als Vereinszweck wurde die "umfassende Betreuung von Kindern im Alter von 0 bis 10 Jahren" festgelegt. Unter anderem wurden Bastelveranstaltungen, gemeinsame Ausflüge, Veranstaltungen für Kinder und Familien sowie die Führung eines Kindergartens angeboten.

Finanziert werden sollte der Verein durch Beitrittsgebühren und Mitgliedsbeiträge, Elternbeiträge, Förderungen durch die öffentliche Hand, Spenden und Vermächtnisse, Erträge aus Vereinsunternehmungen und sonstigen Einnahmen. Bis zum Jahr 2021 betrieb der Verein 47 Gruppen an zehn Standorten. Die Kindergartenstätten umfassen insgesamt rund 800 Kinder und befinden sich in dem 14., 15., 16. und 17. Wiener Gemeindebezirk.

Verein leaste fünf BMWs

Dem Verein wird vom Wiener Stadtrechnungshof (StRH) vorgeworfen, teure SUV der Marke BMW und Peugeot geleast zu haben. Der StRH Wien sah die Anschaffung "mit den Grundsätzen der Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit als 'nicht vereinbar' an". Der Kindergarten gab an, die PKWs für Besorgung oder für die Besichtigung von Umbauarbeiten diverser Standorte benötigt zu haben. Laut Stadtrechnungshof habe keine Notwendigkeit bestanden, da die Standorte in der Nähe lagen. Die Autos sollen außerdem von Familienmitgliedern der Obfrau verwendet worden sein.

So sei die Schwiegertochter der Obfrau für die Beaufsichtigung der Umbauarbeiten verantwortlich gewesen, ohne jedoch eine Vereinsfunktion innezuhaben. Zwischen den Vertretungsorganen des Kindergartens bestand grundsätzlich ein familiäres Verhältnis. Der Ex-Ehemann der Obfrau war der Schriftführer und ihre Tochter die Kassiererin. Als Haustechniker war der Sohn der Obfrau angestellt, ihre Schwiegertochter war Standortleiterin und der Schwiegersohn Assistent der Geschäftsleitung.

Neue Details zum Kindergarten-Förderskandal

Baufirmen sorgten für das Essen der Kinder

In den Jahren 2019 bis 2021 wurde zudem für die Verpflegung der Kinder vier Baufirmen beauftragt. Dafür lagen jedoch keinerlei Bewerbeberechtigungen bzw. sonstige Befähigungsnachweise vor. Drei der vier Firmen wurden später vom Finanzamt als Scheinfirmen klassifiziert. Die sogenannten Bauunternehmen wurden unter den Geschäftszweigen "Stuckateure und Trockenausbauer" oder "Baumeistergewerbe, Hausbetreuung, Handel mit Waren aller Art" geführt. Innerhalb weniger Monate nach Beendigung der Vertragslaufzeiten wurden alle Bauunternehmen infolge von Konkursverfahren aufgelöst oder gelöscht.

Insgesamt wurde an diese Firmen 2,71 Millionen Euro gezahlt. Diese Geschäfte wurden über die Vereinskasse in bar abgewickelt. Die Einzelzahlungen betrugen im Durchschnitt rund 20.000 Euro bis 60.000 Euro. Der Stadtrechnungshof sah die Beauftragung der Bauunternehmen als "ungewöhnlich" an. Der Verein selbst meinte, man habe in der Vergangenheit während Renovierungsarbeiten mit einigen der Firmen zusammengearbeitet. 2017 und 2019 habe der Verein mit renommierten Catering-Unternehmen zusammengearbeitet, empfand das Preis-Leistungs-Verhältnis jedoch als ungenügend.

Buchungen ohne Belege und In-Sich-Geschäfte

Der StRH bemängelte zudem, dass Belege für Buchungen fehlen würden. Teilweise seien auch aussagekräftige Buchungstexte, um Zahlungen zuzuweisen, ausständig gewesen. Außerdem wurden Verkehrsverwaltungsübertretungen von Mitarbeiter:innen aus der Vereinskasse bezahlt. Der Kindergarten gab an, Einmalzahlung von Arbeiternehmer:innen übernommen zu haben, um Zinsen zu vermeiden. Diesen hätten die Strafe nachträglich zurückgezahlt.

Die Prüfer werfen dem Verein zudem In-Sich-Geschäften vor. So sollen die Obfrau und die Kassiererin (Tochter der Obfrau) Räumlichkeiten an den Kindergarten vermietet haben. Obendrein sollen unverzinste Darlehensverträge mit Familienmitgliedern eingegangen worden sein. Auch das Vieraugenprinzip bei abgeschlossenen Verträgen bzw. erstellten schriftlichen Ausfertigungen sei durch die Obfrau nicht eingehalten worden. Dafür brauche es nämlich die Zustimmung eines weiteren Vorstandsmitgliedes. Bei einem In-Sich-Geschäft befindet sich eine Person des Vertragsabschlusses auf beiden Seiten der Vertragsparteien.

ribbon Zusammenfassung
  • Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr hat Montagvormittag einen Förderungstop für den Verein Kindergarten Minibambini verkündet.
  • Der Kindergarten-Trägerverein soll unter anderem Scheinfirmen fürs Catering beauftragt und In-Sich-Geschäfte geführt haben.
  • Welche Vergehen dem Verein vorgeworfen werden, hat sich PULS 24 angeschaut.