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Eltern nach Krebstod der Tochter in Klagenfurt vor Gericht

Am Landesgericht Klagenfurt hat am Dienstag ein Prozess gegen die Eltern eines 14-jährigen Mädchens begonnen, das vor einem Jahr an Krebs gestorben ist. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen Quälen oder Vernachlässigen unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen vor. Das Mädchen sei nicht über seine Erkrankung aufgeklärt worden und habe unter qualvollen Schmerzen gelitten, bis es viel zu spät ins Spital kam, wo es kurz darauf starb. Die Eltern bekannten sich nicht schuldig.

Staatsanwältin Ines Küttler beschrieb den schlechten Zustand, in dem das Mädchen im Februar 2023 ins Klinikum Graz eingeliefert wurde. Das abgemagerte Kind hatte mehrere Tumore im ganzen Körper, die schwere Auswirkungen hatten, unter anderem litt die 14-Jährige an Gelbsucht, sie konnte nicht mehr schlucken und hatte Erstickungsängste, weil einer der Tumore auf die Speise- und Luftröhre drückte. Die Eltern hätten erklärt, die Tochter habe Angst vor Ärzten und sei deshalb erst jetzt ins Spital gekommen. Sie hätten auf die Ärzte und Pfleger "völlig emotionslos" in Anbetracht der sterbenden Tochter gewirkt.

Die letzten Stunden des Mädchens seien schwierig gewesen, der Vater habe es immer wieder aufgefordert, nicht zu gehen, nicht nachzugeben, weil das nur das sei, "was sie wollen". Damit habe er wohl das Krankenhaus gemeint, so die Staatsanwältin. "Zuerst dachten wir, die Eltern sind einem Scharlatan aufgesessen." Die teils ehemaligen Ärzte, Energetiker und Wunderheiler, bei denen die Eltern mit der Tochter waren, sagten jedoch aus, dass sie dringend empfohlen hätten, in ein Krankenhaus zu gehen. "Keiner dieser Leute behauptete, Krebs heilen zu können." Die Ermittlungen gegen diese seien deshalb eingestellt worden. Weil der Vater hier früheren Aussagen widersprach und nun die Heiler belastet, wurde letztlich vertagt. Diese hätten zum Teil sehr wohl eine Heilung versprochen, einer habe etwa gesagt, mit "energetischer Chakrenheilung" würden die Geschwülste in Fuß und Hals weggehen, so der Vater.

Verteidiger Alexander Todor-Kostic griff in seiner Replik die Anklage an und sprach davon, dass entlastende Beweisergebnisse nicht gewürdigt worden seien. "Die Eltern wollten nichts als ihr Kind auf dem selbstbestimmten Weg zu begleiten." Das Mädchen hätte einen geistigen Reifegrad wie eine 16-jährige Jugendliche gehabt und eine schulmedizinische Behandlung wie auch Schmerzmittel abgelehnt. "Sie war bis zu ihrem Tod klar und einsichtsfähig." Die Entscheidung, einen Termin zur Biopsie nicht wahrzunehmen, habe die Tochter selbst getroffen, weil diese nur in einer Chemotherapie und Bestrahlung geendet hätte.

Die Eltern beteuerten in ihren Aussagen, dass die Tochter eine schulmedizinische Behandlung abgelehnt habe. Der 57-jährige Vater zog immer wieder Parallelen zu eigenen Leiden, bei denen er Hilfe von Alternativmedizinern und Energetikern erhalten habe. Auch der Tochter habe das geholfen. "Meine Tochter und ich, wir haben Wunder erlebt", sagte er. Statt bei einer Biopsie war er mit seiner Tochter bei einem pensionierten Arzt, der ausgependelt habe, dass es sich bei dem Tumor um "nichts Böses" handle, ein "Alchimist", der nebenan ordinierte, habe ebenfalls gependelt und das bestätigt.

Die Mutter, selbst Juristin, beteuerte unter Tränen: "Ich weiß nicht, was ich anders hätte machen müssen." Die Tochter hätte eine schulmedizinische Behandlung eben abgelehnt, das wollte sie eben nicht. "Sie hat immer wieder gesagt: Mama, ich kann selbst entscheiden." Die Eltern hätten immer wieder angeboten, zu Ärzten zu gehen. "Hätte ich sie packen und hinschleifen sollen?"

Der onkologische Sachverständige sprach von einem "Systemversagen", das er angesichts des Falls orte. "Auch ich habe so etwas noch nie gesehen", bezog er sich auf Aussagen des Spitalspersonals, das das Mädchen in den letzten Tagen betreute. "Das müssen wahnsinnige Schmerzen gewesen sein", beschrieb er, was die 14-Jährige durch die wuchernde Krebserkrankung durchleiden habe müssen. Er betonte, dass eine Schmerzbehandlung auch dann möglich gewesen wäre, wenn die 14-Jährige eine Chemotherapie abgelehnt hätte. Die Heilungschancen beurteilte er mit 70 bis 80 Prozent, wenn der Krebs nach Entdeckung im Oktober 2022 noch ohne Metastasen gewesen wäre, 30 bis 50 Prozent im Falle einer Streuung. Wie es tatsächlich aussah, bleibt wegen der ausgefallenen Biopsie ungeklärt.

Weil die Staatsanwältin weitere Zeugen wie die verschiedenen Behandler des Mädchens befragen will, wurde der Prozess vertagt. Die nächste Verhandlung ist für 15. Mai geplant.

ribbon Zusammenfassung
  • In Klagenfurt hat der Prozess gegen Eltern begonnen, die ihrer 14-jährigen, an Krebs verstorbenen Tochter die Erkrankung verschwiegen und sie zu spät hospitalisiert haben sollen.
  • Bei Einlieferung ins Klinikum Graz im Februar 2023 wies das Mädchen mehrere Tumore auf; die Staatsanwaltschaft verweist auf eine 70 bis 80 Prozent Heilungschance bei früherer Behandlung.
  • Die Verteidigung argumentiert, die Tochter habe eine schulmedizinische Behandlung selbst abgelehnt und setzt auf die Darstellung ihrer Entscheidungsfähigkeit; Urteil wird noch am selben Tag erwartet.