Corona als Treiber für Personalnotstand im Gesundheitswesen
Die Personalsituation in Gesundheitsberufen war allerdings schon vor der weltweiten Seuche angespannt und die Stimmung bei den Bediensteten mehr schlecht als recht. Die Probleme, welche im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie aufgetreten sind, würden nur noch zusätzlich obendrauf kommen. Dies bestätigt auch der Vorsitzende der Bundesvertretung der Gesundheitsgewerkschaft Reinhard Waldhör im Gespräch mit PULS 24.
Die Gesundheitsgewerkschaft ist Teil der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) sowie damit verbunden des Österreichischen Gewerkschaftsbunds (ÖGB). Die Gesundheitsgewerkschaft ist unter anderem für die Bediensteten in den Landeskrankenanstalten zuständig.
Corona als zusätzlicher Treiber
"Die Corona-Lage ist nur ein weiterer Baustein in einer generell sehr angespannten Personalsituation", so Waldhör. Es fehle an allen Ecken und Enden. "Der massive Aufbau von Überstunden in den letzten Jahren fordert die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bis an ihre Grenzen."
Mit Minister Rauch erlebt Waldhör in seiner Position als Gewerkschaftschef inzwischen "seinen" achten Gesundheitsminister bzw. -ministerin (Alois Stöger und Pamela Rendi-Wagner von der SPÖ, Beate Hartinger-Klein von den Freiheitlichen, die beiden Parteilosen Walter Pöltner und Brigitte Zarfl sowie die Grünen Rudolf Anschober, Wolfgang Mückstein und Johannes Rauch). Mit jeden von ihnen hätte man über die Probleme im Gesundheitswesen gesprochen. Wirkliche wirksame Maßnahmen wurden laut dem Gewerkschafter erst mit der kürzlich auf den Weg gebrachten Pflegereform beschlossen. Allerdings würde diese erst "in einigen Jahren spürbar" sein und "zu Verbesserungen führen".
Schnelle Entlastung - Fehlanzeige
Aktuelle Maßnahmen zur "raschen Entlastung" waren hier allerdings auch nicht dabei. Waldhör gesteht jedoch zu, dass dies ein schwieriges und komplexes Unterfangen sei. Kurzfristige Maßnahmen würden oft nicht funktionieren – dies geschehe "auf den Rücken der Pflegekräfte".
Auch die Gewerkschaft vida – welche sich unter anderem für Pflegekräfte im nicht-öffentlichen Bereich zuständig zeigt – schlägt in eine ähnliche Kerbe: "Keine einzige Maßnahme der Regierung seit Ausbruch von Corona und natürlich auch nicht davor zielt auf mehr Personal ab. Es fehlt nach wie vor ein Personalschlüssel. Nur dieser schützt Menschen. Dass bis 2030 an die 80.000 Pflegekräfte fehlen, wird von der Bundesregierung völlig ignoriert."
Waldhör von der Gesundheitsgewerkschaft möchte allerdings auch erwähnen, dass sich aufgrund der Personalsituation der Arbeitsmarkt in eine Art "Fußballtransfermarkt" verwandelt hätte. Arbeitnehmer:innen hätten deutlich mehr Auswahl, was offene Stellen und Einrichtungen betreffe. Außerdem gäbe es regelmäßig "Abwerbeversuche", um qualifiziertes Personal zu bekommen.
Schwarze Schafe sind "Einzelfälle"
Die meisten Anstalten würden auch versuchen, so gut es geht die gesetzlichen Ruhezeiten "genau einzuplanen" und die Mitarbeiter:innen bei Laune zu behalten. Allerdings seien "wirklich notwendige Erholungsphasen" schon lange nicht mehr möglich. Kleinere und größere Krankheitswellen im Personal sowie die klassischen Urlaubszeiten würden auch ohne Corona zu noch mehr Druck als ohnehin führen.
Gelegentlich gebe es auch "Einzelfälle", in denen Mitarbeiter:innen von Führungskräften aus Urlauben zurückgeholt wurden, oder eine Art "freiwilliger Bereitschaftsdienst" eingefordert wurde, bei welchem die Betroffenen "nirgendwo" hin durften. Diese wurden aber, sobald sie gemeldet wurden, wieder abgeschafft.
Zusammenfassung
- In den österreichischen Krankenanstalten hat sich nach zweieinhalb Jahren Pandemie eine gewisse Routine und Apathie eingestellt.
- Die Stimmung und Kraft des Personals ist jedoch am Boden.