Schuldnerberatung: Tipps gegen Schuldenfalle durch Inflation
Die Inflation in Österreich ist im Februar nur geringfügig zurückgegangen. Laut Schnellschätzung der Statistik Austria stiegen die Preise im vergangenen Monat um 11,0 Prozent. Im Jänner betrug der Preisauftrieb 11,2 Prozent - der höchste Wert in der aktuellen Teuerungswelle.
Für viele wird das Geld inzwischen knapp. Neben den Energiepreisen sind auch Lebensmittelkosten und Kreditzinsen in die Höhe geschnellt. Die Zahlen der Schuldnerberatung für 2022 zeigen, dass immer mehr Menschen in der Schuldenfalle landen. Im vergangenen Jahr haben 18.565 Menschen das erste Mal den Kontakt zu staatlich anerkannten Schuldenberatungen gesucht. Das sind zehn Prozent mehr als im Jahr 2021. Auch die Zahl der Privatkonkurse hat sich um 13,5 Prozent zum Vorjahr erhöht. Insgesamt mussten 8.176 Personen Privatinsolvenz anmelden.
Kontoüberzug der teuerste Kredit
"Menschen, die bisher ihr Auslangen gefunden haben, indem sie sparsam gelebt haben, kommen nun an ihre Grenzen", sagt Clemens Mitterlehner, Geschäftsführer der ASB Schuldnerberatungen GmbH, Dachorganisation der staatlich anerkannten Schuldenberatungen. Auch Gudrun Steinmann von der Schuldnerberatung Wien sagt im "Café Puls"-Interview, dass seit Jahresbeginn immer mehr Anfragen verzeichnet werden. "Schulden sind ein großes Thema, die Finanzen werden enger […], aber auch die Corona-Spätfolgen sind mit ein Beispiel".
Neben den erhöhten Energiekosten ist der Kontoüberzug ein Grund für Schulden, erklärt Steinmann. Viele würden nicht wissen, dass die Überschreitung des Kontolimits derzeit der teuerste Kredit mit sechs bis 13 Prozent sei. Zudem verleite der Onlinehandel zu erhöhtem Konsum - vor allem mit dem "Buy Now, Pay Later"-Prinzip.
Tipps gegen Überschuldung
Der Weg zur Schuldnerberatung und eine Privatinsolvenz zu eröffnen, ist nicht leicht. Die Hemmschwelle ist groß, dennoch ist ein wichtiger Schritt. Um gar nicht erst in finanzielle Not zu geraten, kann man folgende Tipps beachten:
- Einen guten Überblick über die Einnahmen und Ausgaben haben
- Täglich aufs Bankkonto zu schauen oder ein Haushaltsbuch führen, um erste Ersparnisse in Form von Mitgliedschaften oder Essenslieferung zu erkennen
- Ansprüche auf finanzielle Unterstützung und Sozialleistungen klären
- Mit Bargeld zahlen oder die Bankomat- bzw. Kreditkarte daheim lassen, um Spontankäufe zu vermeiden
- Kostenlose Budgetberatung in Anspruch nehmen, um einen besseren Überblick über Optimierungsmöglichkeiten der eigenen finanziellen Situation bekommen
- Frühzeitig die kostenlose Unterstützung der Schuldnerberatung aufsuchen, wenn Rechnungen nicht mehr fristgerecht bezahlt werden können
Ökonomin zu Inflation: Welche Maßnahmen braucht es?
Finanzbildung im jungen Alter
Obwohl in Österreich oftmals die Mentalität herrscht "Über Geld spricht man nicht", ist Steinmann vom Gegenteil überzeugt. "Wir sagen, es ist total wichtig und gehen auch in Schulen mit dem Finanzführerschein, mit Präventionsangeboten". Junge Menschen sollen damit bereits frühzeitig "gut im Umgang mit Geld ausgebildet" werden. Dabei wird ihnen erklärt, wo Schulden anfallen können, was typische Schuldenfallen sind, aber auch wo es Einsparungspotenzial gibt.
Existenzminimum anheben
Clemens Mitterlehner, Geschäftsführer der ASB Schuldnerberatungen GmbH, glaubt zudem, dass das Existenzminimum von 1.100 Euro angehoben werden sollte und Insolvenzregeln nicht weiter verschärft werden sollten.
Bis Mitte 2026 gibt es noch die Möglichkeit einer Entschuldung innerhalb von 3 Jahren. Der Gesetzesgeber will das jedoch wieder auf fünf Jahre strecken. Das sei "fatal", heißt es in einer Aussendung der ASB Schuldnerberatungen. Das würde nämlich bedeuten, dass Menschen länger in der Überschuldung gehalten werden. Von einer raschen Tilgung würden nicht nur Schulder:innen selbst profitieren, sondern auch ihre Familien, die Wirtschaft, der Arbeitsmarkt, die Gerichte und auch die Gläubiger:innen.
Zusammenfassung
- Wegen der anhaltenden Inflation wenden sich immer mehr Menschen an Schuldnerberatungen.
- Expertin Gudrun Steinmann erklärt, wo die Gefahren liegen und wie man sich selbst helfen kann.