Tankstelle in DeutschlandAPA/dpa/Uwe Lein

Nehammers E-Fuels: Klimaneutral, aber noch viel zu teuer

Klimaneutral sind synthetische Kraftstoffe nur dann, wenn die für die Produktion benötigte Energie aus Ökostrom kommt. Der Stromverbrauch ist dabei viel höher als bei Elektroautos. Laut der deutschen Denkfabrik Transport&Environment könnten mit den vorhergesagten Produktionsmengen im Jahr 2035 nur fünf Millionen von voraussichtlich 287 Millionen EU-Autos betrieben werden. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Deutschland und die EU haben ihren Streit über das Verbrenner-Aus beigelegt. Deutschland hatte gedroht, ein geplantes EU-weites Verbot von Neufahrzeugen mit fossil betriebenen Verbrennungsmotoren ab 2035 zu blockieren, wenn synthetische Kraftstoffe - sogenannte E-Fuels - nicht als Ausnahme berücksichtigt würden. Nun sollen Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, die ausschließlich CO2-neutrale Kraftstoffe tanken, auch nach 2035 neu zugelassen werden können.

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) begrüßte zwar, dass durch die Einigung nun der Weg in Richtung CO2-neutrale Mobilität nicht weiter blockiert werde. Dass es aber ein Schlupfloch brauche, um die "Zustimmung der Bremser und Blockierer, die einer alten fossilen Ideologie nachtrauern, zu bekommen, ist schade und wird Europas Autoindustrie schwächen", meinte die Ministerin.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) zeigte sich hingegen erfreut über das Einlenken der EU-Kommission. ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker nannte die E-Fuels am Samstag "vielversprechend". Nehammer kündigte am Sonntag sogar einen Auto-Gipfel an, bei dem er mit den Herstellern über die Finanzierung und Erforschung von E-Fuels sprechen will. Doch wie realistisch sind die großen Erwartungen, die die ÖVP an die teuren synthetischen Kraftstoffe anscheinend hat?

Was sind E-Fuels?

Die synthetischen Kraftstoffe haben ähnliche Eigenschaften und chemische Zusammensetzungen wie konventionelle Kraftstoffe - sie sind kohlenstoffhaltig und flüssig. Hergestellt werden sie aus Wasserstoff und dem Treibhausgas CO2: Wasser wird unter Einsatz von Strom in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten, der Wasserstoff wird dann mit CO2 zu Kraftstoff verarbeitet.

Wie sauber sind E-Fuels?

Weil E-Fuels bei der Produktion CO2 aufnehmen - aus Produktionsanlagen oder aus der Luft - und bei der Verbrennung wieder abgeben, gelten sie als klimaneutral. Dies gilt allerdings nur dann, wenn für die bei der Produktion benötigte Energie ausschließlich Ökostrom verwendet wird.

Bei der Verbrennung entstehen wie bei fossilen Kraftstoffen weitere Emissionen. Der ADAC testete drei Benzinmodelle - den VW Golf VIII, den Ford Fiesta und den VW Golf VII, und zwar auf Kohlenwasserstoff, Kohlenmonoxid, Stickoxid sowie Feinstaubpartikel. Beim Golf der aktuellen Generation mit Partikelfilter waren die Grenzwerte bei beiden Kraftstoffarten "ausgesprochen niedrig", mit E-Fuel sank der Stickoxid-Ausstoß zudem um 40 Prozent.

Wie werden E-Fuels getankt?

Dafür könnte das bestehende Tankstellennetz genutzt werden.

Wie gut vertragen Autos den Kraftstoff?

Der deutsche Mobilitätsclub ADAC hat im Sommer einen gebrauchten VW Golf mit E-Fuels betankt und mehrere tausend Kilometer fahren lassen. Bei den technischen Eigenschaften, der Leistung und dem Fahrverhalten seien keine Unterschiede spürbar gewesen, so der Lobbyverband.

Werden E-Fuels schon produziert?

Ja, aber nur in Pilot-Anlagen. Der Kraftstoff für den ADAC-Test etwa stammte aus einer Versuchsanlage in Chemnitz. Audi betreibt eine Versuchsanlage in der Schweiz, Porsche baut eine Versuchsanlage in Chile.

Die Denkfabrik Transport&Environment in Berlin erklärte im Oktober, dass mit den von der Industrie selbst prognostizierten verfügbaren Mengen im Jahr 2035 nur fünf Millionen von dann 287 Millionen Autos in der EU vollständig mit E-Fuels betrieben werden könnten.

Wie teuer sind E-Fuels?

Laut ADAC "scheint heute ein Preis von weniger als zwei Euro pro Liter machbar". Dafür spreche, dass die Produktionskosten für grünen Strom fallen und eine "hochfahrende Massenherstellung" die aktuell sehr teuren E-Fuels günstiger werden lasse. Aktuell sind die Kosten allerdings erheblich höher.

Wie effizient sind E-Fuels?

Der Einsatz von E-Fuels in Verbrennungsmotoren von Pkw ist laut dem deutschen Umweltbundesamt "hochgradig ineffizient". Für dieselbe Fahrleistung muss demnach die drei- bis sechsfache Menge Strom im Vergleich zu einem Elektro-Pkw eingesetzt werden. Auch der ADAC spricht von hohen Wirkungsverlusten.

Wo liegt die Zukunft von E-Fuels?

Das deutsche Umweltbundesamt sieht die Zukunft der synthetischen Kraftstoffe wegen des schlechten Wirkungsgrads vor allem im Schiffs- und Flugverkehr. Wasserstoff soll demnach "nur in den Bereichen eingesetzt werden, in denen eine direkte Nutzung von erneuerbarem Strom nicht möglich ist" - vor allem wenn ein hoher Energiebedarf oder große Reichweiten nötig sind, wie im Seeverkehr, im internationalen Flugverkehr oder "unter bestimmten Umständen im Straßengüterfernverkehr".

ribbon Zusammenfassung
  • Klimaneutral sind synthetische Kraftstoffe nur dann, wenn die für die Produktion benötigte Energie aus Ökostrom kommt.
  • Der Stromverbrauch ist dabei viel höher als bei Elektroautos.
  • Laut der Denkfabrik Transport&Environment wird im Jahr 2035 nur ein Bruchteil der Autos in der EU mit E-Fuels betrieben werden können.