APA/ROLAND SCHLAGER

Sobotka für Grüne "anstandslos"

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) geriet durch Tonbandaufnahmen, auf denen der verstorbene Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek zu hören ist, unter Druck - auch vom Grünen Koalitionspartner. Die Abgeordnete Barbara Neßler nennt ihn "anstandslos". Die ÖVP kann sich unterdessen doch vorstellen, U-Ausschüsse live zu übertragen.

Sobotka sei "anstandslos" und verhalte sich "wie ein König", sagte die Abgerodnete Barbara Neßler (Grüne) zur APA: "Hätte er Anstand, wäre er aufgrund der Vielzahl der Vorwürfe bereits lange zurückgetreten."

Sobotka schade "mit seinem Festklammern am Amt der Reputation des Parlaments massiv" und auch die ÖVP sollte sich fragen, "welches Bild das nach außen abgibt", erklärte die Tiroler Nationalratsabgeordnete, die auch Jugend-, Familien-, und Tourismussprecherin ihrer Partei ist. Klar sei, dass ein Nationalratspräsident weder durch parlamentarische Mittel noch durch den Bundespräsidenten abgesetzt werden könne. "Einmal gewählt, ist er quasi wie ein König der Legislaturperiode und so verhält sich Sobotka leider auch", attackierte die Abgeordnete den Nationalratspräsidenten ihres Koalitionspartners.

Dies sei umso bedenklicher, als das Parlament "das demokratische Herzstück" der Republik sei und der Nationalratspräsident der zweithöchste Mann im Staat. Sollte Sobotka nach der kommenden Nationalratswahl wieder für das Nationalratspräsidium kandidieren, schickte die Tiroler Abgeordnete jedenfalls schon mal eines voraus: "Ich werde ihn jedenfalls nicht wählen."

Parteiführung zurückhaltender

Die grüne Parteiführung war zuletzt bereits deutlich auf Distanz zu Sobotka gegangen, blieb aber in der Wortwahl deutlich zurückhaltender. "Wir an seiner Stelle hätten den Weg frei gemacht, weil es um das Ansehen und den Schutz eines ganz wichtigen Amtes dieser Republik geht", hatte etwa Vizekanzler und Bundessprecher Werner Kogler mitgeteilt. Justizministerin Alma Zadić kündigte eine Untersuchungskommission an. 

Bei den Vorwürfen geht es darum, dass der vor kurzem verstorbene Pilnacek in privater Runde in einem Lokal darüber sprach, dass Sobotka ihm vorgeworfen habe, Ermittlungen nie abgedreht zu haben. Das Gespräch vom vergangenen Sommer wurde heimlich aufgenommen und in den vergangenen Tagen mehreren Medien zur Verfügung gestellt. Sobotka wies die Anschuldigungen vehement zurück, die Staatsanwaltschaft Wien prüft einen Anfangsverdacht gegen ihn wegen versuchter Bestimmung zum Amtsmissbrauch. 

Stocker kann sich Live-Übertragung vorstellen

Die ÖVP überraschte wiederum am Sonntag mit Aussagen, wonach man sich nun doch vorstellen könne, dass U-Ausschüsse live übertragen werden sollen. Generalsekretär Christian Stocker sprach sich in der ORF-Sendung "Im Zentrum" am Sonntagabend grundsätzlich dafür aus. 

Bisher hatte die ÖVP eine solche mit einer Gesamtreform des U-Ausschussrechts verknüpft. Stocker meinte nun, dass man zwar Bedenken wegen der Rechte jener Auskunftspersonen habe, die keine öffentlichen Personen seien. Er persönlich halte es aber für besser, wenn Aussagen direkt übertragen werden als wenn sie nachher eventuell verzerrt wiedergegeben werden. Wenn es mit den Grundrechten der betreffenden Person vereinbar sei, sollten daher deren Befragungen in den Ausschüssen live zu sehen sein.

ribbon Zusammenfassung
  • Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) geriet durch Tonbandaufnahmen, auf denen der verstorbene Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek zu hören ist, unter Druck - auch vom Grünen Koalitionspartner.
  • Sobotka sei "anstandslos" und verhalte sich "wie ein König", sagte die Abgeordnete Barbara Neßler zur APA: "Hätte er Anstand, wäre er aufgrund der Vielzahl der Vorwürfe bereits lange zurückgetreten."
  • Sollte Sobotka nach der kommenden Nationalratswahl wieder für das Nationalratspräsidium kandidieren, schickte die Tiroler Abgeordnete jedenfalls schon mal eines voraus: "Ich werde ihn jedenfalls nicht wählen."
  • Die ÖVP kann sich unterdessen doch vorstellen, U-Ausschüsse live zu übertragen.
  • Generalsekretär Christian Stocker sprach sich in der ORF-Sendung "Im Zentrum" am Sonntagabend grundsätzlich dafür aus.