Wolfgang SobotkaAPA/EVA MANHART

Selenskyj-Rede: Sobotka will FPÖ-"Verbalangriffe" nicht dulden

Von den 27 EU-Staaten haben dem ukrainischen Präsidenten neben Österreich nur Bulgarien und Ungarn bisher keine Möglichkeit geboten, per Video vor Abgeordneten zu sprechen. Das soll sich mit dem 30. März ändern.

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) rechnet bei der für 30. März angesetzten virtuellen Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Parlament nicht mit einem "Störfeuer der FPÖ". Unterschiedliche Meinungen seien zwar das Wesen der Demokratie, stellte Sobotka, der Selenskyj zu dem Online-Auftritt eingeladen hatte, im APA-Interview klar. Doch erwarte er einen respektvollen Diskurs und Dialog. "Verbalangriffe" werde er jedenfalls nicht akzeptieren.

FPÖ-Widerstand

Bereits vor einem Jahr war im Parlament eine Video-Schaltung mit Selenskyj geplant gewesen, sie war letztlich am Widerstand der FPÖ gescheitert. In Folge bekam der ukrainische Präsident in zahlreichen westlichen und europäischen Abgeordnetenhäusern Möglichkeiten zu virtuellen Auftritten. Von den 27 EU-Staaten haben ihm bisher neben Österreich nur Bulgarien und Ungarn keine entsprechende Möglichkeit geboten. Selenskyj werde aber auch nicht bei einer Nationalratssitzung das Wort ergreifen, präzisierte Sobotka das protokollarische Prozedere. Vielmehr handle es sich um eine "parlamentarische Veranstaltung" im Vorfeld einer solchen.

Sobotka sieht keinen Verzug

Der ÖVP-Nationalratspräsident sieht Österreichs Parlament im Vergleich zu anderen westlichen Ländern dennoch nicht im Verzug. Schließlich habe der ukrainische Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk im vergangenen Juni auf Einladung Sobotkas Wien besucht und damals noch im Ausweichquartier in der Hofburg eine Rede im Parlament gehalten. Zudem hätten Bundespräsident Alexander Van der Bellen (Anfang Februar) und Bundeskanzler Karl Nehammer (im April des Vorjahres) Selenskyj persönlich in Kiew besucht. Außerdem werde der russische Angriffskrieg "leider Gottes noch länger dauern", konstatierte der Nationalratspräsident. So gesehen sei es sogar "sehr gut, dass man das nicht alles auf einmal macht".

Zumal es auch an der Zeit sei, "dass wir einen sehr nüchternen Blick auf diesen Krieg werfen". Es gebe ja "unterschiedliche Beurteilungen, insbesondere was die Menschen betrifft, die quasi vertrieben wurden", meinte Sobotka. "Gehen sie wieder zurück? Bleiben sie da? Es sind ja sehr viele schon im Arbeitsprozess, die niemand verlieren möchte."

Österreich in seiner Haltung "nicht neutral"

Der Angriff Russlands auf die Ukraine sei völkerrechtswidrig gewesen, konstatierte Sobotka und ergänzte: "Die nationale Souveränität ist unverhandelbar." Daher habe sich Österreich gegenüber der Ukraine "sehr klar solidarisch" gezeigt und auch als neutraler Staat auf Linie der Europäischen Union "eine sehr, sehr gute Figur abgegeben". Nachsatz: "Als Land sind wir nur militärisch neutral, aber nicht in unserer Haltung."

Dass der russische Präsident Wladimir Putin von der NATO durch ihre Erweiterungsstrategie der vergangenen Jahrzehnte provoziert worden sei, lässt Sobotka nicht als Argument für die Attacke auf die Ukraine gelten. "Die NATO besteht seit mehr als 70 Jahren und ist dabei immer ein stabilisierender Faktor gewesen. Sie hat allenfalls Konflikte zurückgeholt, von einem heißen auf einen kalten Krieg."

Putins Propagandawalze

Auch der Vorwurf, dass in der Ukraine "Nazis" an der Macht seien, habe Putin nur als Vorwand gedient. Leider sei es dem russischen Präsidenten durch seine "Propagandawalze" gelungen, dass der Krieg in Russland "in so einer Form hingenommen wird", bedauerte Sobotka. "Dass das Leben ihrer eigenen jungen Soldaten scheinbar nichts wert sein soll, da muss man wirklich den Kopf schütteln."

ribbon Zusammenfassung
  • Von den 27 EU-Staaten haben dem ukrainischen Präsidenten neben Österreich nur Bulgarien und Ungarn bisher keine Möglichkeit geboten, per Video vor Abgeordneten zu sprechen.
  • Das soll sich mit dem 30. März ändern.