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Russland-Wahl: "Niemand hat Einfluss auf Putin"

In Russland läuft der zweite Abstimmungstag der Präsidentschaftswahlen. Ein Machtwechsel steht im flächenmäßig größten Land der Welt nicht im Raum. Wladimir Putins Sieg ist so gut wie sicher. Er rechnet mit einem Zustimmungswert von 80 Prozent. Das werde er aber nicht nur durch Manipulation, sondern auch wegen seiner "breiten Unterstützung" in der Bevölkerung erreichen, erklärt ein Russland-Experte.

Seit Freitag laufen die Präsidentschaftswahlen in Russland, bei denen sich der amtierende Präsident Wladimir Putin erneut als Kremlchef bestätigten lassen will.

Er gilt als sicherer Gewinner. Einerseits wegen der "Wahlbetrüge und Manipulation", andererseits findet Putin nach wie vor eine "breite Unterstützung", erklärt der freie Journalist Konstantin Goldenzweig im Ö1-"Mittagsjournal". 

Goldenzweig hat lange Zeit als Journalistin in Russland gearbeitet und weiß, warum Putin noch immer die Zustimmung der Bevölkerung genießt. "Er ist der populärste Politiker in Russland", meint er. 

Putin bekämpft "russischen Minderwertigkeitskomplex" 

Die Leute hätten Angst, dass die alten, "schlechteren Zeiten" zurückkehren, sagt er. Putin habe eine "relative Wirtschaftsstabilität" geschaffen. Er habe die Leute zumindest vor der "bettelarmen Vergangenheit" gerettet.

Durch den Angriffskrieg auf die Ukraine, seinen Reichsfantasien sowie seinem "Hass, den er gegen den Westen schürt", helfe er, den "ewigen russischen Minderwertigkeitskomplex" zu bekämpfen. 

Er gebe den Russ:innen wieder das Image einer "Großmacht". 

Video: Hat Russland wirklich die Wahl?

Ob der Westen das Wahlergebnis, das am Sonntagabend erwartet wird, anerkennen wird, sei fraglich. Immerhin räume Putin seine Gegner, wie etwa Alexej Nawalny, aus dem Weg und zählt auch die von Russland besetzten Regionen als Stimmen. Die Wahl sei eine "Simulation", so Goldenzweig. 

Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine gewinnt die Wahl noch zusätzliche Brisanz. Zuletzt drohte Putin etwa auch dem Westen mit Atomwaffen, nachdem Frankreichs Präsident Emmanuel Macron die Entsendung westlicher Soldaten in die Ukraine nicht ausschloss

"Wir wissen nicht, was in Putins Kopf vorgeht" 

Ob der Kremlchef mit dieser Drohung tatsächlich ernst machen würde, sei für Goldenzweig schwer zu sagen. "Wir wissen nicht, was in Putins Kopf vorgeht", hält er fest.

Aber ein Mann, der Angst vor Covid-19 hat und von einer "riesengroßen Armee von Securities" begleitet wird, verstehe, dass "es sofort einen Gegenschlag" geben könnte, wenn er zu Nuklearwaffen greife. "Ich würde diese Gefahr deshalb nicht übertreiben", betont er. 

Wer hat Einfluss auf Putin? "Niemand mehr" 

Einfluss hat auf Putin "niemand mehr", fürchtet der Journalist. "Er empfindet sich als eine Figur aus den historischen Schulbüchern, er wird mit dieser neuen Legislaturperiode länger als Stalin an der Macht bleiben, er ist ein Monarch, ein Zar", schildert er. Putin sei der Ansicht, dass niemand mit ihm auf Augenhöhe reden könne.

Die Präsidentschaftswahlen laufen noch bis Sonntag. Wahlberechtigt sind bei den diesjährigen Präsidentschaftswahlen 112,3 Millionen Menschen. Dazu kommen 1,9 Millionen Wahlberechtigte im Ausland. 

Video: Russland wählt, aber wozu?

ribbon Zusammenfassung
  • In Russland läuft der zweite Abstimmungstag der Präsidentschaftswahlen.
  • Ein Machtwechsel steht im flächenmäßig größten Land der Welt nicht im Raum.
  • Wladimir Putins Sieg ist so gut wie sicher. Er rechnet mit einem Zustimmungswert von 80 Prozent.
  • Das werde er aber nicht nur durch Manipulation, sondern auch wegen seiner "breiten Unterstützung" in der Bevölkerung erreichen, erklärt ein Russland-Experte.