Putsch im Niger schürt Angst vor Auswirkungen auf Uranabbau
Der Putsch vom 26. Juli im Niger unter Führung des General Abdourahamane Tiani, mehr aber noch die Interventionsandrohung der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS), schüren allerdings die Angst, dass der Zustrom des Urans aus dem westafrikanischen Land nach Europa bald gekappt oder zumindest empfindlich reduziert werden könnte.
Angesichts der Bedeutung des nigrischen Urans für Frankreich ist es nicht überraschend, dass der französische staatliche Atomkonzern Orano (früher Areva) auch beim Uranabbau im Niger der größte Player ist. Noch in der französischen Kolonialzeit, im Jahr 1957, wurden erstmals Uranvorkommen im Niger entdeckt. Der Abbau startete 1971 und ist bis heute eine wichtige Einnahmequelle des bitterarmen Binnenlandes in Westafrika. In den 1970er-Jahren träumte man in der Bevölkerung des Niger noch von Reichtum durch den Uranboom, die im Norden gelegene Bergbaustadt Arlit sollte ein "zweites Paris" werden. Doch mit dem Verfall der Uranpreise in den nachfolgenden Jahrzehnten, vermehrte islamistische Anschläge - darunter im Mai 2013 auf die Uranmine in Arlit - und hohe Kriminalität in der Bergbauregion scheinen diese Träume zunächst ausgeträumt.
Orano ist Mehrheitseigentümerin der größten und ältesten nigrischen Uranabbaugesellschaft SOMAIR sowie der zweitgrößten Gesellschaft COMINAK, die im März 2021 ihre Mine nach fast fünf Jahrzehnten schloss. Ein weiteres Bergbauprojekt, an dem das französische staatliche Unternehmen maßgeblich beteiligt war, das als zweitgrößtes Uranvorkommen der Welt geltende Imouraren, wurde zwar 2012 gestartet, der kommerzielle Uranabbau hat wegen verschiedener Verzögerungen allerdings bis heute nicht begonnen. Die Ausbeutung von Uranvorkommen durch ein weiteres Bergbauunternehmen namens SOMINA, diesmal unter chinesischer Federführung, wurde zwar 2010 begonnen, bereits 2015 aufgrund von Schwierigkeiten und einer Kostenexplosion allerdings wieder eingestellt. Trotz der teils niedrigen Rentabilität des Uranabbaus und zahlreicher lokaler Probleme sind internationale Investoren, etwa aus China oder Kanada, aber bis heute an der Ausbeutung weiterer Uranvorkommen im Niger interessiert.
Angesichts der schwerwiegenden Auswirkungen des Abbaus der radioaktiven Erzes auf die Bevölkerung und die Umgebung steht der Uranbergbau allerdings auch immer wieder im Visier der Kritik. Die Umweltorganisation Greenpeace besuchte Ende 2009 die Bergbaustädte Arlit und Akokan und fand dort etwa erhöhte radioaktive Strahlungswerte, durch Uran verunreinigtes Wasser und verstrahlte Metallteile, die auf dem Markt zum Verkauf angeboten wurden. Obwohl Orano nach der Schließung der COMINAK-Mine eine umfassende Rehabilitierung des Tagebaus versprach, kritisieren Umweltschützer wie die französische Organisation CRIIRAD den mangelnden Schutz vor Radioaktivität und warnen vor den langfristigen Auswirkungen von radioaktivem Staub und Wasser auf die örtliche Bevölkerung und die Umwelt. Seit der Schließung der Mine türmen sich dort auf rund 120 Hektar Fläche bis zu 35 Meter hohe Abraumhalden. Eine Rehabilitierung über zehn Jahre soll 145 Mio. Euro kosten.
Lokale Aktivisten wie der langjährige Minenarbeiter Almoustapha Alhacen, Gründer der Organisation Aghirin'man, weisen seit Jahren auf "unerklärliche Krankheiten", vermehrte Fehlgeburten, radioaktiv verseuchtes Wasser, verendetes Vieh oder das starke Absinken des Grundwassers in den Bergbaugebieten hin. "Wir verseuchen die Grundwasservorräte in unserer Region und es gibt keinen sauberen Nachschub", sagte Alhacen bei einer UNO-Konferenz in New York im Mai 2010. "Man sagt, dass Uranabbau uns aus der Armut helfen wird, aber wir haben heute noch keine befestigten Straßen, kein sauberes Trinkwasser und keine Schulen für unsere Kinder."
( S E R V I C E:
Überblick der World Nuclear Association über Uranabbau im Niger: https://go.apa.at/lyQnGIv7
CRIIRAD zu Umweltauswirkungen des Uranabbaus im Niger: https://go.apa.at/b3RDq4Fm
Greenpeace-Bericht zur Situation in Arlit und Akokan (2010):
https://go.apa.at/mpM4ZY1v )
Zusammenfassung
- Wenn von der unsicheren Situation rund um den Militärputsch im Niger die Rede ist, ist der Begriff Uran nicht weit.
- Zwischen 20 und 30 Prozent des Urans für die Atomkraftwerke Frankreichs stammen von hier.
- Noch in der französischen Kolonialzeit, im Jahr 1957, wurden erstmals Uranvorkommen im Niger entdeckt.
- Überblick der World Nuclear Association über Uranabbau im Niger: https://go.apa.at/lyQnGIv7