Parlamentssanierung in der Zielgeraden
Erbaut wurde Österreichs Parlament nach den Plänen von Theophil Hansen in den Jahren 1874 bis 1883. Nach schweren Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg wurde es bis 1956 von den Architekten Fellerer & Wörle wiederaufgebaut. Damals entstand der neue Sitzungssaal des Nationalrats. Die nunmehrige Sanierung wurde vom Büro Jabornegg & Pálffy geplant.
Die Kosten wurden 2014 per Gesetz mit 352,2 Mio. Euro sowie 51,4 Mio. Euro für das Ausweichquartier festgelegt, jeweils samt 20-prozentiger Reserve. Diese wurde 2020 auch aktiviert. Die Schlussabrechnung soll Ende 2023 vorliegen, nach Parlamentsangaben besteht weiterhin ein finanzielles Restrisiko von zwei bis drei Prozent.
Einige Zahlen: Unter dem operativen Baumanagement der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) wurden 55.000 Quadratmeter Netto-Geschoßfläche in dem denkmalgeschützten Haus saniert, 40.000 m2 Böden abgebrochen und samt Technikinstallationen neu verlegt, 740 Fenster und 600 Türen saniert sowie 500 Luster in Schuss gebracht. Die Nutzfläche wurde um 10.000 Quadratmeter erhöht, durch neue Räume und ein 1.500 Quadratmeter großes Besucherzentrum ("Demokratikum") im Erdgeschoss. Neu sind auch 800 m2 Gastronomiefläche (vor allem im ausgebauten Dachgeschoß) und vier Terrassen mit insgesamt 400 m2 Fläche.
Highlight des Umbaus ist die Glaskuppel über dem Nationalratssitzungssaal mit 28 Metern Durchmesser und einer Fläche von 550 m2. Die Paneele sind elektrochrom, ihre Lichtdurchlässigkeit kann gesteuert werden. Im Saal wurde zuletzt noch bei der Akustik nachgebessert, durch Dämmmaterial im Unterboden und durchsichtigen Akustiksegeln in der Kuppel. Alle Abgeordneten bekommen Computeranschlüsse und ein Zehn-Zoll-Display.
Einer elektronischen Abstimmungsanlage - und damit der Transparenz ihres Stimmverhaltens - verweigern sich die Abgeordneten hingegen weiterhin. Die Geschäftsordnung des Parlaments müsste dafür entsprechend geändert werden. Auch nach der Komplettsanierung müssen Beobachter also vor Ort verfolgen, wer bei Abstimmungen anwesend ist, aufsteht (als Pro-Stimme) oder ablehnend sitzen bleibt. Technisch sei eine Nachrüstung aber leicht möglich, heißt es im Parlament, die Kabel dafür seien verlegt.
Direkt unter der Glaskuppel im Nationalratssaal entstand ein verglaster Rundgang für Besucherinnen und Besucher - das "Plenarium". Führungen können so auch während laufender Sitzungen stattfinden. In der Beletage übersiedelte der Bundesrat in den bisherigen Budgetsaal. Unter den beiden großen Sitzungssälen wurden zwei Ausschusslokale neu errichtet, u.a. für Untersuchungsausschüsse. Es wurden vier neue Haupttreppenhäuser gebaut.
Verbessert wurde die Sicherheitstechnik und Infrastruktur, auch für weitgehende Barrierefreiheit wurde gesorgt. Außen wurde die Fassade ringstraßenseitig restauriert, aber auch der Pallas-Athene-Brunnen und 44 Attika-Figuren aus Carrara-Marmor. Mit 1,8 Mio. Euro wurde zudem für Kunst im Parlament gesorgt - und das nicht nur mit einem angemieteten, gold-geschmückten Bösendorfer-Flügel.
Am 14. und 15. Jänner 2023 öffnet sich das wiedereröffnete Parlament den Bürgerinnen und Bürgern mit zwei Tagen der offenen Tür. Besichtigt werden können Nationalrats-, Bundesrats- und Bundesversammlungssaal, die Amtsräume von Nationalrats- und Bundesratspräsident, die Säulenhalle, das neue Besucherzentrum und die Bibliothek.
Zusammenfassung
- Mehr als fünf Jahre nach der Übersiedlung ins Ausweichquartier in der Wiener Hofburg geht die Sanierung des Parlaments in die letzte Runde.
- Am Montag wurden Journalisten durch das vom Keller bis aufs Dach renovierte und modernisierte Haus geführt.
- Die Rückübersiedlung läuft bereits, am 12. Jänner 2023 wird das Haus am Ring mit einem Festakt eröffnet.
- Neu sind auch 800 m2 Gastronomiefläche und vier Terrassen mit insgesamt 400 m2 Fläche.