Online-Portal würdigt Exilösterreicher im Kampf gegen Nazis
Lackner verweist auf jene Gruppe von Menschen, "die vom victim (Opfer, Anm.) zum victor (Sieger, Anm.) wurden". Es habe sich um meist aufgrund "rassischer" oder politischer Gründe verfolgte Personen gehandelt, die teilweise sogar bereits in Konzentrationslagern gesperrt gewesen waren, aber fliehen konnten und "am Ende auf Seiten der Siegermächte standen, in amerikanischer, britischer, sowjetischer oder französischer Uniform. Ihrer wird gerade in Deutschland oder Österreich kaum gedacht, ihr Beitrag zur Niederwerfung des NS-Regimes immer noch wenig gewürdigt", so der Historiker.
Diese Gruppe sei gar nicht so klein gewesen, Archivquellen würden allein für die britischen- und US-Streitkräfte weit über 10.000 Österreicherinnen und Österreicher nahelegen, oftmals mit jüdischen Wurzeln, aber bei weitem nicht ausschließlich. Sie hätten nicht nur mit der Waffe gedient, sondern auch bei den Nachrichtendiensten oder im Bereich der psychologischen Kriegsführung.
Wenn im kommenden Jahr dem Ende des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren gedacht werde, sollte "an ihre Courage erinnert werden - und an ihren oftmals mit einem hohen Preis bezahlten Beitrag zum Sieg über das NS-Regime", meint Lackner. Er hat gemeinsam mit Florian Traussnig ein zweisprachiges Online-Portal gestaltet, auf dem die Geschichte der rund 100 Exilösterreicher in der "10th Mountain Division" mit Kurzbiografien und Essays dargestellt wird.
Es handelte sich dem Zeithistoriker zufolge um den ersten und faktisch einzigen Großverband der US-Armee für den Gebirgskampf, in dem rund 100 Exilösterreicher dienten. So wie zwei Brüder aus der singenden Trapp-Familie oder der Skirennläufer Friedl Pfeifer aus Sankt Anton am Arlberg fungierten viele als Ski- oder Kletterlehrer. Rund die Hälfte von ihnen kämpfte auch in Italien, wo die "10th Mountain Division" ab Anfang 1945 versuchte, die von der Wehrmacht hartnäckig verteidigte "Gotenlinie" im nördlichen Apennin zu knacken. Der Erfolg der US-Soldaten wurde mit einem hohen Blutzoll erkauft, die "Verlustquote bei den 'österreichischen' GIs der Division, von denen der überwiegende Teil interessanterweise nicht aus dem gebirgigen Westen, sondern dem flacheren Osten des Landes stammte, lag bei beinahe 40 Prozent", so Lackner, dessen Buch "Wie ein junger Anwalt Tausende Juden rettete" (Kremayr & Scheriau) bei der aktuell laufenden Wahl des "Wissenschaftsbuch des Jahres" in der Kategorie "Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft" nominiert ist.
Ein ähnliches Portal über Österreicher in der britischen Armee ist laut dem Zeithistoriker in Vorbereitung. Als Beispiel dafür nennt Lackner das "No. 10 (Inter-Allied) Commando", das ab 1942 unter anderem für überfallsartige Angriffe auf den "Atlantikwall" an der französischen und holländischen Küste eingesetzt wurde. Von den mindestens 30 Österreichern in dieser Spezialeinheit der britischen Armee, fanden sieben den Tod, gut die Hälfte wurde verletzt, teils mehrfach.
(S E R V I C E - Online-Portal zu den Österreichern in der 10th Mountain Division: https://mountaintroops.lbg.ac.at/; ORF-Science-Gastbeitrag: https://go.apa.at/PMviVHqL)
Zusammenfassung
- Das Ludwig Boltzmann Institut würdigt Exilösterreicher, die im Zweiten Weltkrieg aufseiten der Alliierten kämpften. Ein neues Online-Portal stellt rund 100 Exilanten vor, die in der 10th Mountain Division der US-Armee dienten.
- Über 10.000 Österreicher kämpften in britischen und US-Streitkräften, oft mit jüdischen Wurzeln. Die Verlustquote bei den österreichischen GIs der 10th Mountain Division lag bei fast 40 Prozent.
- Ein ähnliches Portal über Österreicher in der britischen Armee ist in Vorbereitung. Im No. 10 (Inter-Allied) Commando fanden sieben der mindestens 30 Österreicher den Tod.