Menschenrechtsverstöße an EU-Grenzen oft nicht geahndet
Die Grundrechtebehörde FRA sah sich dafür ihren Bericht Grundrechtsverletzungen gegen Migranten und Flüchtlinge aus den Jahren 2020 bis 2023 an - dazu gehörten unterlassene Hilfeleistungen für Menschen in Not und Misshandlungen.
Opfer würden oft keine Beschwerde einlegen, weil sie den Behörden nicht trauen, Angst vor Konsequenzen hätten oder nicht mit den Prozeduren vertraut sind. Ermittlungen würden dann oft nicht unabhängig und grundlegend genug geführt. Zudem würden sie oft zu lange dauern. Weiters würden oft Beweise fehlen, besonders bei Rechtsverletzungen in abgelegenen Gegenden oder bei Nacht.
"Europa hat die Pflicht, jeden an den Grenzen fair, respektvoll und in voller Übereinstimmung mit den Menschenrechtsgesetzen zu behandeln. Dies erfordert wirksame und rechtskonforme Grenzverwaltungspraktiken, gestützt durch solide und unabhängige Untersuchungen aller Vorfälle", wird FRA-Direktorin Sirpa Rautio in einer Aussendung zitiert.
Die EU-Agentur hofft nun auf Verbesserungen durch den jüngst beschlossenen EU-Asyl- und Migrationspakt. Dieser verpflichte die EU-Mitgliedstaaten unter anderem dazu, Berichten über Menschenrechtsverletzungen an den Grenzen nachzugehen. Die FRA fordert die Behörden dazu auf, gemeldete Fälle von unabhängigen Stellen untersuchen zu lassen und regelmäßig Zahlen zu disziplinarischen und strafrechtlichen Verfahren, inklusive deren Ergebnisse, zu veröffentlichen.
Ebenfalls am Dienstag hat die Menschenrechtsorganisation Amnesty International die "Misshandlung" von Asylwerbern in einem geschlossenen Lager auf der griechischen Insel Samos angeprangert, meldete die Nachrichtenagentur AFP. Bei ihrer Ankunft auf Samos hielten die griechischen Behörden die Menschen "willkürlich und illegal" fest, zitierte die AFP einen am Dienstag veröffentlichten Amnesty-Bericht. Die Menschenrechtsorganisation warnte, die Bedingungen auf Samos dürften nicht als Vorlage für weitere Lager an den EU-Außengrenzen dienen.
Das ursprünglich auf 2.040 Menschen ausgelegte Lager sei im Oktober 2023 mit 4850 Insassen zudem deutlich überbelegt gewesen. Die Bewohner seien in "unwürdigen Lebensbedingungen" teils in Küchen oder Klassenzimmern untergebracht worden, urteilte Amnesty. "All das geschieht in einer von der EU finanzierten Einrichtung, die den europäischen Standards entsprechen soll", sagte Deprose Muchena, leitender Direktor für regionale Auswirkungen auf Menschenrechte bei Amnesty.
Nach einem verheerenden Brand im Lager Moria auf der griechischen Insel Lesbos im Jahr 2020 hatte die EU-Kommission in Brüssel Gelder in dreistelliger Millionenhöhe für neue Einrichtungen an den EU-Außengrenzen bereitgestellt. Damit soll auch die umfassende EU-Asylreform umgesetzt werden, die ab Mitte 2026 greifen soll und schärfere Kontrollen an den europäischen Außengrenzen sowie die schnellere Abschiebung von Asylbewerbern vorsieht.
Mitte Juli hatte auch die Anti-Folter-Kommission des Europarats in Straßburg scharfe Kritik an den Bedingungen in geschlossenen Lagern an den EU-Grenzen geübt. Die Lebensumstände "zahlreicher Menschen" in den Lagern könnten "nur als unmenschlich und herabwürdigend" beschrieben werden, urteilte das Menschenrechtsgremium in einem Bericht.
Zusammenfassung
- Viele Menschenrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen werden nicht ausreichend geahndet, so die EU-Agentur für Grundrechte (FRA) in einem Bericht über die Jahre 2020 bis 2023.
- Amnesty International prangert die Misshandlung von Asylwerbern in einem überbelegten Lager auf der griechischen Insel Samos an, das im Oktober 2023 statt für 2.040 Menschen für 4.850 Insassen Platz bot.
- Die EU-Kommission hat nach dem Brand im Lager Moria Gelder in dreistelliger Millionenhöhe für neue Einrichtungen an den EU-Außengrenzen bereitgestellt, um die umfassende EU-Asylreform umzusetzen.