Aiwanger: "Seit dem Erwachsenenalter kein Antisemit"
Der stellvertretende Ministerpräsident Bayerns und Chef der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, war am Wochenende wegen eines antisemitischen Flugblatts unter Druck geraten.
Söder fordert Aufklärung
Aiwanger hatte am Samstagabend schriftlich zurückgewiesen, in den 1980er Jahren ein antisemitisches Flugblatt geschrieben zu haben, über das die "Süddeutsche Zeitung" berichtet hatte. Gleichzeitig räumte er aber ein, es seien "ein oder wenige Exemplare" in seiner Schultasche gefunden worden.
Kurz darauf gestand Aiwangers älterer Bruder ein, das Pamphlet geschrieben zu haben. Später sagte er, er glaube, dass sein Bruder Hubert die Flugblätter wieder habe einsammeln wollen.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hält in der Affäre bis auf Weiteres an seinem Vize fest, erhöht aber den Aufklärungsdruck: Der Freie-Wähler-Chef soll nun 25 Fragen schriftlich beantworten, wie Söder nach einer Sondersitzung des Koalitionsausschusses am Dienstag in München sagte. Danach soll es eine abschließende Bewertung geben.
"Seit dem Erwachsenenalter kein Antisemit"
Er sei "weder Antisemit, noch Extremist", sondern ein "Menschenfreund" erklärte Aiwanger nun in einem Interview der "Welt", auf die Affäre angesprochen.
Der ein oder andere Vorfall aus der Jugendzeit könne "so oder so interpretiert" werden – insgesamt "wundere ihn etwas" die Diskussion darüber. Die letzten Jahrzehnte, "seit dem Erwachsenenalter" sei er kein Antisemit, meint der bayerische Wirtschaftsminister.
Könnte in seinen Schulakten noch etwas gefunden werden, was ihn belasten würde, fragt ihn der Reporter. Aiwangers Antwort? "Lassen wir uns überraschen, was mir da jemand unter die Nase halten will".
https://twitter.com/JHillje/status/1696907188281790620
Mitschüler: Aiwanger soll Hitlergruß gezeigt haben
Außerdem wurden am Mittwoch weitere Vorwürfe gegen Aiwanger bekannt. So soll der 52-Jährige in seiner Schulzeit beim Betreten des Klassenzimmers ab und zu "einen Hitlergruß gezeigt" haben, wie ein frühere Mitschüler dem ARD-Magazin "Report München" sagte.
Aiwanger habe oft Hitler-Reden nachgemacht und habe damit "auffallen" wollen. Auch Witze über Juden und das KZ Auschwitz habe dieser "definitiv" erzählt. Welche Gesinnung dahinter gesteckt habe, könne man nur schwer sagen, so der ehemalige Mitschüler. Auf dpa-Anfrage antwortete Aiwanger zunächst nicht darauf.
Zusammenfassung
- Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger muss sich wegen eines antisemitischen Flugblatts erklären.
- In einem Interview erklärt er nun: Er sei "seit dem Erwachsenenalter" kein Antisemit.
- Außerdem wurden weitere Vorwürfe gegen Aiwanger bekannt.
- Laut einem ehemaligen Mitschüler soll dieser während seiner Schulzeit ab und zu "einen Hitlergruß gezeigt" haben.