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EU-Lexikon: Was macht das Europäische Parlament?

Oft wird der Europäischen Union vorgeworfen, über die Bürger hinweg zu entscheiden. Dennoch ist das Europäische Parlament das erste und einzige direkt gewählte überstaatliche Parlament der Welt.

Vom 6. bis 9. Juni sind die Bürgerinnen und Bürger in den 27 Staaten der Europäischen Union dazu aufgerufen erneut ihre Volksvertreter auf europäischer Ebene zu wählen.

Worum geht es eigentlich?

Seit der ersten Direktwahl 1979 gibt es alle fünf Jahre eine Wahl. Rund 350 Millionen Wahlberechtigte entscheiden heuer über insgesamt 720 Abgeordnete. Kleine Staaten sind im EU-Parlament überproportional vertreten. So repräsentiert ein EU-Abgeordneter aus Malta gut 86.000 Einwohner, während es bei einem seiner deutschen Kollegen etwa zehn Mal so viele sind. In Österreich dürfen alle Staatsbürger sowie im Land wohnenden EU-Bürger ab 16 Jahren die 20 österreichischen EU-Abgeordneten wählen. Die 16- und 17-Jährigen werden am Wahltag rund 155.000 Personen umfassen, 14.400 davon sind in Österreich ansässige EU-Bürgerinnen und EU-Bürger.

Warum ist das wichtig?

Gemeinsam mit den Vertreterinnen und Vertretern der Regierungen der EU-Staaten hat das EU-Parlament die Aufgabe, neue Gesetze zu gestalten und zu beschließen. Diese Gesetze betreffen sämtliche Lebensbereiche, zum Beispiel in den Bereichen Umweltschutz (Nutzung von Glyphosat, EU Green Deal), Verbraucherrechte (Roaming-Gebühren), Verkehr (Maut), Kapital (Euro), Waren (Im- und Export) und Dienstleistungen (Entsenderichtlinie).

Zudem muss das EU-Parlament das europäische Budget mitbeschließen und über die Verwendung der Mittel mitentscheiden. Außerdem wählt es den Präsidenten und die Mitglieder der Europäischen Kommission, die dem Parlament Rechenschaft ablegen muss. Das EU-Parlament kann aber auch die EU-Kommission auffordern, innerhalb von zwölf Monaten einen Gesetzesvorschlag vorzulegen. Alle Dokumente des EU-Parlaments werden in sämtlichen Amtssprachen der EU veröffentlicht. Das sind insgesamt 24 Sprachen.

Welche politischen Parteien sitzen im EU-Parlament?

Derzeit gibt es im Europäischen Parlament sieben Fraktionen, die sich über das gesamte politische Spektrum verteilen. Eine Fraktion muss mindestens 23 Abgeordnete umfassen, die in mindestens einem Viertel der Mitgliedstaaten gewählt wurden. Je nach ihrer politischen Ausrichtung im Nationalstaat können sich die Parlamentarier ihnen anschließen.

Sie dürfen aber auch fraktionslos bleiben. Da die Fraktionszugehörigkeit jedoch auch mit Vorteilen verbunden ist, sind derzeit alle österreichischen EU-Abgeordneten in Fraktionen organisiert. Im aktuellen Parlament ist die konservative "Europäische Volkspartei" (EVP) mit 178 Mitgliedern (7 ÖVP) die derzeit größte Gruppierung. Danach folgen die "Progressive Allianz der Sozialdemokraten" (S&D) mit 140 Sitzen (5 SPÖ) und die liberale "Renew Europe" mit 102 Personen (1 NEOS).

Die Fraktion "Grüne/Freie Europäische Allianz" zählt 72 Abgeordnete (3 aus Österreich), die rechte Fraktion "Identität und Demokratie" (ID) verfügt über 59 Abgeordnete (3 FPÖ). Die Fraktion der "Europäischen Konservativen und Reformer" (EKR) umfasst 68 und die kleinste Fraktion der Linken 37 Sitze. In ihnen sind keine Österreicherinnen und Österreicher vertreten.

Wann und wo kommt das Europäische Parlament zusammen?

Das EU-Parlament hat seinen Sitz in Straßburg in Frankreich, wo monatlich Plenartagungen und Haushaltstagungen abgehalten werden. Zusätzliche Plenartagungen und Treffen der Ausschüsse des Parlaments finden in Brüssel statt. Die zwei Standorte sorgen immer wieder für Diskussionen, sind aber eng mit der Geschichte der EU verbunden.

So gilt Straßburg als Symbol für den Frieden zwischen Deutschland und Frankreich und wurde deswegen als Standort ausgewählt. In Brüssel (Belgien) hat sowohl die EU ihren Hauptsitz als auch die NATO. Um eng mit den anderen EU-Institutionen zusammenarbeiten zu können, befindet sich ein Arbeitsstandort des Europäischen Parlaments in Brüssel.

Ein dritter Standort des EU-Parlaments ist Luxemburg, wo sich das Generalsekretariat mit seinen Dienststellen befindet.

Nur noch 100 Tage bis zur EU-Wahl

ribbon Zusammenfassung
  • Oft wird der Europäischen Union vorgeworfen, über die Bürger hinweg zu entscheiden.
  • Dennoch ist das Europäische Parlament das erste und einzige direkt gewählte überstaatliche Parlament der Welt.
  • Vom 6. bis 9. Juni sind die Bürgerinnen und Bürger in den 27 Staaten der Europäischen Union dazu aufgerufen erneut ihre Volksvertreter auf europäischer Ebene zu wählen.