Befürworter drücken beim EU-Impfpass aufs Tempo
Kurz zeigte sich erfreut darüber, dass es beim EU-Videogipfel am Donnerstagabend "viel Unterstützung gab für einen europaweiten Grünen Pass für Getestete, Genesene sowie Geimpfte". Die EU-Kommission würde nun konkrete Vorschläge ausarbeiten, berichtete Kurz am Freitag. Die technischen Vorarbeiten für den digitalen Impfpass sollen allerdings noch mindestens drei Monate dauern. Und über die Erleichterungen ist politisch noch nicht entschieden.
Den Zeitrahmen hatte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel nach dem ersten Tag des EU-Gipfels am Donnerstagabend genannt. In der Frist wolle die EU-Kommission die technischen Voraussetzungen dafür schaffen, nationale digitale Impfausweise miteinander zu verbinden. Erwogen wird zum Beispiel ein personalisierter QR-Code auf Papier oder Smartphone, der überall in der EU ausgelesen werden könnte. Die EU-Kommission hält das fristgerecht für machbar, wie es am Freitag in Brüssel hieß. Welche Rechte an das gemeinsame Dokument geknüpft sind, wird aber wohl auch künftig jedes Land für sich entscheiden.
Länder wie Österreich, Bulgarien oder Griechenland sind dafür, Geimpften, Getesteten und Genesenen wieder mehr Freiheiten einzuräumen. Es sind vor allem die Reiseländer, die auf Urlauber hoffen. An ihrer Seite haben sie die Reisebranche. Tui-Chef Fritz Joussen sagte am Freitag: "Mit einem EU-einheitlichen Nachweis kann die Politik jetzt eine wichtige Basis für das Reisen im Sommer schaffen." Schnelltests seien ein zweiter Baustein.
Merkel sagte hingegen mit Blick auf mögliche Vorteile für Geimpfte: "Alle haben heute darauf hingewiesen, dass das zurzeit bei der geringen Durchimpfung der Bevölkerung gar nicht das Thema ist. Aber man muss sich ja vorbereiten." Das heiße nicht, dass künftig nur reisen dürfe, wer einen Impfpass habe. "Darüber sind überhaupt noch keine politischen Entscheidungen getroffen", sagte Merkel.
In Österreich traf der Vorstoß des Kanzlers auch auf kritische Stimmen, insbesondere aus den Reihen der Oppositionsparteien SPÖ, NEOS und Grüne. Auch die rot-pink geführte Wiener Landesregierung hat massive Datenschutzbedenken. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) kündigte Gespräche an.
Thomas Lohninger von der NGO epicenter.works sagte am Donnerstagabend im ORF, es wäre ein "Datenschutz-Super-GAU", wenn der Impfpass als App und Zutrittskontrolle konzipiert werde. "Da reden wir eher von 2023", sagte er zum Zeitplan. Dagegen meinte der Facebook-Kritiker Max Schrems am Donnerstag gegenüber der APA: "Wenn es technisch ordentlich gemacht ist, spricht nichts dagegen, rechtlich jedenfalls zulässig."
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen sagte, die EU-Staaten müssten sich mit ihren nationalen Impfausweisen beeilen, wenn es bis zum Sommer klappen solle. Die Grünen-Europaexpertin Franziska Brantner warnte vor einem europäischen Fleckerlteppich. Es stelle sich "die Frage, wie schnell die Bundesregierung eine digitale Version des Impfpasses überhaupt umsetzen kann", sagte Brantner der "Rheinischen Post".
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther hält es für denkbar, Corona-Impfnachweise auch bei Reisen innerhalb Deutschlands zu nutzen. "Ich kann mir das auf jeden Fall vorstellen", sagte der CDU-Politiker den Sendern RTL/ntv. Den geplanten EU-Impfpass bezeichnete er als sinnvolles Instrument. Sobald allen Bürgern ein Impfangebot gemacht worden sei, könne man damit weitere Öffnungsschritte verantworten.
Zusammenfassung
- Bei den Plänen der EU-Staaten für einen digitalen Corona-Impfnachweis fordern Politiker und die Reisebranche die rasche Klärung der Details.
- "Wir müssen hier möglichst schnell in die Umsetzung kommen", betonte auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Freitag.
- Die EU-Kommission würde nun konkrete Vorschläge ausarbeiten, berichtete Kurz am Freitag.
- Die EU-Kommission hält das fristgerecht für machbar, wie es am Freitag in Brüssel hieß.