APA/Christoph Griessner

SOHO in Ottakring spürt der Klimagerechtigkeit nach

Vor 25 Jahren wurde SOHO in Ottakring begründet, und immer noch ist die Teilhabe ein wesentliches Merkmal der Kunstinitiative. Aktuell zeigt sich das bei der neuen Ausstellung "Eine kollektive Reise zu Klimagerechtigkeit", die ab Freitag in den SOHO Studios im Sandleitenhof zu sehen ist: Fünf unterschiedliche künstlerische Positionen laden hier in mehrfacher Hinsicht zum Mitmachen und Austauschen ein. Dabei treffen tierische Laute auf Protest und gemeinsames Zopfen.

"Schon seit vielen Jahren beschäftigen wir uns mit den Themen Natur und Umwelt", erklärte Marie-Christine Hartig vom Leitungsteam bei einer Presseführung am Mittwoch. "Ganz wichtig ist uns, dabei vor allem die sozialen Aspekte hervorzuheben", sei der Klimawandel doch "stark mit sozialen und politischen Fragen des Zusammenlebens verbunden. Das fungiert hier auch als Ankerpunkt." Gerade angesichts jüngster politischer Entwicklungen im In- wie Ausland müsse man sich vor Augen halten, "dass in einer Demokratie Klimamaßnahmen auch abgewählt werden können", ergänzte ihre Kollegin Ula Schneider. Um Wissen und Handlungsmöglichkeiten zu vermitteln, setze man folglich "konkrete und praktische Schwerpunkte".

Direkt ins Handeln kommt, wer sich etwa auf den "Common Ground" begibt: Entstanden im Rahmen der Klasse für Alle an der Angewandten, gibt es die dahinterstehende Common Ground Group seit 2022 in wechselnder Besetzung. In dieser Zeit wurden mehr als 30 Sessions mit über 500 Teilnehmenden abgehalten, die gemeinsam aus Stoffresten Zöpfe flechten, die wiederum zu einem großen Teppich verknüpft werden. Neben diesem mittlerweile über fünf Meter im Durchmesser einnehmenden "Work in progress" soll der Entstehungsprozess allen voran zum Diskurs über ökosoziale Themen anregen. Vier weitere Sessions finden während der Ausstellung statt, man kann aber auch jederzeit einen Zopf "hinterlassen", der dann eingefügt wird.

Als Tier fühlt man sich hingegen im "Beaver Land" von Fabian Holzinger und Franziska Thurner: Sie begleiten seit vier Jahren eine Biberfamilie bei Linz, der durch Fotografie, Sound und Video nachgespürt werden kann. In einem Spiel lässt sich außerdem die Rolle eines von 20 Tieren einnehmen, die im und rund um das Ökosystem eines Damms leben. "Biber sind uns Menschen nicht unähnlich", so Holzinger. "Sie sind sehr soziale Wesen, leben in Familienverbänden, besetzen Territorien und bauen ihre eigene Infrastruktur." Auch ihre Rolle bei Dürreprävention oder Hochwasserschutz zeige, "dass wir nicht die einzige Spezies mit Expertise auf bestimmten Gebieten sind".

Der indigenen Siona-Gemeinde in Ecuador hat sich David Osthoff mit einem laufenden Projekt genähert: Die Gemeinschaft lebt in einem abgelegenen Naturreservat, das aktuell aufgrund der wirtschaftlichen Lage des Landes in Gefahr geraten ist. Zudem verfügt die Gruppe von rund 600 Menschen seit kurzem über Internetzugang, was völlig neue Herausforderungen mit sich bringt. Den Gegensatz aus einem Leben im Einklang mit der Natur und den Implikationen des technologischen Fortschritts bringt Osthoff mit einem Videoloop, das eine ruhige Flussfahrt zeigt, sowie aus dem Off eingespielten Interviews zum Ausdruck.

Die "Kollektive Freude im Widerstand" propagiert eine Installation, die unter der Leitung von Susana Ojeda entstanden ist: Für Demonstrationen wie dem Internationalen Frauentag am 8. März wurden unterschiedliche Medien gestaltet, von Schildern über recycelte Kleidung bis zu einem großen, roten Netz, mit dem der Aktivismus in die Straßen getragen wurde. Auf einer Wand werden die Besucher zudem eingeladen, mittels Schablonen selbst Sätze des Widerstands zu hinterlassen. Und um Hinterlassenschaften geht es letztlich auch bei "Sensible Systeme", konzipiert von Ursula Gaisbauer. Fünf Keramiktafeln, die im Rahmen der Klima Biennale 2024 entstanden sind, verdeutlichen die fünf großen Massensterben der Erdgeschichte. "Es ist der Versuch, sich komplexe Theorien und Wissen durch einfache Mittel anzueignen", sagte Gaisbauer. Hier eben: Ton und die eigenen Hände, mit denen die ausgestorbenen Lebewesen geformt wurden.

Begleitend zur bis 1. Dezember laufenden Ausstellung gibt es Führungen, Workshops und Besuche anderer Institutionen. An zwei Terminen lässt sich außerdem das städtische Biberrevier im Wienerwald erkunden, wobei eine "Spurensuche zwischen menschlicher und nicht-menschlicher Infrastruktur" versprochen wird.

(S E R V I C E - SOHO in Ottakring, Ausstellung "Eine kollektive Reise zu Klimagerechtigkeit: gemeinsam lernen, gemeinsam handeln" von 8. November bis 1. Dezember, Mi-So von 15-20 Uhr in den SOHO Studios im Sandleitenhof, Wien 16, Liebknechtgasse 32, www.sohostudios.at)

ribbon Zusammenfassung
  • Die Ausstellung 'Eine kollektive Reise zu Klimagerechtigkeit' im SOHO in Ottakring präsentiert fünf künstlerische Positionen, die soziale Aspekte des Klimawandels beleuchten und zum Mitmachen einladen.
  • Das Projekt 'Common Ground' hat in über 30 Sessions mehr als 500 Teilnehmende zusammengebracht, um aus Stoffresten einen großen Teppich zu flechten, der zum Diskurs über ökosoziale Themen anregen soll.
  • Die Ausstellung, die bis zum 1. Dezember läuft, bietet Führungen, Workshops und eine Erkundung des städtischen Biberreviers im Wienerwald an.