Amazon-Supermärkte: Billige Arbeitskräfte statt KI
Seit 2016 gibt es die kassenlosen "Amazon-Fresh"-Supermärkte, sie wurden als großer technischer Fortschritt im Lebensmittelhandel verkauft.
Statt in langen Schlagen bei einer Kassa anstehen zu müssen, konnten Kund:innen die Waren einfach aus den Regalen nehmen. Eine komplexe Kombination aus Kameras, Sensoren, Objekterkennung, Machine Learning und einer Künstlichen Intelligenz (KI) sollte mitbekommen, was die Kund:innen gekauft hatten.
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Erst nach dem Verlassen des Geschäfts wurde Kund:innen dann eine Rechnung ausgestellt.
Es schien, als ob die kassenlose Abwicklung eines Einkaufs komplett automatisiert sei. "Ohne die Technologie zu kennen, fühlt es sich an wie Magie", beschrieb der Wissenschaftler und Amazon-Vizepräsident Gérard Medioni das Konzept.
KI-Kontrolle nach Indien ausgelagert
Doch von Magie konnte laut einem Bericht des US-Tech-Magazin "The Information" nicht die Rede sein. Statt einer automatisierten KI hätten sich die "Just Walk Out"-Supermärkte auf mehr als 1.000 Mitarbeiter:innen aus Indien verlassen.
Sie hätten Videos der Einkäufe angeschaut und beschriftet, um so eine korrekte Abrechnung zu gewährleisten. Die Kassierer:innen wurden also offenbar einfach nur an einen anderen Ort verlegt und verfolgten die Kund:innen virtuell.
Video: Wie die KI uns zum Kaufen verführt
Das sei aber nicht das einzige Amazon Fauxpas gewesen. So dauerte es laut "The Information" oft Stunden, bis Kund:innen eine Rechnung erhielten, eben weil Kassierer:innen die Videos erst sichten und Artikel den Käufer:innen zuordnen mussten. Etwa 700 von 1.000 "kassenlosen" Verkäufen hätten ab 2022 menschliche Gutachter:innen gebraucht.
Amazon wies diese Zahlen gegenüber dem Gadget-Blog "Gizmodo" zurück. "Eine kleine Minderheit" an Mitarbeiter:innen würde aber die Einkäufe validieren, wenn die KI diese nicht bestimmen könne.
Infolge der PULS 24 Berichterstattung erklärte ein Amazon-Sprecher: "Wir haben im letzten Jahr viel Zeit in die Neugestaltung einiger unserer Amazon Fresh-Geschäfte investiert, um ein besseres Einkaufserlebnis mit mehr Wert, Komfort und Auswahl zu bieten - und bisher haben wir positive Ergebnisse gesehen: höhere Kundenzufriedenheit und mehr Einkäufe." Kund:innen hätten den Vorteil des Überspringens von Kassenschlangen genossen, hätten aber auch die Möglichkeit gewollt, "ihren Kassenbon während des Einkaufs zu sehen und zu wissen, wie viel Geld sie beim Einkaufen im Geschäft gespart haben."
Smarte Einkaufswagen
Nun sattelt Amazon bei seinen Lebensmittelgeschäften daher um und setzt fortan auf vernetzte Einkaufswagen mit Kameras. Diese "Dash Carts" zeigen auf einem Display den Preis der Waren und den Gesamtwert des Einkaufs an. Man muss die Artikel dafür vor die Kamera des Einkaufswagens halten.
Am Ende des Einkaufs kann der Kunde das Geschäft an den Kassen vorbei verlassen und der Betrag wird über seinen Amazon-Account abgebucht. Für Leute, die das nicht nutzen wollen, gibt es auch traditionelle Kassen.
In den "Amazon Go"-Supermärkten soll das "Just Walk Out"-Konzept jedoch erhalten bleiben, sagte eine Sprecherin des Konzerns am Dienstag. Auch in den kleineren "Fresh"-Geschäften in Großbritannien bleibe es im Einsatz. Amazon bietet die Technologie außerdem anderen Einzelhändlern an.
Update: Dieser Artikel wurde am 08.04.2024 um eine Stellungnahme von Amazon ergänzt.
Zusammenfassung
- In den USA konnten Kund:innen in Amazon-Supermärkten einfach Artikel aus den Regalen greifen und den Laden verlassen - Kameras und Sensoren verfolgten den Kauf mit.
- Alles schien automatisiert, in Wahrheit aber wurde die Kontrolle der Aufnahmen an Mitarbeiter in Indien ausgelagert.
- Sie hätten Videos der Einkäufe angeschaut und beschriftet, um so eine korrekte Abrechnung zu gewährleisten.
- Nun sattelt Amazon bei seinen Lebensmittelgeschäften um und setzt fortan auf vernetzte Einkaufswagen mit Kameras.