Rockerbande soll Bekannten monatelang gequält haben
Der 33-jährige Wiener und der 45-jährige Niederösterreicher hatten 2021 den Klub in dem kleinen Heimatort des Älteren im Bezirk Neunkirchen gegründet. Die Freunde betonten mehrmals vor Richter Christoph Bauer, dass es sich nicht um einen Motorradklub, sondern um eine Zusammenkunft aus militärischem Interesse gehandelt habe.
Im Frühjahr 2022 lernten die beiden das spätere Opfer beim Verkaufsgespräch von Finanzierungen kennen. Der 27-Jährige erwähnte bei der Unterhaltung, dass er geschieden sei und sein Kind bei Pflegeeltern leben würde. Seine Ex-Frau hätte in der Zwischenzeit von ihrem neuen Lebenspartner noch ein Kind bekommen und er würde sich um dieses nun Sorgen machen. "Und das geht Sie jetzt genau was an?", fragte der Richter den 27-Jährigen. Er hätte die Lebensumstände herausfinden wollen, um dem Jugendamt Bescheid zu geben, meinte er.
Der 45-jährige Angeklagte hätte bei dem Gespräch dann erwähnt: "Naja, sowas kann man ja herausfinden." Daraufhin wurde zwischen den beiden per Handschlag vereinbart, dass sich der nun Beschuldigte um die Angelegenheit für eine Gage in der Höhe von 3.600 Euro kümmern und Informationen dazu liefern würde. "Da das ein Batzen Geld für mich ist, hab' ich gemeint, ich müsste das erst besorgen und hab' gesagt, ich meld' mich wieder, wenn ich das Geld habe", sagte der 27-Jährige.
Doch kurze Zeit später erhielt er die erste Nachricht, wo denn das Geld bleiben würde. Dann sei der 33-jährige Zweitangeklagte an der Arbeitsstelle des Mannes erschienen, hätte ihm 1.000 Euro "als Anzahlung" abgeknöpft und ihm einen Faustschlag mit den Worten "den soll ich dir vom Chef ausrichten" verpasst. Immer wieder soll es über Nachrichten zu Drohungen gekommen sein. "Wenn ich etwa Einladungen nicht nachgekommen bin, hat es geheißen: 'Das kostet 400 Euro'", erzählte der 27-Jährige. Um den Forderungen Nachdruck zu verleihen, wurde der junge Mann immer wieder geschlagen. Ein weiteres Mal wurde mit einer Stahlkugel aus einer Softgun auf sein Knie geschossen. Ein anderes Mal wurde ihm eine Kalaschnikow an den Kopf gehalten. Die Staatsanwältin sprach in ihrem Eröffnungsplädoyer von "einem System, das auf Druck, Angst und Einschüchterung basiert".
Immer wieder betonte der 27-Jährige in den Chat-Nachrichten, dass er seine Ruhe haben möchte. Im Dezember 2022 erhielt er dann eine Mitteilung, dass ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt sei und er möge seine Körpermaße bekannt geben. "Wichtig, muss Aushubmenge berechnen", hieß es in der Nachricht. Laut Staatsanwältin hätte der 27-Jährige annehmen müssen, dass für ihn ein Grab geschaufelt werde. "Ja, ich hatte große Angst", sagte der Mann. An dem Tag, als die Nachricht kam, wollte er nicht mehr nach Hause fahren, "weil ich Todesangst hatte".
Wieder musste der 27-Jährige dem Duo 6.000 Euro überreichen, um für ein Kilogramm Marihuana zu zahlen, das er weiterverkaufen sollte. "Er wurde zum Gras-Dealen gezwungen", sagte die Staatsanwältin. Das hatte der 27-Jährige auch noch versucht, um seine Schulden zu bezahlen, doch sei dabei "kläglich gescheitert", wie er im Zeugenstand berichtete. Aufgrund chronischer Schmerzen habe er einen Teil selbst konsumiert.
Wenig später ging der 27-Jährige auf Anraten seiner Lebensgefährtin zur Polizei und erstattete Anzeige, zunächst wollte er aus Angst keine Namen nennen, tat es im Jänner 2023 dann aber doch. Im März 2023 wurden die beiden - einer von ihnen ist gerichtlich unbescholten - festgenommen und sitzen seitdem in U-Haft. Insgesamt hat der 27-Jährige den Männern 11.000 Euro überreicht.
Die beiden dürften kurz vor ihrer Festnahme noch ein weiteres Druckmittel konstruiert haben. Weil der 27-Jährige einmal bei einem Treffen sein Handy vergessen hatte, soll der 33-Jährige Bilder, auf denen Kindesmissbrauch zu sehen ist, hochgeladen und mit der Absender-Adresse des 27-Jährigen auf die dienstliche E-Mail-Adresse des 33-Jährigen gesendet haben. Weil der 33-Jährige zu diesem Zeitpunkt bereits außer Dienst gestellt wurde und seine Mails direkt an seinen Chef weitergeleitet wurde, erhofften sich die beiden Männer laut Staatsanwältin hier noch weiter Druck gegen den jungen Mann aufzubauen. Der ehemalige Chef des 33-Jährige erstattete nach Erhalt des Mails umgehend Anzeige.
Die beiden Angeklagten gaben die ihnen zur Last gelegten Taten - Besitz und Weitergabe von Kindesmissbrauchsmaterial, Körperverletzung, Drogendelikte und schwere Erpressung - zum Teil zu. Doch an viele Details konnten sie sich nicht mehr erinnern. "Wir waren noch in der Aufbauphase des Klubs", sagte der 33-Jährige. Aber mehr als die beiden Mitglieder erreichte der Verein nicht. "Mehr Schein als Sein", meinte der Richter. "Was haben Sie denn miteinander geredet, weil Sie hatten ja nicht einmal Motorräder, worüber Sie reden könnten", fragte der Vorsitzende des Schöffensenats. "Wie wir Leute bekommen, wie man größer wird", meinte der 45-Jährige. Von den Drohungen habe er nichts gewusst. Und woher er die Drogen erhalten habe, wollte er nicht sagen. "Ich will meine Quelle nicht verraten. Die haben gesagt, die schneiden mir den Kopf ab", meinte der 45-Jährige.
Der 33-Jährige gab sich auch nicht sehr auskunftsfreudig. "Ich war mehr mit dem Einkassieren beschäftigt, als mit anderem", meinte der Wiener. Aufgrund seiner Drogensucht war "meine Hemmschwelle sehr niedrig und ich hatte das Verlangen, ihn zu schlagen", sagte der Beschuldigte. "Sie waren doch nur zwei Mitglieder des Vereins, da werden Sie doch darüber geredet haben", meinte der Richter. Wenn er die Drohnachrichten nicht geschrieben habe, dann sei das der 45-Jährige gewesen, das sei eine "logische Schlussfolgerung", meinte der 33-Jährige. "Mit Logik kommen wir heute nicht weit", meinte der Richter. Die Verhandlung wurde für weitere Zeugenaussagen auf den 16. August vertagt.
Zusammenfassung
- Zwei Mitglieder eines erst kürzlich gegründeten Rockerklubs haben sich am Mittwoch am Wiener Straflandesgericht wegen zahlreicher Straftaten - darunter auch schwere Erpressung - verantworten müssen.
- Die beiden Männer sollen einen Bekannten monatelang geschlagen, bedroht und Geld von ihm erpresst haben.
- Insgesamt hat der 27-Jährige den Männern 11.000 Euro überreicht.
- Der ehemalige Chef des 33-Jährige erstattete nach Erhalt des Mails umgehend Anzeige.