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Lehrer am Limit: "Manche schleppen sich halbkrank in die Schule"

Lehrer:innen an Wiens Schulen sehen sich einer Dauerbelastung ausgesetzt. Die Gründe sind die vielen Aufgaben, die über das Unterrichten hinausgehen, und der immerwährende Personalmangel. In aller Deutlichkeit: "Es funktioniert nicht" mehr, sagt Lehrergewerkschafter Thomas Krebs zu PULS 24. Deshalb wolle man bei einer Kundgebung am Donnerstag laut werden.

Zum Schulstart versprühten Politik und Bildungsdirektion noch Zuversicht, was den Lehrer:innenmangel an Wiener Schulen betrifft. Es sei gelungen, die meisten offenen Stellen in den Schulen zu besetzen, erklärte der interimistische Bildungsdirektor Arno Langmeier vor der Presse im September. 

Eineinhalb Monate später schaut die Welt aber anders aus. Es gebe "zu viele Warnrufe", die Situation an den Schulen sei "höchst angespannt", sagt Thomas Krebs vom Zentralausschuss der Wiener Pflichtschullehrer zu PULS 24. Dass "jede Klasse in Wien" besetzt sei, sei eine "temporär richtige Aussage" zum Schulbeginn gewesen. Die Realität sei nun eine andere.

Es gebe große Klassen, in manchen Fällen müssten – aus pädagogischen Zwecken – Klassen gesplittet werden oder es brauche zusätzliches Personal. Doch an letzterem mangelt es nach wie vor

Es müsse endlich über die "schulische Realität" gesprochen werden, so Krebs. Deshalb veranstaltet die Gewerkschaft am Donnerstag eine Kundgebung, um genau auf jene aufmerksam zu machen. "Es braucht eine Bestandsaufnahme, was und wie decken wir das ab. Woran mangelt es uns? Und dann muss man einen Notfallplan erstellen", so Krebs. 

Der Personalmangel äußert sich derzeit etwa im Fach Mathematik. "Man wird für die Mittelschule künftig keine Mathematiker bekommen", sagt er. In der Sekundarstufe mangelt es etwa an Musiklehrer:innen. Ähnlich ist es beim Sport. Grund dafür sind auch die hohen Anforderungen, die viele davon abhalten würden, final zu unterrichten. 

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"Es funktioniert nicht mehr" 

"Es funktioniert nicht mehr, wir sind ständig im Notbetrieb", fasst er zusammen. Es fehle an Zeit, in der sich Lehrer:innen dem Unterrichten widmen können. Grund dafür sind die vielen zusätzlichen Aufgaben, die Lehrer:innen übernehmen müssen, die aber nichts mehr mit pädagogischer Arbeit zu tun haben. 

"Wir beschäftigen uns mit Tätigkeiten, die nicht in unseren Aufgabenbereich fallen", erläutert er. Etwa mit der organisatorischen Vorarbeit für das Impfen an Schulen, da es an Schulärzt:innen mangelt. 

Auch die pädagogische Arbeit bringt vermehrt Herausforderungen mit sich. Etwa die mangelnden Sprachkenntnisse mancher Schüler:innen und deren Eltern. 

Psyche der Lehrer:innen belastet 

Auch die derzeitige Coronawelle im Herbst sorgt temporär für besonders geringen Personalstand. "Manche schleppen sich halbkrank in die Schule, weil der Laden sonst zusammenbricht", schildert Krebs. Er spricht von Dauerbelastung, die sich vor allem auch auf die Psyche der Lehrer:innen schlägt. 

Video: Lehrer:innenmangel - "Nicht alle Stellen gut besetzt"

Er fordert einen "Kassensturz", sodass "Lehrer:innen wieder nur zum Unterrichten da sind", sagt Krebs. 

Auf PULS 24 Nachfrage in der Bildungsdirektion verweist man erneut auf die 1.600 neu eingestellten Lehrer:innen in diesem Schuljahr. Man stelle laufend Pädagog:innen ein. Die Frage, wie man auf Hilferufe rund um den Personalmangel reagiert, bleibt unbeantwortet. 

Am Donnerstagnachmittag veranstaltet die Gewerkschaft daher eine Kundgebung vor der Bildungsdirektion. Der Schulalltag werde nicht beeinträchtigt sein. 

ribbon Zusammenfassung
  • Lehrer:innen an Wiens Schulen sehen sich einer Dauerbelastung ausgesetzt.
  • Die Gründe sind die vielen Aufgaben, die über das Unterrichten hinausgehen, und der immerwährende Personalmangel.
  • In aller Deutlichkeit: "Es funktioniert nicht" mehr, sagt Lehrergewerkschafter Thomas Krebs zu PULS 24.
  • Deshalb wolle man bei einer Kundgebung am Donnerstag laut werden.