Israel setzt Rafah-Offensive fort, USA werben für Waffenruhe
Am Samstag berichteten Anrainer in verschiedenen Vierteln von Rafah von Panzerbeschuss, Luftangriffen und Artilleriefeuer. "Von den frühen Nachtstunden bis heute Morgen hat der Luft- und Artilleriebeschuss nicht einen einzigen Moment aufgehört", sagte ein Bewohner aus West-Rafah. Ein AFP-Korrespondent berichtete außerdem über Angriffe der israelischen Armee und Artilleriebeschuss in Gaza-Stadt.
US-Präsident Joe Biden hatte am Freitag gesagt, Israel habe in den Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gazastreifen und die Freilassung von Geiseln ein neues "umfassendes" Abkommen vorgeschlagen. "Es ist Zeit, diesen Krieg zu beenden", sagte Biden bei einer Fernsehansprache im Weißen Haus. Die Chance auf Frieden dürfe "nicht vertan" werden. Israels neuer Vorschlag sei ein "Fahrplan für eine dauerhafte Waffenruhe und die Freilassung aller Geiseln", sagte der US-Präsident. "Die Hamas muss diesen Deal annehmen."
US-Außenminister Antony Blinken warb in einem Telefonat mit seinen Kollegen aus Saudi-Arabien, Jordanien und der Türkei um Unterstützung für den Vorschlag. Blinken habe betont, dass die Hamas den Vorschlag "unverzüglich akzeptieren" solle, sagte US-Außenamtssprecher Matthew Miller am Freitag.
Biden zufolge umfasst das von Israel vorgelegte mehrstufige Angebot in den ersten sechs Wochen neben einer vollständigen Waffenruhe "den Abzug der israelischen Streitkräfte aus allen bewohnten Gebieten des Gazastreifens sowie die Freilassung einer Reihe von Geiseln, darunter Frauen, ältere Menschen und Verletzte, im Austausch für die Freilassung Hunderter palästinensischer Häftlinge" aus israelischen Gefängnissen. Während dieser sechs Wochen sollen Israel und die Hamas-Vertreter dem Vorschlag zufolge über eine "dauerhafte Einstellung der Kampfhandlungen" verhandeln, wie Biden hinzufügte. Demnach würde die Feuerpause in Kraft bleiben, solange die Gespräche fortgeführt würden.
Die zweite Phase des Plans sieht vor, dass sich die israelischen Streitkräfte vollständig aus dem Gazastreifen zurückziehen. Die Hamas soll dann "alle noch lebenden Geiseln" freilassen. Wenn sich beide Seiten an die Vereinbarung halten, werde diese zu einem Ende der Kampfhandlungen führen, führte Biden weiter aus. In einer dritten Phase solle dann ein Wiederaufbau- und Stabilisierungsplan für den Gazastreifen umgesetzt werden.
Netanyahu betonte am Samstag, Israel werde den Krieg so lange fortsetzen, bis es alle seine Ziele erreicht habe. "Israels Bedingungen für die Beendigung des Krieges haben sich nicht geändert", erklärte der israelische Regierungschef. Dazu zählten die Zerstörung der militärischen Kapazitäten der Hamas und ihre Fähigkeit zu regieren sowie die "Freilassung aller Geiseln". Es müsse sichergestellt sein, dass vom Gazastreifen "keine Bedrohung mehr für Israel ausgeht".
Der israelische Oppositionsführer Jair Lapid stellte sich hinter den neuen Vorschlag für eine Waffenruhe und die Freilassung der Hamas-Geiseln. Er sagte Netanyahu seine Unterstützung zu, falls dessen rechtsextreme Koalitionspartner, die ein Abkommen mit der Hamas über Geiselfreilassungen bisher abgelehnt hatten, dem Regierungschef die Gefolgschaft verweigern sollten. Die radikalislamische Hamas bezeichnete den israelischen Vorschlag in einer ersten Reaktion als "positiv".
Zusammenfassung
- Israel hat seine Offensive in Rafah trotz eines neuen Waffenruhe-Vorschlags fortgesetzt. Einwohner berichten von anhaltendem Luft- und Artilleriebeschuss.
- US-Präsident Joe Biden und Außenminister Antony Blinken werben für ein neues umfassendes Abkommen, das eine mehrstufige Vorgehensweise zur Beendigung des Krieges vorsieht.
- Der israelische Regierungschef Benjamin Netanyahu bleibt bei seiner harten Linie und fordert die Zerstörung der Hamas sowie die Freilassung aller Geiseln.