730 Tage: Eine Chronologie des Ukraine-Krieges
Mindestens 10.378 Zivilist:innen sind laut dem letzten Bericht der Vereinten Nationen seit dem 24. Februar 2022 in der Ukraine durch Kriegshandlungen ums Leben gekommen.
Die Dunkelziffer dürfte aber weitaus höher sein, allein für Mariupol variieren Schätzungen zwischen 8.000 und 25.000 Toten. Auch in der Stadt Cherson, die bis zur Befreiung im November 2022 beinahe täglich beschossen wurde, sind tragische Schicksale zum Alltag geworden.
Witwer lebt in überdachter Ruine
So fiel etwa eine Bombe auf das Haus eines 68-Jährigen, als er im Nachbardorf gearbeitet hatte. Als er heimkam, war seine Frau bereits im Leichenschauhaus.
Das Loch im Haus sei riesig gewesen, doch der Witwer lebe nun weiterhin in einem überdachten Raum der Ruine. In Cherson selbst seien geschätzte 10 bis 12 Prozent der Vorkriegsbevölkerung von 300.000 verblieben.
Lage in Mariupol "apokalyptisch"
Seit zwei Jahren herrscht der erbitterte Krieg, den Russland am 24. Februar 2022 angezettelt hat. Ein Überblick über die Geschehnisse:
Warum wurde der Krieg begonnen?
Russlands Präsident Wladimir Putin befahl den "militärischen Sondereinsatz" am 24. Februar 2022, mit dem Ziel, die Ukraine zu entwaffnen und von "Nazis" zu befreien.
Im März 2022 definierte Russland seine Ziele neu. Es hieß fortan, man konzentriere sich darauf, die abtrünnige Region im Donbass im Osten der Ukraine vollständig zu befreien.
Die Regierung in Kiew dagegen wertete die "Spezialoperation" als Versuch Putins, die Ukraine zu erobern und ihre Souveränität auszulöschen. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg geht davon aus, dass der Zweck der Invasion gewesen sei, zu verhindern, dass sich die Ukraine in Richtung NATO und Europäische Union bewegt.
Was ist die Vorgeschichte des Kriegs?
- Im Februar 2014 ließ der Kreml russische Truppen an der Grenze zur Ukraine aufmarschieren.
- Am 27. Februar besetzen russische Einheiten das Parlament und das Regierungsgebäude in Simferopol auf der Schwarzmeer-Halbinsel Krim.
- Ein Referendum wurde angesetzt, bei dem sich am 16. März laut Angaben der Organisatoren eine große Mehrheit für die Angliederung an Russland aussprach.
- Am 21. März besiegelte das Parlament die Aufnahme der Krim.
- Im April besetzten russische Freischärler und pro-russische Separatisten Verwaltungsgebäude in mehreren Städten der Ostukraine, sie riefen in den Regionen Donezk und Luhansk "unabhängige Volksrepubliken" aus. Ein langjähriger bewaffneter Konflikt begann, bei dem laut UNO-Schätzungen 14.000 Menschen getötet wurden.
Krim-Brücke: Explosion und Eskalation
Wie ist der Krieg verlaufen?
Bei der Invasion am 24. Februar 2022 griffen russische Truppen die Ukraine von Norden, Osten und Süden an. Nach einer erfolgreichen Gegenwehr der Ukrainer:innen änderte Moskau seine Strategie und konzentrierte sich auf den Osten und Süden des Landes. Hier gelangen Russland bedeutende Gebietsgewinne.
In einer Gegenoffensive der Ukraine ab dem Frühling 2022 konnten die ukrainischen Streitkräfte einige Gebiete zurückerobern.
In der darauffolgenden ersten russischen Winteroffensive konzentrierte sich Russland u.a. auf die Infrastruktur und zerstörte große Teile der Energieversorgung. Im bitterkalten ukrainischen Winter mussten viele Einwohner ohne Strom und Gas auskommen. Die ukrainische Gegenoffensive im Sommer 2023 scheiterte aufgrund von Munitionsmangel und fehlender Luftüberlegenheit.
Russland startete die zweite Winteroffensive. Aktuell fiel die seit Monaten umkämpfte ukrainische Stadt Awdijiwka der russischen Armee in die Hände.
Ukraine: Ein Jahr Leben im Krieg
Wie sieht das militärische Kräfteverhältnis aus?
Russland ist norwegischen Geheimdienstinformationen zufolge dabei, in der Ukraine dank eines größeren Truppenreservoirs und der materiellen Unterstützung von Ländern wie Nordkorea und China militärisch die Oberhand zu gewinnen. Fast ein Drittel des Staatsbudgets wird für das Militär aufgewendet.
Die Ukraine will ebenfalls die inländische Produktion von Waffen und Munition vorantreiben. Allerdings ist die Ukraine stark von westlicher Unterstützung abhängig. Nach Berechnungen des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW) gibt es insgesamt Hilfszusagen der EU von über 144 Milliarden Euro. Ein 60-Milliarden-Dollar-Hilfspaket der USA steckt gerade im Ratifizierungsprozess, die Zustimmung des US-Repräsentantenhauses ist ungewiss.
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Warum gibt es keine Friedensverhandlungen?
Friedensverhandlungen lehnt die Ukraine derzeit ab, weil sie dies als existenzbedrohend erachtet. Putin sagte bei seiner Jahrespressekonferenz im Dezember 2023 erneut, Frieden könne es nur geben, wenn Russland seine Ziele erreicht habe.
In Friedensverhandlungen will Kiew daher erst treten, wenn Russland seine Truppen aus der Ukraine abgezogen hat, betonte der Leiter des Präsidentenamtes in Kiew, Andrij Jermak.
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Zwei Jahre Ukraine-Krieg: Kriegsmüdigkeit unter den Menschen?
Zusammenfassung
- Seit genau zwei Jahren verteidigt die Ukraine sich gegen Russlands Angriffskrieg. Am Anfang hätten ihr das wohl wenige zugetraut.
- Doch der Krieg geht mit großen Verlusten einher, Tausende Ukrainer:innen kamen ums Leben, ganze Städte wurden zerstört.
- Ein Überblick über den Kriegshergang.