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Kamala Harris: Zwischen "Copala" und "Momala"

Bei den US-Wahlen am 5. November könnte Kamala Harris zur ersten Präsidentin der USA gewählt werden. Die Demokratin schreibt aber bereits seit Jahren Geschichte, ob als erste schwarze Generalstaatsanwältin von Kalifornien oder als erste Vizepräsidentin. Dabei schwankte sie immer wieder zwischen der Rolle der progressiven Reformerin und der unnachgiebigen Polizistin.

Besonders lange konnte Kamala Harris nicht um Stimmen kämpfen. Sie erbte die demokratische Spitzenkandidatur praktisch von US-Präsident Joe Biden, als der sich im Sommer nach massiver Kritik aus dem Rennen zurückzog

Die Stimmung bei den Demokraten schwang schlagartig um, große Spender:innen, die zuvor die Geldflüsse gestoppt hatten, scharten sich um die aktuelle Vizepräsidentin. Erstmals lagen die Demokraten in Umfragen vorne - wenn auch nur knapp. Kurz vor der Wahl wird das Zittern um die Präsidentschaft wieder größer, kann Harris die Wahl für sich entscheiden? 

Lange Anwalts-Karriere

Als Tochter einer indischen Mutter und eines jamaikanischen Vaters, die beide in die USA immigrierten, kam Harris bereits früh mit politischem Aktivismus in Kontakt. Ihre Eltern waren in der Bürgerrechtsbewegung aktiv und nahmen sie zu Protesten mit. 

Nach ihrem Studium der Rechtswissenschaften war Harris von 1990 bis 1998 stellvertretende Bezirksstaatsanwältin in Oakland, Kalifornien. 2003 wurde sie zur Bezirksstaatsanwältin in Kalifornien gewählt. Damit begann eine Reihe an historischen Errungenschaften für sie, denn sie war die erste Staatsanwältin San Franciscos und die erste schwarze und südasiatische Amerikanerin, die jemals in dieses Amt gewählt wurde.

Ihre rechtliche Karriere ging weiter steil bergauf: 2010 wurde sie Generalstaatsanwältin von Kalifornien. Erneut war Harris die erste Frau, schwarze Amerikanerin und Südasiatin in der Geschichte Kaliforniens, die dieses Amt innehatte.

Video: Harris im TV-Duell

"Momala"

Privat lief es für Harris ebenfalls gut. 2014 heiratete sie den Juristen Douglas Emhoff, den sie bei einem "Blind Date" kennenlernte. Er brachte zwei Kinder mit in die Ehe, sie gaben ihr den Kosenamen "Momala".

Harris selbst hat keine leiblichen Kinder. Ein Umstand, den die republikanische Gouverneurin von Arkansas, Sarah Huckabee Sanders, ihr ankreidete. Die Vizepräsidentin sei deswegen nicht "bescheiden". Immer wieder attackieren Konservative Harris für ihre Kinderlosigkeit, so etwa auch Trumps Vizekandidat J.D. Vance.

Harris hatte für die Kritik nur wenig Zeit übrig. "Ich glaube nicht, dass sie versteht, dass es eine ganze Menge Frauen da draußen gibt, die erstens nicht danach streben, bescheiden zu sein, und es zweitens eine ganze Menge Frauen da draußen gibt, die eine Menge Liebe in ihrem Leben haben, Familie in ihrem Leben und Kinder in ihrem Leben", feuerte sie zurück.

Wackelnde Positionen

Beruflich zeigte sie sich ähnlich kämpferisch. Sie inszenierte sie sich als unnachgiebige Anwältin, die aggressiv gegen Drogendelikte vorging und verpflichtende Untersuchungen bei Schießereien mit Polizeibeteiligung ablehnte. Diese harte Linie brachte der Demokratin den Spitznamen "Copala" - die Polizistin Kamala.

Gleichzeitig trat sie aber auch für Menschenrechte ein und setzte sich u.a. für LGBTIQ-Rechte ein. So weigerte sie sich, einen Antrag gegen gleichgeschlechtliche Ehen ("Proposition 8") vor Gericht zu unterstützen; obwohl eine der Aufgaben der kalifornischen Generalstaatsanwältin die Verteidigung der staatlichen Gesetze ist.

Wechsel in die Politik

2017 wechselte Harris in die Politik und vertrat Kalifornien fortan im US-Senat. Bei ihren einst harten Positionen ruderte sie plötzlich zurück. Stattdessen versuchte sie sich, als progressive Staatsanwältin darzustellen und schlug umfassende Reformen vor.

Im Juni 2019 setzte sich die Senatorin die Präsidentschaft als Ziel, sie bewarb sich für den Posten der Spitzenkandidatin. Ihre wenig konstante Haltung wurde ihr im Wahlkampf aber zum Verhängnis. Ihre Kritiker:innen wurden immer lauter, Harris ruderte zwischen Reformerin und Kandidatin der Mitte hin und her.

Im Dezember zog sie sich schließlich aus dem Rennen zurück - das erste Mal, dass Harris nicht triumphierte. Im August 2020 dann aber die Wende: Biden nominiert sie als "Running Mate" - mit seiner Wahl zum Präsidenten wurde Harris die erste Vizepräsidentin der USA.

Kritik an der Vizepräsidentin

An der Seite von Biden fiel ihr eher eine unterstützende Rolle zu. Kritiker:innen bemängelten ihre Immigrationspolitik. Es dauerte Monate, bis sie ein erstes und einziges Mal die Grenze zwischen den USA und Mexiko besuchte.

Als Vizepräsidentin scheiterte sie auch an einer Kodifizierung zum Schutz des Wahlrechts. Sie setzte sich zwar vehement dafür ein, stieß letztendlich aber an eine Mauer. Ihre Änderungen wurden abgelehnt, um einen republikanischen Filibuster zu verhindern.

Harris in der ersten Reihe

Als nunmehrige Spitzenkandidatin der Demokraten muss Harris beweisen, dass sie durchsetzungsfähig ist und die Gratwanderung zwischen "Copala" und liberaler Demokratin meistern kann. In ihrem kurzen, aber intensiven Wahlkampf sprach sie sich für strengere Waffengesetze aus - betonte aber gleich auch, dass sie niemandem die Waffen wegnehmen möchte, schließlich besitze sie selbst eine.

Sie präsentierte sich erneut als knallharte Polizistin, die gegen ihren Konkurrenten Donald Trump, den verurteilten Straftäter, vorgehen werde. 

Im Endspurt vor der Wahl will Harris sich nun auf die heiß umkämpften "Swing States" konzentrieren; jene Staaten, in denen beide Parteien gute Chancen auf einen Wahlsieg haben.

Sie gibt sich siegessicher: Die USA seien "absolut" bereit, die erste Frau zur Präsidentin zu machen. Sie wolle das Blatt für eine von Donald Trump "erschöpfte" Nation wenden.

ribbon Zusammenfassung
  • Bei den US-Wahlen am 5. November steht mit Kamala Harris erstmals eine Frau auf dem Stimmzettel.
  • Die Demokratin schreibt aber bereits seit Jahren Geschichte, ob als erste schwarze Generalstaatsanwältin von Kalifornien oder als erste Vizepräsidentin.
  • Dabei schwankte sie immer wieder zwischen der Rolle der progressiven Reformerin und der unnachgiebigen Polizistin.