Melnyk: Brauchen Zehnfaches an Militärhilfe gegen Russland
Bisher hätten alle Verbündeten zusammen 55 Milliarden US-Dollar (50 Milliarden Euro) bereitgestellt. Es brauche aber das Zehnfache, betonte der Diplomat. Die Partner im Westen sollten endlich aufhören, künstliche rote Linien zu ziehen und dann ein Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Waffenlieferungen an die Ukraine ausgeben, verlangte Melnyk.
Der ukrainische Diplomat meinte, dass die Beträge verglichen mit dem Zweiten Weltkrieg gering seien. "Die Verbündeten sollten das Ausmaß dieses Krieges begreifen", mahnte Melnyk, der zu dem Thema auch in einer ukrainischen Fernsehtalkshow auftrat.
Die Ukraine verteidigt sich seit rund 14 Monaten gegen den russischen Angriffskrieg mit Hilfe des Westens, der Waffen und Munition liefert. Im vergangenen Jahr war es der Ukraine auch gelungen, größere Gebiete zurückzuerobern. Das Land bereitet sich derzeit auf eine neue Offensive vor, um noch mehr Territorien zu befreien. Auch Russland fährt nun seine Kriegswirtschaft richtig hoch. Die Atommacht stellt sich auf einen langen Krieg gegen die Ukraine ein.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte zuvor zuvor dem Hintergrund der erwarteten Gegenoffensive Kiews vom Aufbau neuer Militäreinheiten berichtet. "Wir bereiten auch aktiv neue Brigaden und Einheiten vor, die sich an der Front bewähren werden", sagte der 45-Jährige am Freitag in seiner täglichen Videoansprache. Bei seinen Besprechungen mit dem Generalstab gehe es um die Bereitstellung aller Mittel für die Befreiung der Ukraine von der russischen Besatzung.
"Wir alle in der Ukraine müssen verstehen, dass die Hauptaufgabe des Staates die Befreiung unserer Gebiete, das Zurückholen unserer Erde und unserer Menschen aus russischer Gefangenschaft ist." Die staatlichen Ressourcen würden vor allem dafür aufgewendet, sagte der Staatschef. Die Front habe oberste Priorität, betonte er. Er dankte zugleich den westlichen Partnern, die im Rahmen des Ramstein-Formats der Ukraine bei der Verteidigung helfen. "Ihre Entschlossenheit entspricht voll und ganz der tatsächlichen Situation und den Bedürfnissen auf dem Schlachtfeld", sagte Selenskyj.
Unterdessen hat Brasiliens Staatschef Luiz Inacio Lula da Silva trotz Kritik aus dem Westen die Ukraine erneut aufgerufen, zur Beendigung des russischen Angriffskriegs Friedensgespräche mit Moskau zu führen. "Ebenso wie meine Regierung die Verletzung der territorialen Integrität der Ukraine verurteilt, treten wir für eine politische Verhandlungslösung für den Konflikt ein", sagte Lula am Samstag nach einem Treffen mit Portugals Präsidenten Marcelo Rebelo de Sousa in Lissabon.
"Wir brauchen dringend eine Gruppe von Ländern, die sich sowohl mit der Ukraine als auch mit Russland gemeinsam an den Tisch setzt", fügte Lula hinzu. Sein portugiesischer Kollege machte bei der gemeinsamen Pressekonferenz deutlich, dass er eine andere Sicht vertritt. "Präsident Lula legt nahe, dass der Weg zu einem gerechten und dauerhaften Frieden einen Vorrang für diesen Verhandlungsweg bedingt", sagte Rebelo de Sousa. "Portugals Haltung ist eine andere: Sie geht davon aus, dass ein eventueller Weg zum Frieden erst einmal das Recht für die Ukraine voraussetzt, auf die Invasion zu reagieren."
Der seit Jänner amtierende Lula, der Brasilien bereits von 2003 bis 2010 regierte, hatte bereits in der Vorwoche bei einem Besuch in China erklärt, die Vereinigten Staaten müssten "aufhören, den Krieg zu fördern, und anfangen, über Frieden zu reden" und auch die Europäische Union müsse "anfangen, über Frieden zu reden".
Aus dem Weißen Haus in Washington hieß es daraufhin, Lula plappere "russische und chinesische Propaganda nach". Es sei zutiefst problematisch, wenn Brasilien behaupte, dass die USA und Europa nicht am Frieden interessiert oder für den Krieg mitverantwortlich seien. Der russische Außenminister Sergej Lawrow zeigte sich bei einem Besuch in Brasília hingegen erfreut über Brasiliens "Beitrag zur Suche nach einer Lösung dieses Konflikts" und lobte Lulas linksgerichtete Regierung für ihr "klares Verständnis der Entstehung dieser Situation".
Russland und Deutschland wiederum weisen offenbar erneut gegenseitig Diplomaten aus. Moskau kündigte am Samstag die Ausweisung von mehr als 20 deutschen Diplomaten an. Das Auswärtige Amt in Berlin vermied diese Formulierung. Es hieß aber, dass die Bundesregierung und die russische Seite "in den vergangenen Wochen zu Fragen der personellen Besetzung der jeweiligen Auslandsvertretungen in Kontakt" gestanden seien. "Der heutige Flug steht in diesem Zusammenhang".
Wie aus dem Außenamt verlautete, waren an Bord des Fluges "Botschaftsangehörige". Bei den Gesprächen der vergangenen Wochen sei es um eine "Reduzierung der russischen nachrichtendienstlichen Präsenz in Deutschland" gegangen. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, erklärte im staatlichen TV-Sender Swesda mit Blick auf die angekündigte Ausweisung deutscher Diplomaten, es handle sich um eine Vergeltungsmaßnahme für die "erneute massenhafte Ausweisung von Mitarbeitern der russischen diplomatischen Vertretungen in Deutschland".
den Äußerungen von Sacharowa hatte das russische Außenministerium Samstag früh erklärt: "Wir verurteilen diese Aktionen Berlins aufs Schärfste". Sie zerstörten "weiterhin das gesamte Spektrum der deutsch-russischen Beziehungen, einschließlich ihrer diplomatischen Dimension".
5. April sei der deutsche Botschafter Géza Andreas von Geyr "offiziell" über die Entscheidung unterrichtet worden, "die Höchstzahl der Mitarbeiter der deutschen diplomatischen Vertretungen" in Russland "erheblich zu begrenzen". Dabei handle es sich um "Vergeltungsmaßnahmen". Nach Beginn der russischen Militäroffensive in der Ukraine im vergangenen Jahr hatten Berlin und Moskau bereits gegenseitig Diplomaten ausgewiesen.
Zusammenfassung
- Der ukrainische Vizeaußenminister Andrij Melnyk hat eine Verzehnfachung der westlichen Militärhilfe gegen den russischen Angriffskrieg gefordert.
- Die Atommacht stellt sich auf einen langen Krieg gegen die Ukraine ein.
- Russland und Deutschland wiederum weisen offenbar erneut gegenseitig Diplomaten aus.
- Nach Beginn der russischen Militäroffensive in der Ukraine im vergangenen Jahr hatten Berlin und Moskau bereits gegenseitig Diplomaten ausgewiesen.