APA/APA/THEMENBILD/HARALD SCHNEIDER

Justiz mit hohen Gebühren und schneller Arbeit

Österreich hat im Europavergleich relativ hohe Gerichtsgebühren. Laut einer Studie des Europarats finanzieren sie das Justizsystem mehr als vollständig und bringen sogar einen Gewinn ein - das ist nur in Österreich der Fall. Der Grund liegt aber nicht in hohen allgemeinen Verfahrenskosten, sondern an durch automatisierte Register wie Grund- oder Firmenbuch lukrierte Einnahmen, heißt es in der Studie, die Österreichs Justiz generell einen hohen Digitalisierungsgrad attestiert.

Für die Studie wurden die Justizsysteme von 44 europäischen Staaten sowie zwei Beobachterstaaten (Israel und Marokko) miteinander verglichen. Bei der Erledigungsdauer liegt die heimische Justiz weitgehend überdurchschnittlich - so brauchen Zivilverfahren in der ersten Instanz 142 Tage (Europarats-Median: 239 Tage) und Strafverfahren 120 (Median: 133 Tage). Einzig bei erstinstanzlichen Verwaltungsverfahren schneidet Österreich (285 Tage) in etwa wie die anderen Europaratsstaaten (292 Tage) ab. Ähnlich ist das Bild auch bei den weiteren Instanzen: Einzige Ausnahme bilden die höchstinstanzlichen Strafverfahren, die in Österreich länger als in den Vergleichsstaaten dauern.

Durchgehend verfügen die einzelnen Instanzen in der Zivil-, Straf- und Verwaltungsgerichtsbarkeit auch über eine Erledigungsrate von mindestens 100 Prozent. Das bedeutet, dass sie mehr Fälle abarbeiten als neu erhalten.

Personell sind Vergleiche teils nur eingeschränkt möglich, da die unterschiedlichen Gruppen in der Justiz je nach Land unterschiedliche Aufgaben haben. Trends lassen sich aber durchaus ausmachen. So ist etwa die Zahl der Richterinnen und Richter in Österreich im Zehnjahresvergleich zwischen 2012 und 2022 von 18 pro 100.000 Einwohnern auf 29 gestiegen, während sie in den anderen Europarats-Staaten bei 18 stagnierte. Einen leichten Zuwachs gab es auch beim nicht-richterlichen Personal in Österreich (von 55 auf 59 pro 100.000 Einwohnern), praktisch die gleiche Entwicklung gab es auch in den anderen Staaten. Minimal zurückgegangen ist dagegen die Zahl der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte - in Österreich von 4,3 auf 4,1 pro 100.000 Einwohnern, in den anderen Ländern von 11,2 auf 10,4. Leicht angewachsen ist umgekehrt das nicht-staatsanwaltschaftliche Personal in Österreich (z.B. Bezirksanwälte; von 3,8 auf 4,5 pro 100.000 Einwohner).

Zurückgegangen ist nach den Europaratszahlen die Zahl der Anwältinnen und Anwälte pro 100.000 Einwohnern: In Österreich sank sie von 77 auf 68, im Median aller Europaratsstaaten von 156 auf 112.

ribbon Zusammenfassung
  • Österreichs Justizsystem ist einzigartig in Europa, da es sich durch hohe Gerichtsgebühren selbst finanziert und sogar Gewinne erzielt. Diese Einnahmen stammen vor allem aus automatisierten Registern wie dem Grund- oder Firmenbuch.
  • Die Bearbeitungszeiten für Zivil- und Strafverfahren sind in Österreich kürzer als der europäische Durchschnitt. Zivilverfahren dauern im Schnitt 142 Tage, während der Europarats-Median bei 239 Tagen liegt.
  • Die Zahl der Richterinnen und Richter in Österreich ist in den letzten zehn Jahren deutlich gestiegen, von 18 auf 29 pro 100.000 Einwohner, während die Zahl der Anwältinnen und Anwälte gesunken ist.