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Henry Kissinger: Die Verbrechen des "Jahrhundert-Diplomaten"

Der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger ist mit 100 Jahren gestorben. Er hatte großen Einfluss auf die internationale Politik, galt aber gerade wegen seiner Mitverantwortung beim Vietnamkrieg, den Bombardierungen von Kambodscha und Laos sowie beim Pinochet-Putsch in Chile als umstritten.

Für die einen war der frühere US-Außenminister Henry Kissinger einer der brillantesten strategischen Köpfe des 20. Jahrhunderts. Die anderen sahen in Kissinger einen zynischen Machttaktiker, der ruchlos US-Interessen durchsetzte und dabei Menschenrechte missachtete. Viele Kritiker bezeichnen ihn aufgrund seiner skrupellosen Vorgehensweisen als Kriegsverbrecher

Kissinger, der als deutscher Emigrant in die USA kam, wurde unter den Präsidenten Richard Nixon und Georg Ford zum Außenminister ernannt. Auch zuvor war der gebürtige Bayer und Havard-Professor als Berater für die US-Regierung tätig. Er kämpfte gegen den Vormarsch des Kommunismus und der Sowjetunion. Eine Tatsache, die sich in vielen seiner Vorgehensweisen widerspiegelte. 

Ein Kriegs-Nobelpreis 

1968 mischte Kissinger, obwohl er noch kein Regierungsamt innehatte, bei den Pariser Verhandlungen um ein Friedensabkommen in Vietnam mit. Als Havard-Professor beriet er die US-Delegation und gab Informationen an Nixon weiter, der zu diesem Zeitpunkt Präsidentschaftskandidat der Republikaner war. So konnte Nixon verhindern, dass ein Friedensabkommen vor seiner Amtszeit unterzeichnet wurde.

1973 bekam Kissinger für das Waffenstillstandsabkommen gemeinsam mit dem nordvietnamesischen Chefunterhändler Le Duc Tho den Friedensnobelpreis überreicht. Tho lehnte ihn ab, weil noch kein echter Frieden erreicht war.

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Illegale Bombardements auf Kambodscha und Laos 

Die USA weiteten den Konflikt in Vietnam auf Laos und Kambodscha aus. Auf Anordnung von Kissinger wurden Stützpunkte des Vietkong und der Nordvietnamesen in Kambodscha bombardiert. Dies geschah ohne Wissen und Zustimmung des US-Kongresses und kam erst nachträglich ans Licht.

Auf Laos und Kambodscha fielen bis 1973 mehr als zwei Millionen Tonnen Bomben. Die genau Zahl der Toten konnte nie genau ermittelt werden - die Schätzungen reichen von 30.000 bis hin zu 600.000 toten Zivilisten, am wahrscheinlichsten gilt eine Zahl von rund 300.000 zivilen Todesopfern.

Der Bombenkrieg bereitete den Weg für die Machtergreifung der Roten Khmer, die später in Kambodscha einen Genozid verübten. 

Mitverantwortung beim Pinochet-Putsch

Auch außerhalb des Vietnamkrieges war die Liste der Vorwürfe gegen den einst so mächtigen Diplomaten lang. Unter Kissinger haben die USA den Militärputsch in Chile 1973 unterstützt.

Im September 1970 gewann Salvador Allende die Präsidentschaftswahl in Chile. Nixon und Kissinger wollten die Amtseinführung verhindern. So soll Nixon der CIA angewiesen haben, "die Wirtschaft Chiles vor Schmerz schreien zu lassen". Das Ziel war klar: Allende sollte durch einen Putsch gestürzt werden. Es wurden rechte Kreise in Chiles Militär mobilisiert gegen den designierten Präsidenten zu putschen. 

Der General Augusto Pinochet putschte gegen die demokratische Regierung. In seiner Militärdiktatur, die bis 1990 dauerte, sollen mehr als 3.000 Menschen ermordet worden sein.

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Süße Töne für Asiens Diktatoren

Als 1971 Bangladesch, das damals zu Pakistan gehörte, für eine größere Autonomie stimmte, und das pakistanische Militär gewaltsam vorging, blieb die USA untätig. Bis zu eine Million Menschen wurden getötet und etwa 20 Millionen flüchteten nach Indien.

Die USA lieferten Waffen an das pakistanische Militär, obwohl der Kongress eigentlich Wirtschaftssanktionen verhängt hatte. Für den Kalten Krieger Kissinger war Pakistan ein genehmerer antikommunistischer Verbündeter als das demokratische Indien.

Kissinger billigte auch Indonesiens blutigen Einmarsch in Ost-Timor 1975. Unter Präsident Ford stimmte man einer "schnellen und drastischen Aktion" zu. In 25 Jahren indonesische Besatzung kamen rund 100.000 der 800.000 Ost-Timorer ums Leben

Als Außenminister leitete er auch eine vorsichtige Annäherung an das kommunistisch regierte China ein. Auch hier war das primäre Ziel die Isolierung der Sowjetunion. In China blieb Kissinger auch nach Ausscheiden aus dem Staatsdienst ein gern gesehener Gast.

In vielen der Regime und Diktaturen, die er während seiner politischen Karriere förderte, unterhielt er in späteren Jahren lukrative Investitionen und Geschäftsbeziehungen.

ribbon Zusammenfassung
  • Der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger ist mit 100 Jahren gestorben. 
  • Er hatte großen Einfluss auf die internationale Politik, galt aber gerade wegen seiner Mitverantwortung beim Vietnamkrieg, den Bombardierungen von Kambodscha und Laos sowie beim Pinochet-Putsch in Chile als umstritten.
  • Viele Kritiker bezeichnen ihn aufgrund seiner skrupellosen Vorgehensweisen als Kriegsverbrecher.
  • So führte er einen illegalen Bombenkrieg in Kambodscha, dem geschätzt rund 300.000 Zivilisten zum Opfer fielen.
  • Außerdem unterstützten die USA unter seiner Ägide die brutale Invasion Ost-Timors durch Indonesien und den Militärputsch in Chile.