Deutsche Ampel-Koalition fix: Scholz soll Kanzler, Baerbock Außenministerin werden
In Deutschland dürften die Koalitionsverhandlungen zwischen Sozialdemokraten (SPD), Grünen und FDP abgeschlossen sein. Die drei Parteien luden für 15.00 Uhr zu einer Pressekonferenz in Berlin ein, um ihren Koalitionsvertrag für eine gemeinsame Bundesregierung vorzustellen. Gut acht Wochen nach der Bundestagswahl sollen damit bisher vertraulich behandelte Details öffentlich werden. Die SPD dürfte sieben Ministerposten bekommen, das Finanzministerium an die FDP gehen.
Nach Auskunft eines Insiders sollen die Sozialdemokraten neben dem Kanzleramtschef die Ministerien für Inneres, Verteidigung, Gesundheit, Arbeit und Soziales, Wirtschaftliche Zusammenarbeit sowie das neu geschaffene Ressort Bauen und Wohnen erhalten. Eine mit dem Ergebnis der Koalitionsverhandlungen vertraute Person sagte der Nachrichtenagentur Reuters zudem, insgesamt sehe der Koalitionsvertrag siebzehn Ressorts vor und damit eines mehr als in der jetzigen Regierung. Ein eigenes Digitalministerium sei nicht geplant.
Die neuen Minister
Laut der "Süddeutschen Zeitung" sind erste Minister und die Aufteilung der Ministerien bereits bekannt.
Die SPD stellt den Kanzler und soll das Innenministerium, das Verteidigungsministerium, das Ministerium für Bauen und Wohnen, das Ministerium für Arbeit und Soziales, das Gesundheitsministerium sowie das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung übernehmen.
Die Grünen bekommen das Außenministerium und die Ministerien für Wirtschafts- und Klimaschutz, Landwirtschaft, Familien und Umwelt.
Die FDP bekommt das Finanzministerium, das Justizministerium, das Verkehrsministerium und das Ministerium für Bildung und Forschung.
Kanzler: Olaf Scholz (SPD)
Vizekanzler, Klimaminister: Robert Habeck (Grüne)
Finanzminister: Christian Lindner (FDP)
Außenminister: Annalena Baerbock (Grüne)
Verkehrsminister: Volker Wissing (FDP)
Merkel-Ära endet
Die Koalitionsverhandlungen hatten am 21. Oktober begonnen, nachdem die drei Ampelparteien zuvor in Sondierungen den Grundstein dafür gelegt hatten. Geführt wurden sie in einer Hauptverhandlerrunde aus je sechs hochrangigen Vertretern jeder Partei sowie in 22 Arbeitsgruppen. In diesen handelten die Fachpolitiker der Parteien die Details des Koalitionsvertrags aus.
Ein Koalitionsvertrag muss bei SPD und FDP jeweils durch Parteitage und bei den Grünen in einer Mitgliederbefragung gebilligt werden. In der Woche nach Nikolo soll der bisherige Finanzminister Olaf Scholz (SPD) im Bundestag zum Kanzler gewählt werden. Damit endet nach 16 Jahren die Ära von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die bei der Bundestagswahl am 26. September nicht wieder kandidiert hatte.
In einem Sondierungspapier hatten SPD, Grüne und FDP bereits einige "Vorfestlegungen" getroffen und dabei auch einige Streitthemen abgeräumt. Sie schrieben sich darin "eine umfassende Erneuerung unseres Landes" und "einen Aufbruch" für Deutschland auf die Fahnen, um die großen Herausforderungen wie Klimawandel, Digitalisierung, Sicherung des Wohlstands oder sozialen Zusammenhalt zu bewältigen.
Keine neuen Substanzsteuern
Wohl mit Rücksicht auf die Wahlversprechen der FDP wurde vereinbart, dass keine neuen Substanzsteuern eingeführt und Steuern wie die Einkommen-, Unternehmens- oder Mehrwertsteuer nicht erhöht würden. Im ersten Jahr einer Ampelkoalition soll der gesetzliche Mindestlohn auf zwölf Euro pro Stunde erhöht werden. Dies war ein zentrales Wahlversprechen der SPD. Das Wahlalter für Bundestags- und Europawahlen soll von 18 auf 16 Jahre gesenkt werden.
Kohleausstieg soll vorgezogen werden
Zur Einhaltung der Klimaschutzziele wurde in dem Papier auch festgelegt, den Ausstieg aus der Kohleverstromung zu beschleunigen und möglichst auf 2030 vorzuziehen. Bisher ist der Kohleausstieg bis spätestens 2038 geplant. Ein generelles Tempolimit auf Autobahnen, wie von den Grünen gefordert, soll nicht kommen. Zum Thema Migration wurde vereinbart, Asylverfahren, die Verfahren zur Familienzusammenführung und die Rückführungen zu beschleunigen. Es sollen legale Zugangswege nach Deutschland geschaffen werden.
Die Grünen-Mitglieder sollen nach Parteiangaben schon ab Donnerstag in einer digitalen Urabstimmung über den Koalitionsvertrag befinden. Auch über das Grünen-Personaltableau, also etwa die Besetzung von Ministerämtern, sollen die nach Parteiangaben 125 000 Mitglieder entscheiden - "zum ersten Mal in unserer Parteigeschichte", wie Bundesgeschäftsführer Michael Kellner am Mittwoch sagte.
Die Urabstimmung soll nach Angaben der Grünen zehn Tage dauern. Neben der digitalen Abstimmung soll auch eine Abstimmung per Brief möglich sein. Für die Annahme des Koalitionsvertrags und die Zustimmung zum Personaltableau sei eine einfache Mehrheit notwendig.
Nach dem üblichen Rhythmus von Bundestagswochen käme das Plenum in der Woche nach Nikolo erstmals am 8. Dezember zusammen. Sollte dann die Kanzlerwahl stattfinden, wären seit der Bundestagswahl 73 Tage vergangenen. Zum Vergleich: Nach der Wahl 2017 dauerte die Regierungsbildung 171 Tage - so lange wie nie zuvor. Vier Jahre vorher waren es 86 Tage gewesen. Dagegen kamen die erste und die zweite rot-grüne Bundesregierung von Kanzler Gerhard Schröder (SPD) 1998 und 2002 jeweils in nur 30 Tagen zustande.
Zusammenfassung
- In Deutschland dürften die Koalitionsverhandlungen zwischen Sozialdemokraten (SPD), Grünen, und liberaler FDP abgeschlossen sein. Die drei Parteien luden für 15.00 Uhr zu einer Pressekonferenz in Berlin ein.
- Gut acht Wochen nach der Bundestagswahl sollen damit bisher vertraulich behandelte Details der Zusammenarbeit öffentlich werden.
- Noch vor der Pressekonferenz kommt die Hauptverhandlungsrunde der drei Parteien zu ihrer abschließenden Sitzung zusammen.
- Im Anschluss stellen die Vorsitzenden der drei Parteien sowie Kanzlerkandidat Olaf Scholz den in den letzten Wochen ausverhandelten Koalitionsvertrag vor.
- Wohl mit Rücksicht auf die Wahlversprechen der FDP wurde vereinbart, dass keine neuen Substanzsteuern eingeführt und Steuern wie die Einkommen-, Unternehmens- oder Mehrwertsteuer nicht erhöht würden.
- Im ersten Jahr einer Ampelkoalition soll der gesetzliche Mindestlohn auf zwölf Euro pro Stunde erhöht werden. Dies war ein zentrales Wahlversprechen der SPD.