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Bludenzer Bürgermeister wegen Amtsmissbrauchs vor Gericht

Der Bürgermeister der Vorarlberger Stadt Bludenz, Simon Tschann (ÖVP), muss sich seit dem frühen Mittwochvormittag wegen Amtsmissbrauchs vor dem Landesgericht Feldkirch verantworten. Er soll laut Anklage 2021 als Baubehörde erster Instanz eine Bauabstandsnachsicht und eine Baubewilligung für eine Wohnanlage erteilt haben, obwohl dafür nicht alle Voraussetzungen erfüllt waren. Tschann weist alle Vorwürfe zurück und bekannte sich auch in der Gerichtsverhandlung nicht schuldig.

Tschann unterzeichnete 2021 einen Baubescheid für eine aus drei Baukörpern bestehende Wohnanlage mit 23 Einheiten. Der Staatsanwalt führte aus, dass Kritik des Amtssachverständigen zu dem Projekt ignoriert worden sei und der Abstand des zweiten Baukörpers zur öffentlichen Verkehrsfläche lediglich 90 Zentimeter betrage - dem Amtssachverständigen seien schon 2,5 Meter zu wenig gewesen. Ob Ortsüblichkeit vorgelegen habe, sei nicht geprüft worden, eine Zustimmung des Amtssachverständigen habe es nie gegeben. "Man wollte das Projekt mit Gewalt durchbringen", stellte der Staatsanwalt fest.

Vorgeworfen wurde Tschann ebenso, in Stellungnahmen gegenüber dem Landesvolksanwalt und der Bezirkshauptmannschaft Bludenz falsche Angaben und die Zustimmung des Amtssachverständigen vorgetäuscht zu haben. "Dazu wurde einfach eine Sitzung erfunden, die es nie gab und in der der Sachverständige die Freigabe erteilt habe", so der Staatsanwalt. Den infrage gestellten Jour Fixe habe es sehr wohl gegeben, so Tschann und sein Verteidiger, allerdings habe man sich beim genannten Termin getäuscht. Der Jour Fixe soll am 17. Juni 2021 stattgefunden haben - zwei Tage, nachdem die Bauverhandlung ausgeschrieben worden war. Diese hätte man wohl abgesagt, hätte es im Jour Fixe kein grünes Licht für das Projekt gegeben.

Der Amtssachverständige seinerseits sagte vor Gericht, dass es so etwas wie eine "mündliche Freigabe" - wie sie kolportiert wurde - in so einer Angelegenheit nicht gebe. Von einer solchen habe er erst im April 2022 erfahren. Seitens der Stadt hieß es, man habe die schriftliche Dokumentation verabsäumt. Der Gestaltungsbeirat habe noch am 16. Juni Bedenken bezüglich der Dimensionen und der Gestaltung der Baukörper gehabt. In seinen Augen sei das Projekt zum damaligen Zeitpunkt "nicht frei gegeben" gewesen.

Ganz grundsätzlich betonte der Stadtchef, dass er ihm von der Stadtverwaltung vorgelegte Bescheide nicht prüfe, sondern lediglich unterzeichne. "Sobald der Bescheid bei mir liegt, gehe ich davon aus, dass die Grundlagen dafür von meinen Mitarbeitern geprüft wurden", so Tschann. Das gelte auch für die Stellungnahmen gegenüber dem Landesvolksanwalt und der Bezirkshauptmannschaft. Er habe diese nicht gelesen, nur unterfertigt. Anders sei das in der Praxis nicht möglich. Sein Anwalt betonte überdies, dass ein Bürgermeister weisungsfrei und in seinen Entscheidungen nicht an Gutachten gebunden sei.

Zu entscheiden hat am Mittwoch ein Schöffengericht, die Verhandlung war bis 16.00 Uhr anberaumt. In der Sache wurde seit 2022 ermittelt.

ribbon Zusammenfassung
  • Der Bürgermeister von Bludenz, Simon Tschann, steht wegen Amtsmissbrauchs vor Gericht, da er 2021 eine umstrittene Baubewilligung für eine Wohnanlage mit 23 Einheiten erteilt haben soll.
  • Der Staatsanwalt wirft ihm vor, die Zustimmung des Amtssachverständigen vorgetäuscht zu haben, während Tschann behauptet, die Bescheide nicht geprüft, sondern nur unterzeichnet zu haben.
  • Ein Jour Fixe, der angeblich am 17. Juni 2021 stattfand, wird als Beweis für die Zustimmung angeführt, jedoch bestreitet der Amtssachverständige eine solche Freigabe.