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"Sturmzeit": Bewegende Premiere von Projekt zu Jura Soyfer

Unter dem Titel "Sturmzeit" erinnerte die Jazzmusikerin Sabina Hank gemeinsam mit Michael Köhlmeier, Reinhold Bilgeri und Tini Kainrath am Freitag in Hohenems an den jüdischen Wiener Kommunisten, Aktivisten und Dichter Jura Soyfer, der 1938 bei der Flucht über Vorarlberg in die Schweiz verhaftet wurde und im KZ starb. Veranstaltet vom Jüdischen Museum Hohenems, gelang den Künstlern unter dem Eindruck der aktuellen Ereignisse ein berührender, vielstimmiger Abend.

Die Musikerin und Komponistin Sabina Hank beschäftigt sich seit langem mit den Arbeiten des 1912 in Charkiw geborenen Soyfer, der nach der Flucht seiner Familie 1920 nach Wien in der Zwischenkriegszeit Zeitungsartikel, politisches Kabarett, Drama und Lyrik schrieb. Auf Anregung von Willi Resetarits vertonte Hank bereits 2005 seine hochpolitischen Gedichte, die sie in Hohenems vor ausverkauftem Haus mit Klavier und Stimme zwischen leisen und kraftvollen Tönen variantenreich wechselnd vortrug.

Unterstützt wurde sie bei den bewegenden Songs von "Special Guests", zwei Sängern, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten: der rauchigen Stimme Reinhold Bilgeris und dem weichen Soul Tini Kainraths. Dazu spielten David Dollinger (Bass), Klaus Perez-Salado (Drums) und Clemens Salesny (Saxofon).

Komplettiert wurde die musikalisch-literarische Montage von Michael Köhlmeier, der gewohnt gekonnt von der von Umbrüchen gekennzeichneten Welt des Jura Soyfer erzählte, angefangen von der Blütezeit des Nationalismus im 19. Jahrhundert, dem Ersten Weltkrieg über den Ständestaat bis hin zum NS-Regime. "Er war Jude, Kommunist, ein politischer Aktivist und er war ein Schreiber - und das war für ihn sehr gefährlich", so Köhlmeier über die Lage des jungen, hellsichtigen Dichters in den 1930er-Jahren. Dennoch sei Soyfer stets optimistisch geblieben.

Gemeinsam mit einem Freund wollte er nach einer Inhaftierung wegen kommunistischer Betätigung und der NS-Machtübernahme schließlich mit Ski über das Montafon in die Schweiz flüchten, dabei wurde er am 13. März 1938 kurz vor der Grenze verhaftet. Soyfer landete im KZ Dachau, wo er das bekannte "Dachaulied" schuf. Selbst dort war er noch zu Zeilen wie "Hell wird uns die Freiheit lachen" fähig. Der 26-Jährige starb im Februar 1939 im KZ Buchenwald an Typhus. Tags zuvor waren seine Entlassungspapiere unterzeichnet worden, seinen geflüchteten Eltern wurde die Urne in die USA nachgeschickt.

In seinen einleitenden Worten hatte Museumsdirektor Hanno Loewy zuvor auf die "brennende Aktualität" des Themas verwiesen, bei der Planung habe man noch nicht gewusst, "wie stürmisch dieser Herbst tatsächlich werden würde". Die Arbeit eines Museums, das gegen Antisemitismus, Rassismus und Nationalismus ankämpfe, sei "nicht immer ganz einfach, im Moment ist sie sogar besonders schwer", bekannte Loewy. Der Abend sei dazu gedacht, "uns allen Mut zu machen". Nimmt man den Schlussapplaus als Maßstab, ist das gelungen - wenn auch einige Melancholie und Nachdenklichkeit dabei mitschwangen.

(S E R V I C E - "Sturmzeit - Sabina Hank und Michael Köhlmeier erzählen die Geschichte von Jura Soyfer". Eine Veranstaltung des Jüdischen Museums Hohenems, LöwenSaal Hohenems. Weiterer Termin: 4.11., 20 Uhr)

ribbon Zusammenfassung
  • Soyfer landete im KZ Dachau, wo er das bekannte "Dachaulied" schuf.
  • Der 26-Jährige starb im Februar 1939 im KZ Buchenwald an Typhus.