Roter Faden: Kunstinstallation im Gedenkstollen Ebensee
Shiota hat für ihre "Wo sind wir jetzt?" genannte und bis 30. September zugängliche Installation tausende rote Fäden an der Decke des 130 Meter langen Stollens befestigt und in diesem beeindruckenden Gewirr 25 weiße und rote Kleider mit ausladenden Stoffbahnen eingearbeitet. Einerseits seien für sie Kleider eine zweite Haut, andererseits bildeten Kleider sichtbare Überreste des Massenmordes, wenn die Körper vergangen seien, hieß es. "Anwesenheit in Abwesenheit" nennt Shiota das. "Ich arbeite schon lange mit diesem Konzept und finde es interessant, welche Assoziation die Leere bei den Besucherinnen und Besuchern hervorruft."
Es solle auch an die Frauen von Ebensee erinnert werden, die die männlichen Häftlinge, die hier unter grauenhaften Bedingungen arbeiten mussten, mit Brot versorgten und dafür bestraft wurden, erinnert werden, sagte Kulturhauptstadt-Intendantin Elisabeth Schweeger, die von einem Ossip-Mandelstam-Gedicht zu diesem Installationsauftrag inspiriert wurde.
Wolfgang Quatember, Leiter des Zeitgeschichtemuseums Ebensee, wo in einer Dauerausstellung die politische Geschichte Österreichs und des Salzkammergutes zwischen 1918 und 1955 aufbereitet wird, zeigte sich zuversichtlich, dass Kunst und Kultur dazu beitrage, Menschen das "Unaussprechliche" näherzubringen. An den antifaschistischen Widerstand im Salzkammergut erinnern Themenwanderungen, die "Wege des Widerstands" genannt wurden und zu verschiedenen Schauplätzen in den Bergen der Region führen.
Chiharu Shiota wurde 1972 in Osaka geboren und wurde 2008 in Japan mit dem "Art Encouragement Prize" ausgezeichnet. Ihre Arbeiten waren u.a. in Brisbane, dem ZKM in Karlsruhe, im Mori Art Museum in Tokio und im Berliner Gropius Bau zu sehen. 2015 wurde sie eingeladen, Japan bei der 56. Biennale von Venedig zu vertreten.
Auf dem ehemaligen Gelände des Konzentrationslagers Ebensee wurden schon einige Jahre nach Kriegsende erste Wohnhäuser errichtet. Heute erinnert nur noch der Friedhof, eine erst 2011 errichtete Gedenkstätte mit den Namen aller Opfer und der Gedenkstollen an tausendfaches Leid und Tod.
(S E R V I C E - "Chiharu Shiota - Wo sind wir jetzt?", Installation im KZ-Gedenkstollen Ebensee, Finkerleitenstraße 40, 27.4. bis 30.9, bis 14.6. und ab 16.9.: Sa-So 10-17 Uhr, 15.6 bis 15. 9 Di-So 10-17 Uhr , https://www.memorial-ebensee.at; https://www.salzkammergut-2024.at/)
Zusammenfassung
- Die japanische Künstlerin Chiharu Shiota hat im Gedenkstollen des ehemaligen KZ Ebensee eine bewegende Kunstinstallation mit dem Titel 'Wo sind wir jetzt?' bis zum 30. September eröffnet.
- Mit tausenden roten Fäden und 25 eingearbeiteten Kleidern auf 130 Metern Länge thematisiert Shiota die 'Anwesenheit in Abwesenheit' und erinnert an die Opfer und den antifaschistischen Widerstand.
- Die Installation, inspiriert von einem Gedicht Ossip Mandelstams, ist Teil der Europäischen Kulturhauptstadt Bad Ischl und bietet eine Brücke in die Vergangenheit.