Kulturgut-Raubzüge der Nazis mit Showdown im Salzkammergut
Die Nazis hatten ab dem Beginn ihrer Schreckensherrschaft Kunstwerke zumeist jüdischer Eigentümer beschlagnahmt, enteignet oder einfach gestohlen. Viele wurden auch zum Verkauf weit unter dem Wert gezwungen. In den von ihnen überfallenen Ländern plünderten sie gezielt Kirchen, Klöster und Museen. Ein großer Teil ihrer Beute wurde dem Privatbesitz von Adolf Hitler einverleibt. Darunter etwa die Sammlung der Familie Rothschild in Paris. Sie sollten in einem geplanten gigantischen "Führermuseum" in Linz ausgestellt werden. Moderne oder avantgardistische Kunst sowie Werke von jüdischen Künstlern brandmarkten die Nazis hingegen als "entartet". Sie wurden aus Museen entfernt, verkauft oder gar zerstört.
Doch 1943 wurden die Luftangriffe der Alliierten immer intensiver. Man suchte nach einem geschützten Ort für die bis dahin verstreut aufbewahrte Sammlung. Das Salzbergwerk in Altaussee erwies sich als besonders geeignet: In einer abgelegenen Gegend, tief unter Tage und somit bombensicher, weiters ideale Lagerbedingungen mit rund 75 Prozent Luftfeuchtigkeit und einer konstanten Temperatur acht Grad Celsius, außerdem gab es große Lagerflächen. 40.000 Quadratmeter wurden entsprechend adaptiert. Ab Ende 1943 wurde auf Befehl Hitlers die "Führersammlung" angeliefert - mit dem Zug nach Bad Aussee und von dort über eine steile Straße mit Fuhrwerken und Lkw, bei meterhohem Schnee auch mit Raupenfahrzeugen ins Bergwerk.
6.500 Gemälde, Statuen, Möbel, Münzsammlungen, historisch wertvolle Waffen und vieles mehr wurden dort eingelagert. Darunter befanden sich die ab 1514 in der Liebfrauenkirche in Brügge aufgestellte Madonna von Michelangelo, die als einzige zu seinen Lebzeiten Italien verlassen hat. Weiters das Gemälde "Die Blinden" von Pieter Bruegel der Ältere, "Der Astronom" und "Der Meister in seinem Atelier" von Jan Vermeer sowie von Jacopo Tintoretto "Lot und seine Tochter", der Genter Altar und der Tassilokelch aus dem dem Stift Kremsmünster. Der Gesamtwert betrug nach heutigen Einschätzungen rund 50 Milliarden Euro.
Als sich aber im April 1945 der Zusammenbruch von Hitler-Deutschland endgültig abzeichnete sollten die unbezahlbaren Kulturgüter auf Befehl des damaligen Gauleiters von Oberdonau, August Eigruber, vernichtet werden, damit sie nicht "in Feindeshand" fielen. Acht US-Fliegerbomben zu je 500 Kilogramm - Blindgänger von einem Luftangriff auf Linz - wurden in den Berg geschafft und dort positioniert. Zur Tarnung trugen die Kisten die Aufschrift "Vorsicht Marmor, nicht stürzen". Doch zwei Bergmänner entdeckten in der Nacht auf den 3. Mai 1945 den Sprengstoff.
Alle Arbeiter meldeten sich freiwillig zur Bewachung und Entfernung. Sie waren auch bereit, sich den Soldaten entgegenzustellen, die Befehl hatten dies zu verhindern. Sie brachten in der Nacht zum 4. Mai 1945 die Bomben ins Freie und versteckten sie dort unter Reisig. Zuletzt gab es noch einen Streit zwischen Eigruber und dem Chef der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes des Reichsführers sowie dem Leiter des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA), Ernst Kaltenbrunner, der sich zu diesem Zeitpunkt in Altaussee aufhielt, über das Vorgehen. Beide drohten einender telefonisch mit Verhaftung. Kaltenbrunner, der dafür war, nur die Zugänge zu den Stollen durch Sprengungen zu blockieren, setzte sich durch. Das wurde am 5. Mai durchgeführt. Die Amerikaner erreichten am 8. Mai Altaussee und sicherten des Salzbergwerk.
Der Zugang zu den gebliebenen Kunstgegenständen wurde geöffnet. Sie waren unversehrt geblieben. Unter der Aufsicht der "Monuments Men" startete im Juni der Abtransport auf 90 Lastwagen. Zunächst wurden nur jene Werke, deren Besitzer bekannt waren, zu einem "Central Collecting Point" in München gebracht, von wo aus Kunstexperten die Weiterverteilung organisierten. Der Genter Altar wurde auf Anweisung des späteren US-Präsidenten General Eisenhower direkt nach Belgien ausgeflogen. Weil eine Tafel des Flügelaltares erst später gefunden wurde, gab es die Erzählung, sie sei bis dahin umgedreht von den Bergleuten als Jausentisch verwendet worden. Das hat aber ein heute noch lebender Zeitzeuge aus dem Bergwerksbetrieb in einem Video mit der Bemerkung "Blödsinn" dementiert.
Erst 1948 beendeten die US-Truppen die Auslagerung, der Central Collecting Point wurde erst 1951 geschlossen. Noch heute wird versucht, Besitzer oder deren Nachkommender geraubten Kunstwerke zu finden. Auf den damaligen Ereignissen beruht auch der vor einigen Jahren unter anderem mit den George Clooney, Matt Damon und Bill Murray gedrehte Hollywoodstreifen "Monuments Men", der im Altausseer Bergwerk spielt.
(S E R V I C E - www.salzkammergut-2024.at, https://www.salzwelten.at/de#altaussee)
Zusammenfassung
- Vieles davon wurde in Salzstollen im Salzkammergut gebunkert und wäre zu Kriegsende um ein Haar zerstört worden.
- In Altaussee retteten Bergmänner unter Einsatz ihres Lebens Kunstwerke von unermesslichem Wert vor der Vernichtung - ein Thema, mit dem sich die Kulturhauptstadt Europas Bad Ischl - Salzkammergut 2024 ausführlich befassen wird.
- Die Amerikaner erreichten am 8. Mai Altaussee und sicherten des Salzbergwerk.