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Albertina zeigt die Eroberung der Fotografie durch die Farbe

Das 19. Jahrhundert war schwarz-weiß. Zumindest in unserer Vorstellung, die von den entsprechenden monochromen Fotografien der Zeit geprägt ist. Dass es allerdings beileibe nicht so lange wie gemeinhin vermutet dauerte, bis die Farbe im Bild ihren allgemeinen Siegeszug antrat, das zeigt die Albertina Modern nun mit "True Colors" - der ersten Ausstellung unter Ägide des neuen Generaldirektors Ralph Gleis.

Hierbei stehen die ersten Versuche der Pioniere ab 1849 im Zentrum, die sich in verschiedensten Verfahren mühten, die Farbigkeit in die Fotografie zu bringen. "Wie ist denn ein wirkliches Abbild unserer Wirklichkeit zu schaffen?", sei die übergeordnete Frage von Beginn an gewesen, unterstrich Gleis bei der Präsentation der Schau am Donnerstag. Und unsere Wirklichkeit sei nun einmal bunt. Nicht zuletzt deshalb sei eine Auseinandersetzung mit der Technik- und Mediengeschichte in einem Zeitalter des Bildes von essenzieller Bedeutung.

Handkolorierung am Anfang

Am Anfang der Entwicklung stand die wohlbekannte Handkolorierung, bei der einzelne Werke der Daguerreotypie händisch bemalt wurden. Eine weitere Variante dieser Tage war die Verwendung getönten Papiers, des Pigmentpapiers, um einen Farbeffekt zu erzielen. Bis heute zeichnen sich diese Arbeiten durch eine erstaunliche Brillanz aus, wirken aber auf den flüchtigen Blick eher wie Gemälde denn Fotografien.

Pionierleistung 1891

Das erste wirklich technische Verfahren zur Erzeugung einer Farbfotografie war die Interferenzfarbfotografie von Gabriel Lippmann, die 1891 präsentiert wurde. Hierbei wurden allerdings nur Einzelwerke in einem sehr komplexen Prozess erstellt, weshalb sich die Interferenz als Lösung entsprechend nur für Spezialisten herauskristallisierte. Und dennoch überraschen die kleinen Abbilder auch heute noch mit frappanter Strahlkraft.

Die Forschung an der Sache wurde angesichts der Komplexität massiv befördert. Das Autochrom etablierte sich ab 1907 dann als erste massentauglichere Variante, wobei es sich dabei eher um Dias als Fotografien handelt. Schließlich zeigen die Bilder ihre Farbigkeit lediglich, wenn sie von hinten beleuchtet werden. "Man musste Farbe auch erst sehen lernen", umriss Kuratorin Astrid Mahler die Herausforderung der Zeit.

Durchbruch mit Kodak und Agfa

Weg vom Glasdiapositiv der Autochrome ging dann der mehrfarbige Gummidruck, dessen Gestalt vom Fotografen wesentlich besser manipulierbar war. "Die frühe Fotografie in ihrer Schärfe und Exaktheit wurde nicht als Kunst gesehen", so Ko-Kuratorin Anna Hanreich. Entsprechend geht man in den sogenannten Edeldruckverfahren weg von dieser Ästhetik hin zu einem eher an der Malerei orientierten Verständnis. Der endgültige Durchbruch gelang dann Kodak in den USA und Agfa in Deutschland ab Mitte der 1930er, die erste Kleinbild-Farbfilme auf den Markt brachten. Entsprechend endet der chronologische Bogen der Ausstellung 1955.

Technischer Querschnitt

Auch wenn "True Colors" zweifelsohne einen Querschnitt technischer Entwicklung zeigt, was nicht zuletzt durch einige alte Kameras als Objekte unterstrichen wird, besitzt die Schau durchaus ästhetische Qualitäten. Anhand der 130 Exponate entblättert sich ein spannender Weg hin zur Fotoanmutung der Gegenwart. Dass dabei dank vielfältiger Filteroptionen auch das frühe Fotobild in all seinen Ausprägungen dem modernen Auge weit vertrauter erscheint als mutmaßlich noch vor 20 Jahren, ist dabei eine weitere Erkenntnis.

Interessierte sollten sich die Exponate jedenfalls nicht entgehen lassen, denn "alles, was Sie sehen, ist unglaublich fragil", betonte Gleis, dass die Mehrheit des Gezeigten für längere Zeit nicht mehr in der breiten Öffentlichkeit zu sehen sein werde. Die Farbe ist eben ein scheues, flüchtiges Wesen.

(S E R V I C E - www.albertina.at)

ribbon Zusammenfassung
  • Die Albertina Modern zeigt mit 'True Colors' die Entwicklung der Farbfotografie seit 1849, beginnend mit Handkolorierungen und getöntem Papier.
  • Ein Meilenstein war 1891 die Interferenzfarbfotografie von Gabriel Lippmann, gefolgt von der massentauglichen Autochrom-Technik ab 1907.
  • Kodak und Agfa revolutionierten die Fotografie ab Mitte der 1930er Jahre mit Kleinbild-Farbfilmen, womit die Ausstellung 1955 endet.