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Anleitungen für "Sex-Erpressung" auf Social Media zum Verkauf

Immer öfter werden intime Fotos - vorwiegend von Jugendlichen - heimlich aufgenommen, um die Opfer später mit ihnen zu erpressen. Anleitungen für diese "Sextortion" ("Sex-Erpressung") dürften nicht nur gratis in den sozialen Netzwerken kursieren, sondern dort sogar verkauft werden. Ganze Handbücher und Einzelcoachings gibt es dort zu erwerben.

Allein von 2021 auf 2022 haben sich die Anzeigen von Sextortion-Fällen in Österreich beinahe verdreifacht, so das Innenministerium. Der Begriff ist eine Kombination der Wörter "Sex" und "Extortion" (Erpressung). 

Dabei werden Personen von Unbekannten dazu überredet, intime Fotos oder auch sexuelle Handlungen per Video zu zeigen. Die Täter filmen das Geschehen heimlich mit, um die Betroffenen später mit der Veröffentlichung des Materials zu erpressen.

Jene Erpresser werden im Internet regelrecht mit Handbüchern und Anleitungen versorgt - und das nicht nur gratis, sondern auch gegen Bezahlung, deckte der "Guardian" auf.

"Sextortion Guides"

Zu finden seien diese Anleitungen primär auf Plattformen wie TikTok, Telegram und YouTube, so Adam Priestley, ein leitender Angestellter der britischen National Crime Agency (NCA). 

Auf YouTube etwa habe man "Schritt-für-Schritt-Anleitungen" gesehen. In ihnen würde von der Erstellung von gefälschten Online-Konten über die Beschaffung einer Telefonnummer bis hin zu Tipps, wie man die Opfer anspricht, vorgestellt werden. 

Die Opfer solle man sich am besten in weiterführenden Schulen suchen; die Rede ist also von Minderjährigen. Wer den "vollständigen Erpressungsleitfaden" möchte, müsse zahlen, in einem Fall etwa 10.000 nigerianische Naira (knapp sechs Euro).

Handbuch auf Telegram

Der "Guardian" konnte aber auch Einsicht in ein mehr als 80 Seiten starkes Handbuch nehmen. Es war im Februar in einem Telegram-Kanal zur Verfügung gestellt worden, bevor es von einer Cybersecurity-Firma entdeckt wurde. Telegram entfernte den Leitfaden nach einem Hinweis des "Guardians", doch das Dokument gab weitere Einblicke in die Vorgehensweise der Kriminellen.

Der anonyme Verfasser des Handbuchs gibt an, bereits seit sieben Jahren das Verbrechen zu begehen. In dieser Zeit hätte er 5.000-mal Erfolg gehabt.

Auch in diesem Leitfaden werde zur Erstellung von Fake-Profilen geraten, so der "Guardian". Zudem würden sich darin Tipps zur Kontaktaufnahme mit potenziellen Opfern finden. Täter sollten sich dabei auf Teenager und junge Erwachsene konzentrieren.

Extra Drehbuch

Laut dem Handbuch-Autor seien Großbritannien, die USA und Kanada die drei Länder, in denen sexuelle Erpressung erfolgreich durchgeführt werden könnte. Er verspricht eine Trefferquote "von mindestens 5-10 von 200 Zielpersonen".

Dafür stellt er auch konkrete Skripten zur Erpressung zur Verfügung. Für sie müssen 50 Dollar (knapp 45 Euro) bezahlt werden, für ein dreimonatiges Einzelcoaching sind es sogar 250 Dollar (224 Euro). 

Dass die Dienste auch in Anspruch genommen werden, belegen Sicherheitsexperten. Laut "Guardian" haben sie Beweise für mindestens 276 Transaktionen mit dem Verfasser gefunden.

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Plattformen wollen reagieren

Die frei zugänglichen Anleitungen unterstreichen, wie groß das Problem der Sextortion mittlerweile im Internet geworden ist. YouTube, TikTok und Telegram betonten gegenüber dem "Guardian", dass sie das Thema sehr ernst nehmen würden.

Auf allen drei Plattformen seien solche Leitfäden verboten, würden sie doch veröffentlicht werden, würden sie entfernt. Auf TikTok würden solche Inhalte unter anderem von Moderationsteams aufgespürt werden. Ähnlich würde das auf Telegram ablaufen.

Schutz vor Sextortion

Um sich vor den Methoden der Täter zu schützen, rät das Innenministerium u.a. dazu, keine Freundschaftsanfragen von völlig Fremden anzunehmen. Bei Videochats solle bedacht werden, dass sie immer mitgefilmt werden könnten - dementsprechend solle man seine Handlungen anpassen.

Sollte man dennoch sexuell erpresst werden, solle man:

  • Nicht auf die Forderungen der Erpresser eingehen.
  • Stattdessen solle man den Kontakt zu ihnen abbrechen und sie aus der Freundesliste löschen.
  • Wenn bereits Bilder veröffentlicht wurden, solle man die Beweise zuerst sichern, dann aber die Löschung durch die Betreiber der Plattform beantragen.
  • Auch Kontaktdaten der Erpresser, sämtliche Nachrichten, Angaben von Transaktionen und dergleichen gelte es sicherzustellen.
  • Damit sollte schließlich eine Anzeige bei der Polizei erstattet werden.
ribbon Zusammenfassung
  • Immer öfter werden intime Fotos - vorwiegend von Jugendlichen - heimlich aufgenommen, um die Opfer später mit ihnen zu erpressen.
  • Anleitungen für diese "Sextortion" dürften nicht nur gratis in den sozialen Netzwerken kursieren, sondern dort sogar verkauft werden.
  • Ganze Handbücher und Einzelcoachings gibt es dort zu erwerben.