Psychotherapie: Trotz Novelle nicht jeder Mangel "gelöst"
Am Donnerstag ist eine Novelle des Psychotherapiegesetzes in Begutachtung gegangen. Ziel der Reform sei es, das Angebot an Psychotherapie in Österreich auszubauen sowie den Zugang zur Ausbildung leistbarer zu machen.
Die Psychotherapieausbildung soll künftig an öffentliche Unis wandern, ab 2026 sollen jährlich regional verteilt bis zu 500 Masterstudienplätze angeboten werden, verkündete Grünen-Gesundheitsminister Johannes Rauch in einer Pressekonferenz am Donnerstag.
Reform löst Mangel nicht in allen Bereichen
Der Bedarf an Psychotherapie sei groß, jedoch können im Vergleich nur wenig Menschen eine Behandlung in Anspruch nehmen. Deshalb brauche es mehr Fachkräfte, so Rauch. Ewald Lochner, Leiter der "Psychosozialen Dienste" in Wien, begrüßt die Reform grundsätzlich, sieht den reinen Fokus auf die Psychotherapie im PULS 24 Interview aber als kritisch an.
"Die Behandlung ist im besten Fall eine multiprofessionelle, es braucht auch die ärztliche Komponente, also die eines Psychiaters", sagt er. Den Mangel an Angeboten in der Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie der allgemeinen Psychiatrie werde man damit nicht lösen, so Lochner.
Neben dem Psychotherapeuten brauche es auch klinische Psychologen und Psychiater, die miteinander arbeiten, sagt er. Wichtig sei hier auch die Aufklärung, wann man sich an welche Berufsgruppe wendet. Psychiater (Facharzt für Psychiatrie) sind etwa für die medikamentöse Behandlung psychisch Erkrankter zuständig.
Finanzielle Schwierigkeiten treiben psychische Probleme an
Gesundheitsminister Rauch führt den Anstieg der psychischen Erkrankungen auf multiple Krisen zurück. Locher sieht vorwiegend die Teuerung als Grund: "Es gibt eine klare Korrelation zwischen psychischer Belastung und Einkommen." Wenn die Leute nicht mehr wissen, wie sie ihre Wohnung finanzieren wollen, ist das ein Katalysator, wodurch Erkrankungen entstehen können", sagt der Experte.
Unterdessen machte die Corona-Pandemie vor allem Jugendlichen zu schaffen. Ältere Menschen hätten die aufgrund der Pandemie eingeführten Maßnahmen besser vertragen, so Lochner. "Die Jugendlichen haben aufgrund der schulischen und sozialen Situation teils erhebliche Probleme entwickelt. Da müssen wir auch ein Angebot haben", betont er.
Dass das Reformpaket gerade die Kinder- und Jugendpsychiatrie außen vor lässt, scheint demnach problematisch. Auf eine PULS 24 Anfrage im Dezember des Vorjahres hieß es aus dem Sozialministerium zu selbigen Thema, dass man auch den Ausbildungsschlüssel in der Kinder- und Jugendpsychiatrie erhöhen will. Auch die Stadt Wien möchte 2024 die Ressourcen für diesen Bereich erhöhen.
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Zusammenfassung
- Am Donnerstag ist eine Novelle des Psychotherapiegesetzes in Begutachtung gegangen.
- Ziel der Reform sei es, das Angebot an Psychotherapie in Österreich auszubauen sowie den Zugang zur Ausbildung leistbarer zu machen.
- Ewald Lochner, Leiter der "Psychosozialen Dienste" in Wien, begrüßt die Reform grundsätzlich, sieht den reinen Fokus auf die Psychotherapie im PULS 24 Interview aber als kritisch an.
- Den Mangel an Angeboten in der Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie der allgemeinen Psychiatrie werde man damit nicht lösen, so Lochner.
- Gerade aufgrund der wegen der Pandemie eingeführten Maßnahmen (etwa Lockdowns) habe sich bei manchen Jugendlichen ein "erhebliches Problem" entwickelt.